Die Meinungsleader in den reichen, "westlichen" Ländern der Welt berufen sich in ihrer Legitimation grundsätzlich auf Kultur und Demokratie. Das Geistesleben und seine Institutionen, der Kultur- sowie der Wissenschaftsbetrieb verfahren allerdings großbürgerlich und feudal, wie eine Mischung von Salon und Tafelrunde, Fürstenhof und auch Funktionärsbüro. Dies lässt sich im Literaturbetrieb ebenso beobachten wie in den Geisteswissenschaften, im Kunstmilieu wie an den Universitäten, sei es nun in Deutschland oder in den USA, in der Schweiz oder in Brasilien, in Österreich oder in Spanien.In einer Kulturkrise, mit einer Stagnation der Demokratie in einer Globalisierung, wird dieses Paradigma, der Kulturmechanismus Salon-Fürstenhof, verstärkt zu einer mächtigen Fassade, die bis heute wirkt: moralisch-kulturelle Beteuerungen und zugleich die Unfähigkeit, das Andere neben sich zu ertragen; egalitäre Behauptungen und zugleich elitäre Machtkonzentrationen.Die Unsicherheiten im akademischenund im kulturellen Leben stellen grundlegende Übereinkünfte in Frage. Der Autor tot, die Literatur im Eimer, die große Erzählung unmöglich, alles Walzer auf dem Vulkan?In dieser aktuellen Situation leistet Klaus Zeyringer eine Kulturkritik der ganz besonderen Art: Seine Analyse beinhaltet sowohl den historischen Hintergrund als auch den Blick auf Schauplätze und heutige Mechanismen mit ihren sozialen, kulturellen und politischen Auswirkungen. Der Autor:Klaus Zeyringer, Universitätsprofessor für Germanistik an der Université Catholique de l'Ouest, Angers/Frankreich sowie Universitätsdozent an der Universität Graz. Literaturkritiker, insbesondere für "Der Standard", "Volltext" und "Literatur und Kritik".