In der Studie wird der Transit russländischer Jüdinnen und Juden durch das Deutsche Reich während des Krisenjahres 1881/82 anhand neuer Quellenfunde behandelt. Im Fokus steht die transnationale Organisation einer "gelenkten" jüdischen Auswanderung nach Amerika durch die Alliance Israélite Universelle und deutsche Hilfskomitees, welche die Grundlage für den 20 Jahre später gegründeten "Hilfsverein der deutschen Juden" bildet. Die logistische Optimierung des jüdischen Transits durch das Deutsche Reich war eng verzahnt mit der Abwehrarbeit gegen den sich zeitgleich formierenden Antisemitismus. Akteur_innen der "Berliner Bewegung" instrumentalisierten eine vermeintliche jüdische "Masseneinwanderung" und profitierten dabei von der wachsenden Popularität kollektivistischer und rassistischer Ordnungsmodelle. Ausgehend von Auswanderungs- und Fluchtursachen jüdischer Emigrant_innen und dem Transit russländischer Jüdinnen und Juden von Ost nach West wird organisationsgeschichtlich die Entstehung und Entwicklung der jüdischen Migrationshilfe geschildert. Es werden drei bedeutende Akteuren der Abwehr und Migrationshilfe - Salomon Neumann, Moritz Lazarus und der "Hilfsvereins"-Gründer Paul Nathan vorgestellt, um das Zusammenspiel von Abwehrarbeit und gelenkter Migration zu illustrieren. Abschließend werden die Entwicklungslinien bis zur Gründung des Hilfsvereins im Jahr 1901 skizziert.
"Ein wesentliches Verdienst von Hamanns Studie ist, dass er
die jüdische Transmigration in Beziehung setzt zum Anwachsen
antisemitischer Strömungen mitsamt der Abwehrarbeit,
die sich dagegen organisierte. Beides war eng miteinander
verflochten. Dies ist bisher von der Forschung in angemessener
Dichte nicht geleistet worden. Der Autor bewegt sich hier
mit bemerkenswert sicherer Detailkenntnis." Jens Flemming in: theologie.geschichte 2024
die jüdische Transmigration in Beziehung setzt zum Anwachsen
antisemitischer Strömungen mitsamt der Abwehrarbeit,
die sich dagegen organisierte. Beides war eng miteinander
verflochten. Dies ist bisher von der Forschung in angemessener
Dichte nicht geleistet worden. Der Autor bewegt sich hier
mit bemerkenswert sicherer Detailkenntnis." Jens Flemming in: theologie.geschichte 2024