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In nur acht Tagen von Paris nach Wierzchownia in der Ukraine: Im Spätsommer 1847 reiste Honoré de Balzac ins Russische Reich, im Visier die Hochzeit mit der langjährigen Geliebten Gräfin Ewelina Hanska. Mit dem Zug, ab Gleiwitz mit Postpferden und Mietkutschen, brachte er die Strecke in sagenhafter Geschwindigkeit hinter sich, um endlich sein Begehren zu erfüllen. In seinem Reisebericht und seinen Briefen verbinden sich köstliche Reiseszenen mit Gedanken zu Russlands Reichtum und den ungeahnten Möglichkeiten des Landes, farbige Schilderungen des Alltags auf dem Landsitz der Gräfin Hanska und…mehr

Produktbeschreibung
In nur acht Tagen von Paris nach Wierzchownia in der Ukraine: Im Spätsommer 1847 reiste Honoré de Balzac ins Russische Reich, im Visier die Hochzeit mit der langjährigen Geliebten Gräfin Ewelina Hanska. Mit dem Zug, ab Gleiwitz mit Postpferden und Mietkutschen, brachte er die Strecke in sagenhafter Geschwindigkeit hinter sich, um endlich sein Begehren zu erfüllen. In seinem Reisebericht und seinen Briefen verbinden sich köstliche Reiseszenen mit Gedanken zu Russlands Reichtum und den ungeahnten Möglichkeiten des Landes, farbige Schilderungen des Alltags auf dem Landsitz der Gräfin Hanska und kühne Geschäftsideen.Übertragen von Nicola Denis, erscheint der Reisebericht erstmals in deutscher Sprache, ausführlich kommentiert und ergänzt durch Briefe, die Balzac aus der Ukraine schrieb. Mit Freude liest man das Nachwort, die Herausgeberin Brigitte van Kann wirft einen Blick hinter die Kulissen der temporeichen Reise und beleuchtet eine wenig bekannte Seite von Balzacs Leben.
Autorenporträt
Honoré de Balzac, 1799 in Tours geboren, gilt neben Stendhal und Flaubert als Wegbereiter des literarischen Realismus. Im Zentrum seines Werks steht die comédie humaine, ein vielbändiges Panorama der französischen Gesellschaft, von dem Balzac zeitlebens 91 von 137 projektierten Romanen und Erzählungen beenden konnte. Seine Texte zeichnen vor allem komplexe Charaktere und präzise, ungeschminkte Darstellungen gesellschaftlicher Realität.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Honoré de Balzacs Russlandreise 1847 liest Tobias Lehmuhl mit Freude. Was der liebeskranke Autor unterwegs zu seinem adeligen Traumbild Ewelina Hańska erlebt, unterhält ihn blendend. Das liegt einerseits an Balzacs unausgesetzter Lust am Nörgeln über Polen und Deutsche - etwa über deren "Phlegma bis zur Erhabenheit", die Widrigkeiten der Reise und den Zoll, andererseits an der gelungenen Betreuung der Ausgabe durch die Kommentatorin Brigitte van Kann und die Übersetzerin Nicola Denis.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.09.2018

Ein endloses Wiesbaden
Honoré de Balzacs Liebesreise nach Russland
Juden, Schwarze oder Berliner, man weiß gar nicht, wer in Honoré de Balzacs Achtung am niedrigsten rangiert. Die Juden, schreibt er in seinem „Lettre sur Kiew“, der jetzt als „Bericht einer Reise nach Russland 1847“ erstmals auf Deutsch erschienen ist, seien wahlweise Nagewürmer oder Fliegen. In letzterer Gestalt pflegen sie derart um einen herumzuwuseln, dass man sie nur mit Stockschlägen vertreiben kann. Insbesondere in Polen würden sie sich wie Moos auf dem Felde verbreiten.
