Studienarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Latinistik - Mittel- und Neulatein, Note: 1,00, Ludwig-Maximilians-Universität München (Klassische Philologie), Veranstaltung: Liebe und Sexualität in den Texten des Mittelalters, Sprache: Deutsch, Abstract: Johann Wolfgang von Goethe wies einst darauf hin, dass "wiederholte sittliche Spiegelungen [...] das Vergangene nicht allein lebendig erhalten, sondern sogar zu einem höheren Leben empor steigern." So werde man "der entoptischen Erscheinungen gedenken, welche gleichfalls von Spiegel zu Spiegel nicht etwa verbleichen, sondern sich erst recht entzünden," und man werde "ein Symbol gewinnen, dessen was in der Geschichte der Künste und Wissenschaften, der Kirche, auch wohl der politischen Welt sich mehrmals wiederholt hat und noch täglich wiederholt." Diese Abhandlung mit eben jenen tiefen Worten Goethes einzuleiten, scheint umso bedeutender, als die von ihm angesprochene, nie endende "Spiegelung" historischer Zustände und Ereignisse sich auch in der vergleichenden Betrachtung der heutigen und mittelalterlichen Gesellschaft offenbart. Die folgende Behauptung mag kühn klingen, jedoch scheint es nicht so abwegig wie manch einer vermuten könnte, dass das 20. und 21. Jahrhundert mit dem Hochmittelalter durchaus "spiegelbildliche" Parallelen aufweisen. Andreas capellanus, der wahrscheinliche, aus Frankreich stammende Autor von "De Amore Libri tres", wird generell auf eben jene Zeit, genauer gesagt gegen Ende des 12. Jahrhunderts, datiert - eine Zeit des Umschwungs, herbeigeführt durch die katholische Kirche in Europa. Die Einführung des Zölibats im Jahre 1022 war bereits geschehen und die Erklärung der Ehe als siebtes Heiliges Sakrament stand bevor, ebenso wie 700 Jahre gewaltsamer Durchsetzung "gottgegebener" Regeln durch die Kirche, deren Reichtum, Macht und Einfluss nicht nur Bauernschaft und Bürgertum, sondern auch die wohlhabenden Schichten bis hin zum Hochadel weitgehend kontrollierte. Die katholische Kirche sagte bekanntermaßen vor allem der Häresie und der Sexualität für lange Zeit mehr oder weniger erfolgreich den Kampf an, doch sowohl Johannes Paul II. als auch Papst Benedikt XVI. wehren sich noch während des letzten Jahrhunderts und bis zum heutigen Tage dagegen, die Zeichen der Zeit zu akzeptieren und den offenbar bereits verlorenen Kampf gegen die "sündige Freizügigkeit" aufzugeben, welche wahrscheinlich schlichtweg menschlich und somit unauslöschbar ist.
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