Kathleen de Burca ist bereit, bis an die Grenzen zu gehen. Die Grenzen der Liebe, die sie seit Jahren vermisst. Dabei stößt sie nicht nur auf die ebenso skandalöse wie tragische Geschichte einer Amour fou, sondern vor allem auf einen Mann, der ihre Gefühle herausfordert. Vielleicht zum letzten Mal.
Ein großartiger Roman über die Schmerzen der Leidenschaft und die Unbedingtheit der Liebe.
Die höchst erfolgreiche Reisejournalistin Kathleen de Burca zieht kurz vor ihrem fünfzigsten Geburtstag Bilanz: Ständig unterwegs in fernen Ländern, wechselnde Liebhaber, ein Leben an der Oberfläche - kann das alles gewesen sein? Kathleen beschließt, ein neues Leben zu beginnen, und bricht nach Irland auf, ihre alte Heimat, die sie als junges Mädchen so fluchtartig verlassen hatte. Hier möchte sie endlich zu sich selbst finden.
Vor allem aber ist sie einer geheimnisvollen Geschichte aus der Zeit der irischen Hungersnot auf der Spur: Dem skandalösen Scheidungsfall um die englische Landbesitzergattin Marianne Talbot, die gegen alle Konventionen und über alle Standesgrenzen hinweg eine Beziehung zu dem Stallburschen William Mullan unterhielt. Kathleen ist von der Radikalität dieser Liebe fasziniert. Zugleich sieht sie sich selbst in eine leidenschaftliche Affäre hineingezogen. Und muss endgültig entscheiden, was für sie im Leben wichtig ist.
Ein großartiger Roman über die Schmerzen der Leidenschaft und die Unbedingtheit der Liebe.
Die höchst erfolgreiche Reisejournalistin Kathleen de Burca zieht kurz vor ihrem fünfzigsten Geburtstag Bilanz: Ständig unterwegs in fernen Ländern, wechselnde Liebhaber, ein Leben an der Oberfläche - kann das alles gewesen sein? Kathleen beschließt, ein neues Leben zu beginnen, und bricht nach Irland auf, ihre alte Heimat, die sie als junges Mädchen so fluchtartig verlassen hatte. Hier möchte sie endlich zu sich selbst finden.
Vor allem aber ist sie einer geheimnisvollen Geschichte aus der Zeit der irischen Hungersnot auf der Spur: Dem skandalösen Scheidungsfall um die englische Landbesitzergattin Marianne Talbot, die gegen alle Konventionen und über alle Standesgrenzen hinweg eine Beziehung zu dem Stallburschen William Mullan unterhielt. Kathleen ist von der Radikalität dieser Liebe fasziniert. Zugleich sieht sie sich selbst in eine leidenschaftliche Affäre hineingezogen. Und muss endgültig entscheiden, was für sie im Leben wichtig ist.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.06.2003Männer sind einfach unersetzlich
Bewußte Gefühlsduselei: Nuala O'Faolain auf der Suche nach Liebe
Vor ein paar Jahren hat die irische Publizistin Nuala O'Faolain eine vielbeachtete Autobiographie veröffentlicht. Darauf folgte der erste Roman. Und dieser Tage ist in Amerika ein weiteres Buch von ihr erschienen, in dem die Autorin ihre Leserschaft an ihren Erfahrungen mit den Memoiren teilhaben läßt und sie gleichzeitig auch über die autobiographischen Hintergründe des Romans aufklärt.
Es ist sicher aufschlußreich zu erfahren, wie Nuala O'Faolains Lebensgeschichte "Are you Somebody?" mit ihrem Roman "My Dream of You" zusammenhängt; unbedingt notwendig ist die Lektüre des Berichts "Almost There" allerdings nicht, um den Roman, der jetzt auf deutsch unter dem Titel "Ein alter Traum von Liebe" erschienen ist, zu verstehen. Auch ohne Zusatzinformationen seitens der Autorin ahnt man, daß die Protagonistin Kathleen de Burca vieles mit der Schriftstellerin Nuala O'Faolain gemeinsam hat: die Kindheit im katholischen Irland, das schwierige Verhältnis zur Mutter, die Mühen mit der Liebe der Männer und vor allem die Probleme einer Frau in der Midlife-Crisis, die sich, kinderlos und unverheiratet, anschickt, Bilanz zu ziehen, und dabei zur Einsicht gelangt, daß auch Literatur nicht heilt, was das Leben angerichtet hat.
