Es war einmal ... Diesen so typischen Einstieg in die Welt der Märchen setzt Jochen Jung an den Anfang jeder Geschichte. Er läßt die Geschichten dann aber eigenwillige Wege ziehen, wie einen Schwarm Zugvögel. Allerdings Zugvögel der unterschiedlichsten Art: bunte, sinnige, innige, kluge und herzlich dumme. Da geschieht es dann, daß die Geschichten gar keine Märchen sind, sondern Parabeln, kleine Erzählungen, Prosaminiaturen, die Rätsel aufgeben oder Ursprüngen nachspüren. Sie lassen sich von den gewöhnlichen Dingen des Alltags genauso inspirieren wie von den Meeren, den Himmelswinden oder den Bäumen etwa. Mal poetisch, mal witzig und ironisch, sind Jochen Jungs "Märchen" von einer ansteckenden Fabulierfreude geprägt, die oft vordergründig Harmloses als Bitterböses entlarvt, immer aber Dinge und Menschen in ihrer oft verborgenen Wirklichkeit darzustellen vermag.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Kein Buch, das Marion Löhndorf in einem Zug zum Durchlesen animiert, sondern sie mehr zum Stöbern und gelegentlichen Zurhandnehmen einlädt - wie das Märchenbücher nun mal so an sich haben. Wer will sich schon mehr als eine Moral am Tag um die Ohren schlagen? Es seien Märchen für Erwachsene, schreibt Löhndorf, denn sie alle beginnen mit "Es war einmal", aber sie kommen ohne Königinnen oder Feen aus. Sie handeln in kurzen, in sich geschlossenen Kapiteln Alltagsgegenstände oder -geschichten ab: Schuhe, Sommersprossen, Gummibärchen oder Radiergummi. In der Verschiedenheit der Themen liegt Löhndorf zufolge der Reiz des Geschichtenbuchs, das mit verlässlicher Moral und Schlüssigkeit aufwartet.
© Perlentaucher Medien GmbH
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