So gilt es, diesen Landstrich schnellstmöglich zu durchqueren, was Balzac für damalige Verhältnisse gut gelingt. Nur acht Tage braucht er von Paris bis nach Wierzchownia in der heutigen Ukraine. Hier lebt, in einem „Louvre des Ostens“, die von dem Autor angebetete Ewelina Hańska, geborene Rzewuska. Einst von Puschkin umschwärmt, hatte sie Balzac 1832 einen Verehrerinnen-Brief geschrieben, der in dem stets in Geldnöten steckenden Schriftsteller wildeste Fantasien weckte: Mit einer vermögenden russischen Adeligen verheiratet sein, das klang nicht nur nach einem großen Roman, das Klang nach der Lösung aller Probleme.
Es begann eine Affäre auf Abstand, aber nach fünfzehn Jahren und dem Tod von Herrn Hańska sah Balzac sich am Ziel seiner Träume. Dafür galt es lediglich, so unwirtliche Gegenden wie Polen oder eben Deutschland zu durchqueren. Zwar war zwischen Rhein und Elbe das Schienennetz 1847 schon weit fortgeschritten, der Deutsche aber, schreibt er, „treibt sein Phlegma bis zur Erhabenheit“. Deswegen auch sei Berlin „in puncto Langeweile eng mit Genf verwandt“ und als Stadt, was immer die preußischen Könige auch anstellen mögen, selbst Nantes weit unterlegen: „Es wird ihnen nie gelingen, Berlin unterhaltsam zu machen“. Er brauche gar nicht viele Worte über die deutschen Lande verlieren, erläutert der Autor. Alle Städte ähnelten Wiesbaden. Stattdessen berichtet Balzac en détail von den Widrigkeiten der Reise, den Zollbeamten, die seine Krawatten plombieren, den Zügen, die es auf halsbrecherische Art zu erreichen gilt, den Kutschfahrten über staubige Wege. Da freilich befindet sich Balzac schon in Russland, und so schluckt er den Staub gerne. Hier, in Russland, ist es, als würde die Schönheit seiner Ewelina auf ihre Heimat abstrahlen, alles wirkt auf ihn wunderbar, groß und vielversprechend.
Wie den Briefen zu entnehmen ist, die dem „Lettre sur Kiew“ in dieser von Brigitte van Kann hervorragend kommentierten und von Nicola Denis makellos übersetzten Ausgabe beigefügt sind, begann Balzac nach seiner Ankunft in Wierzchownia sogleich geschäftliche Pläne zu schmieden. Sie werden, wie alle seine finanziellen Unternehmungen, keine Früchte tragen. Zeit hatte er ohnehin nicht mehr viel. Kaum drei Jahre nach Beginn seiner ersten Reise in die heutige Ukraine starb er im August 1850 in Paris.
Immerhin musste er in Wierzchownia weder Juden noch Berliner erdulden. Nur von dummen Bauern blieb man auch in Russland nicht verschont: „Den Bauern von der Freiheit zu erzählen verleitet sie wie die Neger zu dem Glauben, sie müssten nicht mehr arbeiten.“ Balzac selbst arbeitete bis zum Schluss in der Tat unermüdlich. Das macht seinen Reisebericht bei aller Ignoranz und zuweilen doch sehr unterhaltsamen Überheblichkeit so lesenswert. Hier ist ein Besessener am Werk, einer, dem es mitsamt allen seinen Irrtümern und Vorurteilen, stets ums Ganze geht: Um die Liebe und das Geld und also um die Welt.
TOBIAS LEHMKUHL
Honoré de Balzac: Ein Abglanz meines Begehrens. Bericht einer Reise nach Russland 1847. Aus dem Französischen von Nicola Denis. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Brigitte van Kann. Friedenauer Presse, Berlin 2018. 200 Seiten, 18 Euro.
Berlin sei „in puncto Langeweile
eng mit Genf verwandt“
und selbst Nantes unterlegen
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