Wenn eine erfolgreiche Journalistin das Fach wechselt und unter die Schriftsteller geht, kann sie leicht scheitern. Im Falle der "Irish Times"-Kolumnistin Nuala O'Faolain ist der Rollenwechsel geglückt. Sie hat ihren Weg von der Publizistik über die Autobiographie hin zur Fiktion geschickt angelegt und dabei nie das Feld verlassen, von dem sie wirklich etwas versteht. Ihre Romanfigur Kathleen de Burca ist eine irische Journalistin wie sie, und wie es sich für eine gute Journalistin gehört, stellt sie Recherchen an, um die Geschichte zu verifizieren, die man ihr zuträgt.
Kern des Romans ist ein Gesellschaftsskandal, der sich im Irland des neunzehnten Jahrhunderts zugetragen hat, in jener Zeit, da die Kartoffelfäule wütete und Hunderttausende bettelarmer Iren entweder in den Hungertod oder in die Auswanderung nach Amerika trieb. Damals verliebte sich eine vornehme englische Dame in ihren irischen Stallburschen, wurde bei einem Stelldichein von Dienstboten ertappt und erlitt das Schicksal, das Ehebrecherinnen in jener Zeit erwartete: erzwungene Scheidung, Trennung von ihrem Kind und schließlich Unterbringung in einem Irrenhaus.
Mit der Neugier der Journalistin und der Empathie einer Frau, die um unglückliche Liebe weiß, macht die Erzählerin sich auf die Suche nach den Hintergründen dieses Skandals. Sie will wissen, was wirklich geschehen ist, und auch, was das Schicksal jener fast vergessenen Marianne Talbot mit ihr, der Journalistin und Reiseschriftstellerin Kathleen de Burca, zu tun hat. Auch wenn sie in vielem auf Vermutungen angewiesen bleibt und es die Wahrheit über die Geschichte letztlich nicht gibt, tun sich ihr über die Distanz eines Jahrhunderts hinweg zahlreiche Parallelen zu ihrem eigenen Schicksal auf. Vor allem als sie sich während der Recherche ihrerseits in einen Mann verliebt, der verheiratet ist und überhaupt nicht zu ihr paßt, beginnen die Grenzen zwischen den Epochen zu verwischen.
Der englische Originaltitel des Romans, "My Dream of You", trifft die Situation genauer als die deutsche Übersetzung "Ein alter Traum von Liebe". Denn beide, Marianne und Kathleen, lieben im Grunde nicht den konkreten Mann, mit dem sie ins Bett gehen, sondern jagen einem Traumbild nach, das sie sich vom Objekt ihrer Begierde machen. "Ein alter Traum von Liebe" schildert die Geschichte zweier Frauen, einer viktorianischen und einer modernen, die durch Affären den Hunger zu stillen versuchen, den eine lieblose Kindheit in ihnen hinterlassen hat. Raffiniert versteht es Nuala O'Faolain, die Recherchen ihrer Romanheldin zum "Fall Talbot" mit deren eigener Lebensgeschichte zu verbinden und damit auch die eigene von Alkoholismus und Frömmigkeit, von Lieblosigkeit und Gewalt überschattete Herkunft noch einmal aufleben zu lassen.
Der Skandal um die Frau von einst tritt dabei mehr und mehr in den Hintergrund und macht den Erinnerungen der Frau von heute Platz: ihren Sehnsüchten und Enttäuschungen, ihren Verletzungen, vor allem ihren immer wieder scheiternden Versuchen, bei den Männern etwas von der Zuwendung wiederzufinden, die ihr als Kind vorenthalten wurde. Es ist viel Ernüchterung im Spiel, Reue über verpaßte Chancen und die Einsicht, daß man nie bei sich ankommt, solange man sich von andern sagen lassen muß, wer man und ob man überhaupt jemand ist.
Um diese Gefühle einer beruflich zwar erfolgreichen, in ihrer Suche nach Zugehörigkeit und Liebe jedoch immer wieder scheiternden Frau zu verstehen, braucht man nicht zu wissen, ob die ins Romangeschehen eingebettete Liebesgeschichte autobiographisch ist oder nicht. Damit trifft Nuala O'Faolain zweifellos den Nerv vieler ihrer Leserinnen, die sich in Kathleen de Burca wiedererkennen.
