Klaus Lüderssen zeichnet den beruflichen Werdegang des »letzten Ritters der Romantik«, wie man ihn genannt hat, nach und zeigt den überzeugten Katholiken Eichendorff als Regierungsbeamten im protestantischen Preußen. Zugleich bietet Lüderssen eine weitreichende Deutung von Eichendorffs Rechtsbegriff: In der Ablehnung von Aufklärung und Restauration gleichermaßen schlägt Eichendorff einen Weg ein, der Ansätze eines im heutigen Sinne modernen Rechtsverständnisses aufweist.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.11.2007Jura à la Eichendorff
Nicht erst Franz Kafka ist ein prominentes Beispiel für eine Doppelbegabung auf dem Feld der Literatur und der Rechtswissenschaften. Es gab sie schon früher. Joseph von Eichendorff, der vor einhundertfünfzig Jahren starb, ist neben E.T.A. Hoffmann der zweite prominente Dichterjurist der Romantik. Anders als bei diesem bleibt die Frage nach der Verbindung von Recht und Literatur aber auf den ersten Blick unergiebig, wie der Jurist Klaus Lüderssen zeigt. Einzig in der Erzählung "Schloss Dürande" sind einige Verbindungslinien auszumachen, die aber kaum ins Zentrum des Werks führen. In Eichendorffs politischen Schriften hingegen wird Klaus Lüderssen eher fündig. Hier entdeckt er Denkweisen, die in ihrer Beharrung auf organisch gewachsenem statt gesetztem Recht und der Figur des Rechtsgefühls nicht nur ein Reflex auf die von Savigny begründete historische Rechtsschule sind, sondern auch durchaus moderne rechtssoziologische Positionen antizipieren. Dass Klaus Lüderssen dabei vornehmlich letztere herauszuarbeiten versucht, mag der rein literarisch an Eichendorff Interessierte bedauern, der gerne eine etwas breitere Auswertung seiner Schriften vorgefunden hätte; der juristisch versierte Leser wird dies indes wohl eher begrüßen. Die im Anhang des Buches abgedruckte polemische Stellungnahme Joseph von Eichendorffs von 1831 zu der Frage, ob in Preußen eine Verfassung eingeführt werden soll, belegt jedenfalls klar und eindrucksvoll, dass auch das politische Eichendorffsche Werk bleibende literarische Qualitäten besitzt. (Klaus Lüderssen: "Eichendorff und das Recht". Insel Verlag, Frankfurt am Main 2007. 103 S., br., 14,80 [Euro].) meiss
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Nicht erst Franz Kafka ist ein prominentes Beispiel für eine Doppelbegabung auf dem Feld der Literatur und der Rechtswissenschaften. Es gab sie schon früher. Joseph von Eichendorff, der vor einhundertfünfzig Jahren starb, ist neben E.T.A. Hoffmann der zweite prominente Dichterjurist der Romantik. Anders als bei diesem bleibt die Frage nach der Verbindung von Recht und Literatur aber auf den ersten Blick unergiebig, wie der Jurist Klaus Lüderssen zeigt. Einzig in der Erzählung "Schloss Dürande" sind einige Verbindungslinien auszumachen, die aber kaum ins Zentrum des Werks führen. In Eichendorffs politischen Schriften hingegen wird Klaus Lüderssen eher fündig. Hier entdeckt er Denkweisen, die in ihrer Beharrung auf organisch gewachsenem statt gesetztem Recht und der Figur des Rechtsgefühls nicht nur ein Reflex auf die von Savigny begründete historische Rechtsschule sind, sondern auch durchaus moderne rechtssoziologische Positionen antizipieren. Dass Klaus Lüderssen dabei vornehmlich letztere herauszuarbeiten versucht, mag der rein literarisch an Eichendorff Interessierte bedauern, der gerne eine etwas breitere Auswertung seiner Schriften vorgefunden hätte; der juristisch versierte Leser wird dies indes wohl eher begrüßen. Die im Anhang des Buches abgedruckte polemische Stellungnahme Joseph von Eichendorffs von 1831 zu der Frage, ob in Preußen eine Verfassung eingeführt werden soll, belegt jedenfalls klar und eindrucksvoll, dass auch das politische Eichendorffsche Werk bleibende literarische Qualitäten besitzt. (Klaus Lüderssen: "Eichendorff und das Recht". Insel Verlag, Frankfurt am Main 2007. 103 S., br., 14,80 [Euro].) meiss
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Der emeritierte Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie Klaus Lüderssen interessiert sich in seinem Buch nicht für den Schriftsteller, sondern für den Juristen Eichendorff und wendet sich damit auch an Leser vom Fach, stellt Hannelore Schlaffer etwas unglücklich fest. Der Autor will das Verhältnis des romantischen Dichters zu der von Karl von Savigny begründeten Historischen Rechtsschule untersuchen und hier drängt sich der Rezensentin der Verdacht auf, dass sich Lüderssens Fokus dabei zunehmend von Eichendorff auf die Rechtsauffassung Savignys verschiebt. Ob Eichendorff gar nur wegen seines 150. Todestages im November 2007 aufs Titelblatt gelangt ist, fragt sich die Rezensentin, die sich außerdem gewünscht hätte, der Autor hätte in seinen Ausführungen, beispielsweise zum wiederholt angesprochenen "Law and Literary Movement" in den USA, auch auf die Nichtjuristen unter seinen Lesern Rücksicht genommen.
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