Meine Schwägerin sagt immer: Haben bedeutet Macht - nicht haben macht auch nichts. Darüber habe ich anfangs gelächelt, weil ich dachte, dass das eine bequeme Ausrede dafür ist, bestimmte Dinge nicht ausprobieren zu müssen. Mittlerweile denke ich ähnlich wie sie.
Haben wollte ich jedoch das Buch
Eigentlich wollte ich doch nur einen Toaster - Bin ich zu blöd, o. liegt’s an der Technik, denn das…mehrMeine Schwägerin sagt immer: Haben bedeutet Macht - nicht haben macht auch nichts. Darüber habe ich anfangs gelächelt, weil ich dachte, dass das eine bequeme Ausrede dafür ist, bestimmte Dinge nicht ausprobieren zu müssen. Mittlerweile denke ich ähnlich wie sie.
Haben wollte ich jedoch das Buch Eigentlich wollte ich doch nur einen Toaster - Bin ich zu blöd, o. liegt’s an der Technik, denn das ist von Lutz Schumacher. Der ist Journalist, Autor u. Geschäftsführer der Nordkurier Tageszeitungsgruppe in Mecklenburg Vorpommern. Er ist Bestsellerautor. Und unterhaltsam, wie ich aus den Büchern Wenn möglich, bitte wenden u. Senk ju for träwelling weiß. Wie der Titel seines aktuellen Buches aus dem Hause Goldmann verrät, geht es um Technik, den immer weiter zunehmenden Technikwahn. Und ganz nebenbei um das seltsame Mitteilungsbedürfnis, das die in der Techniklandschaft gnadenlos vereinsamende Bevölkerung so entwickelt.
Diese Themen spricht der Autor auf eine Art an, die trotz des eher ernsthaften Inhalts zum Lachen animiert. Das Lesen des Buches gestaltet sich damit wesentlich einfacher als das so mancher Bedienungsanleitung. Zwar bergen diese dank Übersetzungscomputern durchaus Lachpotenzial, doch stellen sie zusammen mit der Bedienung der darin beschriebenen Geräte Benutzer quer durch alle Bevölkerungsschichten des Öfteren vor Probleme, da Nutzung und Nutzen nicht immer durchdacht sind.
Mehr als einmal fragte ich mich während der Lektüre, wo die versteckte Kamera wohl sein könnte, mit der der Autor uns beobachtet hat. Da das selbst in meinen Ohren zu paranoid klingt, tröstete ich mich damit, dass wir wohl nicht die Einzigen u. andere demnach auch nicht besser dran sind als wir selbst. Einiges ist natürlich überspitzt dargestellt. Etwa die bestellende Kühlschrank-Vision o. der Servicetechniker des multifunktionalen Druckers. Beides sind imaginäre Albträume, wenngleich sie mich zum Lachen brachten. Der beschriebene Servicetechniker für die Spülmaschine in der heutzutage vorhandenen Servicewüste (warum reparieren, kaufen geht doch schneller) erinnerte mich jedoch prompt an die Aussage eines Kfz-Meisters („Früher haben wir Kaputtes repariert, heute lesen wir Fehlerspeicher aus. Und müssen Dinge ersetzen, die gar nicht kaputt sind, weil das kaputte Teil für 2,20 € nur noch in Kombination mit was Teurerem erhältlich ist u. verbaut werden kann.“).
Schumacher stellt Vergleiche mit der Steinzeit an, bringt jedoch vorwiegend die Moderne humorvoll u. durchaus selbstironisch aber ebenso scharfzüngig-satirisch, manchmal beißend eloquent auf den Punkt. Legt den Finger auf etwas, das wir in seiner Offensichtlichkeit gerne übersehen. Zwar ist nicht alles grundsätzlich schlecht, doch bedauerlicherweise gibt es zahlreiche technische Errungenschaften, die uns das Leben nicht so erleichtern, wie von der Werbung vollmundig verspricht. Ich habe beispielsweise bis heute nicht kapiert, wozu ich eine App brauche, die mir verrät ob ich einen Schirm nutzen soll o. nicht, wenn ein einfacher Blick aus dem Fenster o. in die Zeitung den gleichen Zweck erfüllt.
Doch Schumacher geht nicht nur auf Orangenpressen u. Brotbackautomaten ein, die nicht überzeugen, o. auf die Gefahren von Duschen mit selbsterklärendem Touch-Screen-Bedienpaneel. Er nimmt auch die inflationär zunehmende Informationswut aufs Korn, ruft quasi auf innezuhalten, nachzudenken, nicht alles blind mitzumachen. Egal ob es der blinde (Irr-)Glaube an den aus dem WWW gefischten (teils ungesicherten) Informationswust o. der offenbar aus Zugzwang entstehende Mitteilungswahn mancher Nutzer sozialer Netzwerke ist.
Schumacher zeigt, dass Kritik humorvoll abgefasst sein kann. Sein kleiner Rundumschlag in Sachen Technik sollte indessen nicht bloß als unterhaltsam abgetan werden. Nachdenken lohnt sich in diesem Fall durchaus. Lesen auch, weshalb ich für sein Buch vier von fünf Punkten vergeben möchte.
2012, Antje Jürgens (AJ)