Der schonungslosen Offenheit und Emotionalität, mit der die Autorin durch die Schilderung ihrer Romanfigur ihr Innerstes preisgibt, kann man sich bei der Lektüre nur schwer entziehen. Nuala O'Faolain versteht es, zu berühren - auch und gerade da, wo sie der Gefühlsduselei, dem Kitsch gefährlich nahe kommt. Die gelegentliche Überschwenglichkeit wird wettgemacht durch die literarische Raffinesse, mit der die Autorin ganz beiläufig die Entstehungsgeschichte des Romans im Roman nachzeichnet und gleichsam zwischen den Zeilen darüber reflektiert, was Dokumentation und Fiktion, Autobiographie und dichterische Phantasie voneinander unterscheidet. Mit ihrem ersten Roman hat Nuala O'Faolain bewiesen, daß sie dem eigenen Leben fremde Geschichten abzutrotzen vermag. Mit der poetischen Kraft ihrer Beschreibungen von Landschaften und Menschen läßt sie ein tragisches Kapitel irischer Geschichte ebenso lebendig werden wie die eigenen Erinnerungen an eine trostlose Kindheit.
KLARA OBERMÜLLER
Nuala O'Faolain: "Ein alter Traum von Liebe". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Marion Sattler Charnitzky und Jürgen Charnitzky. Claassen Verlag, München 2003. 542 S., geb., 22,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Bewußte Gefühlsduselei: Nuala O'Faolain auf der Suche nach Liebe
Vor ein paar Jahren hat die irische Publizistin Nuala O'Faolain eine vielbeachtete Autobiographie veröffentlicht. Darauf folgte der erste Roman. Und dieser Tage ist in Amerika ein weiteres Buch von ihr erschienen, in dem die Autorin ihre Leserschaft an ihren Erfahrungen mit den Memoiren teilhaben läßt und sie gleichzeitig auch über die autobiographischen Hintergründe des Romans aufklärt.
Es ist sicher aufschlußreich zu erfahren, wie Nuala O'Faolains Lebensgeschichte "Are you Somebody?" mit ihrem Roman "My Dream of You" zusammenhängt; unbedingt notwendig ist die Lektüre des Berichts "Almost There" allerdings nicht, um den Roman, der jetzt auf deutsch unter dem Titel "Ein alter Traum von Liebe" erschienen ist, zu verstehen. Auch ohne Zusatzinformationen seitens der Autorin ahnt man, daß die Protagonistin Kathleen de Burca vieles mit der Schriftstellerin Nuala O'Faolain gemeinsam hat: die Kindheit im katholischen Irland, das schwierige Verhältnis zur Mutter, die Mühen mit der Liebe der Männer und vor allem die Probleme einer Frau in der Midlife-Crisis, die sich, kinderlos und unverheiratet, anschickt, Bilanz zu ziehen, und dabei zur Einsicht gelangt, daß auch Literatur nicht heilt, was das Leben angerichtet hat.
Wenn eine erfolgreiche Journalistin das Fach wechselt und unter die Schriftsteller geht, kann sie leicht scheitern. Im Falle der "Irish Times"-Kolumnistin Nuala O'Faolain ist der Rollenwechsel geglückt. Sie hat ihren Weg von der Publizistik über die Autobiographie hin zur Fiktion geschickt angelegt und dabei nie das Feld verlassen, von dem sie wirklich etwas versteht. Ihre Romanfigur Kathleen de Burca ist eine irische Journalistin wie sie, und wie es sich für eine gute Journalistin gehört, stellt sie Recherchen an, um die Geschichte zu verifizieren, die man ihr zuträgt.
Kern des Romans ist ein Gesellschaftsskandal, der sich im Irland des neunzehnten Jahrhunderts zugetragen hat, in jener Zeit, da die Kartoffelfäule wütete und Hunderttausende bettelarmer Iren entweder in den Hungertod oder in die Auswanderung nach Amerika trieb. Damals verliebte sich eine vornehme englische Dame in ihren irischen Stallburschen, wurde bei einem Stelldichein von Dienstboten ertappt und erlitt das Schicksal, das Ehebrecherinnen in jener Zeit erwartete: erzwungene Scheidung, Trennung von ihrem Kind und schließlich Unterbringung in einem Irrenhaus.
Mit der Neugier der Journalistin und der Empathie einer Frau, die um unglückliche Liebe weiß, macht die Erzählerin sich auf die Suche nach den Hintergründen dieses Skandals. Sie will wissen, was wirklich geschehen ist, und auch, was das Schicksal jener fast vergessenen Marianne Talbot mit ihr, der Journalistin und Reiseschriftstellerin Kathleen de Burca, zu tun hat. Auch wenn sie in vielem auf Vermutungen angewiesen bleibt und es die Wahrheit über die Geschichte letztlich nicht gibt, tun sich ihr über die Distanz eines Jahrhunderts hinweg zahlreiche Parallelen zu ihrem eigenen Schicksal auf. Vor allem als sie sich während der Recherche ihrerseits in einen Mann verliebt, der verheiratet ist und überhaupt nicht zu ihr paßt, beginnen die Grenzen zwischen den Epochen zu verwischen.
Der englische Originaltitel des Romans, "My Dream of You", trifft die Situation genauer als die deutsche Übersetzung "Ein alter Traum von Liebe". Denn beide, Marianne und Kathleen, lieben im Grunde nicht den konkreten Mann, mit dem sie ins Bett gehen, sondern jagen einem Traumbild nach, das sie sich vom Objekt ihrer Begierde machen. "Ein alter Traum von Liebe" schildert die Geschichte zweier Frauen, einer viktorianischen und einer modernen, die durch Affären den Hunger zu stillen versuchen, den eine lieblose Kindheit in ihnen hinterlassen hat. Raffiniert versteht es Nuala O'Faolain, die Recherchen ihrer Romanheldin zum "Fall Talbot" mit deren eigener Lebensgeschichte zu verbinden und damit auch die eigene von Alkoholismus und Frömmigkeit, von Lieblosigkeit und Gewalt überschattete Herkunft noch einmal aufleben zu lassen.
Der Skandal um die Frau von einst tritt dabei mehr und mehr in den Hintergrund und macht den Erinnerungen der Frau von heute Platz: ihren Sehnsüchten und Enttäuschungen, ihren Verletzungen, vor allem ihren immer wieder scheiternden Versuchen, bei den Männern etwas von der Zuwendung wiederzufinden, die ihr als Kind vorenthalten wurde. Es ist viel Ernüchterung im Spiel, Reue über verpaßte Chancen und die Einsicht, daß man nie bei sich ankommt, solange man sich von andern sagen lassen muß, wer man und ob man überhaupt jemand ist.
Um diese Gefühle einer beruflich zwar erfolgreichen, in ihrer Suche nach Zugehörigkeit und Liebe jedoch immer wieder scheiternden Frau zu verstehen, braucht man nicht zu wissen, ob die ins Romangeschehen eingebettete Liebesgeschichte autobiographisch ist oder nicht. Damit trifft Nuala O'Faolain zweifellos den Nerv vieler ihrer Leserinnen, die sich in Kathleen de Burca wiedererkennen.
Der schonungslosen Offenheit und Emotionalität, mit der die Autorin durch die Schilderung ihrer Romanfigur ihr Innerstes preisgibt, kann man sich bei der Lektüre nur schwer entziehen. Nuala O'Faolain versteht es, zu berühren - auch und gerade da, wo sie der Gefühlsduselei, dem Kitsch gefährlich nahe kommt. Die gelegentliche Überschwenglichkeit wird wettgemacht durch die literarische Raffinesse, mit der die Autorin ganz beiläufig die Entstehungsgeschichte des Romans im Roman nachzeichnet und gleichsam zwischen den Zeilen darüber reflektiert, was Dokumentation und Fiktion, Autobiographie und dichterische Phantasie voneinander unterscheidet. Mit ihrem ersten Roman hat Nuala O'Faolain bewiesen, daß sie dem eigenen Leben fremde Geschichten abzutrotzen vermag. Mit der poetischen Kraft ihrer Beschreibungen von Landschaften und Menschen läßt sie ein tragisches Kapitel irischer Geschichte ebenso lebendig werden wie die eigenen Erinnerungen an eine trostlose Kindheit.
KLARA OBERMÜLLER
Nuala O'Faolain: "Ein alter Traum von Liebe". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Marion Sattler Charnitzky und Jürgen Charnitzky. Claassen Verlag, München 2003. 542 S., geb., 22,90 [Euro].
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