Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 1,70 €
  • Broschiertes Buch

"Ich gehe zu meinem Leben. Es ist da, wo Du nicht bist", heißt es in einem Brief einer jungen Frau, der, obschon er von Trennung spricht, Eigentlich ein Heiratsantrag ist. Irrungen und Wirrungen, die seltsamen Wege der Liebe und Begegnungen voller Zauber, die oft in Fluchten münden - davon erzählt Jagoda Marinic in ihrem ersten Buch. Wenn jemand Geschichten schreibt, weiß er wohl, wie Peter Bichsel sagt, daß eine Geschichte "nie so schlimm ist wie die Realität. Eine Geschichte trägt die Besänftigung der Welt in sich. Sie ist - und das ist oft ärgerlich - tröstlich." Indem jemand Figuren und…mehr

Produktbeschreibung
"Ich gehe zu meinem Leben. Es ist da, wo Du nicht bist", heißt es in einem Brief einer jungen Frau, der, obschon er von Trennung spricht, Eigentlich ein Heiratsantrag ist. Irrungen und Wirrungen, die seltsamen Wege der Liebe und Begegnungen voller Zauber, die oft in Fluchten münden - davon erzählt Jagoda Marinic in ihrem ersten Buch. Wenn jemand Geschichten schreibt, weiß er wohl, wie Peter Bichsel sagt, daß eine Geschichte "nie so schlimm ist wie die Realität. Eine Geschichte trägt die Besänftigung der Welt in sich. Sie ist - und das ist oft ärgerlich - tröstlich." Indem jemand Figuren und Situationen erfindet, rettet er sie vor dem Vergessenwerden, bannt sie in Wort und Bild, versucht, im Erzählen das ihnen Besondere zu entfalten. So sind die Geschichten von Jagoda Marinic ganz unprätentiöse und doch höchst kunstvolle Versuche, dem Gewöhnlichen und Alltäglichen mit Phantasie zu begegnen - um das, was das wirkliche Leben "als Stoff für Geschichten" zu bieten hat, ins Außergewöhnlic he, Einmalige zu wenden."Sie war, wo sie war, das hatte sie begriffen. Sie war immer, wo sie war, und ob sie dabei in dieser oder jener Stadt war, war egal, weil sie immer war, wo sie war." Mit Eigentlich ein Heiratsantrag stellt sich eine junge kroatisch-deutsche Erzählerin vor, die für alte Themen der Literatur einen wundersam eigenen Blick hat.
Autorenporträt
Jagoda Marinic ist gebürtige Kroatin und deutsche Autorin und Kolumnistin. Mit ihrem Erstling "Eigentlich ein Heiratsantrag" (2001) landete sie mit nur 23 Jahren einen großen Erfolg bei Kritik und Publikum. Für den Erzählband "Russische Bücher" (2005) erhielt sie den Grimmelshausen-Förderpreis. Ihr Roman "Die Namenlose" war für den Ingeborg-Bachmann-Preis nominiert und wurde vom Magazin "Der Spiegel" zu den wichtigsten Neuerscheinungen des Jahres 2007 gezählt. Nach längeren Aufenthalten in Zagreb, Split, New York und Berlin lebt und arbeitet Jagoda Marinic derzeit in Heidelberg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.03.2001

Ich liebe sie auch irgendwie
Jagoda Marinic plündert ihre Kladde und macht daraus ein Buch

Wer je Hans Pleschinskis Beschreibung der fiktiven Jungdichterin "Gabi Lenz" gelesen hat, ist für einen bestimmten Erzählstil verloren: Er wird nie mehr über das Wort "irgendwie" hinweglesen können, das Pleschinski zum Wesensmerkmal der Lenzschen Prosa erhoben hatte - ein Stil, der sich unmittelbar dem Rat verdankt, "einfach alles aufzuschreiben", so, wie man es erlebt hat. Er wird unzulänglich fingierte Naivität nicht ertragen und angesichts des Versuchs, in der unreflektierten Niederschrift alltäglicher Redewendungen eine besondere Authentizität zu erreichen, nur leise "Gabi Lenz" murmeln.

Jagoda Marinic benutzt Worte wie "irgendwie" oder "nicht wirklich" gern und häufig. Ihr schmaler Debütband versammelt vierundzwanzig Miniaturen mit Titeln wie "Vom kleinen Alltag", "Er weint in meinen Armen" oder "Ich wünschte, er hätte nie geredet davon, daß man nur eine lieben kann". In ihren besten Momenten sind diese Texte gelungene, leicht boshafte Erzählungen aus dem Alltag junger Erwachsener. Doch diese Momente sind nicht allzu häufig. Viele Texte tragen nicht nur Titel, die unmittelbar einem Schulaufsatz entlehnt sein könnten, sie klingen auch so: "Als ich heute in der Sonne saß und vor mich hinträumte, habe ich mich gefragt, was wohl in einer so alten Frau wie meiner Großmutter vorgeht, wenn sie einfach so daliegt." Tröstlich zu wissen, daß sich die Großmutter nicht nur des Verständnisses, sondern auch der Zuneigung ihrer Enkelin sicher sein kann, die verkündet: "Ich liebe sie auch irgendwie."

Geliebt wird überhaupt ziemlich viel, wenn auch meist einseitig oder in einer Dreieckskonstellation. Dabei wird das jeweilige Gegenüber der Erzählerin - meist wird aus der Perspektive einer Frau erzählt - nie plastisch, und es ist nur konsequent, wenn der Band mit einem Brief an einen Verflossenen schließt, also mit einer Prosaform, die nur dem einen zu reden gestattet, während der andere nicht einmal als Zuhörer ins Blickfeld gerät. Hoffnung auf Kommunikation gibt es keine, die Briefschreiberin zieht auch für die Zukunft einen Schlußstrich, selbst wenn sie ahnt, nein: weiß, daß der Adressat nicht über sie hinwegkommen wird: "Ich gehe zu meinem Leben. Es ist da, wo Du nicht bist. Wie lange wirst Du brauchen, um einzusehen, daß Deins doch da ist, wo ich bin."

Vom Innenleben der jeweiligen Erzählerin erfährt der Leser jedenfalls mitunter mehr, als er wissen wollte: "Regen macht, selbst wenn er schön ist, irgendwie traurig, manche mögen das und sagen Melancholie dazu." Manche sagen auch "Buch" zu einer Sammlung von halbgaren Skizzen, die mal nach Tagebuch, mal nach Rollenprosa klingen, deren spärlicher Humor eher bemüht ist und die sich, wenn es ganz schlimm kommt, auch an plattem Symbolismus versuchen ("Aura").

Doch zeigt sich die Autorin gegen die Forderung nach einem Mindestmaß an erzählerischem Geschick bei der Schilderung von Innerlichkeit gut gewappnet: "Ich finde es nichtsdestotrotz schön, und selbst dieser schrecklich kitschige Film hat mich, trotz der überlegen-intellektuellen Stimme in mir, die immerzu nein schrie, irgendwie gerührt."

Oder, wie es eine Protagonistin formuliert: "Ich glaube an ihre Gefühle, nicht an ihre Worte."

TILMAN SPRECKELSEN

Jagoda Marinic: "Eigentlich ein Heiratsantrag". Geschichten. Suhrkamp Verlag, Frankfurt 2001. 128 S., geb., 28,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr