Vietnam war Schauplatz zweier Kriege, die zu den längsten und opferreichsten der Geschichte zählen. Éric Vuillard, der die Leser immer wieder mit seinen brillanten Rhapsodien über blitzlichtartig beleuchtete Episoden der Weltgeschichte fesselt, gelingt es auch in dieser neuerlichen Inszenierung, Geschichte unmittelbar fassbar zu machen. Mit wütender Präzision schildert er, wie zwei der größten Mächte der Welt in einer kolossalen Umkehrung der Geschichte gegen ein kleines Volk in ungeheuer verlustreichen Kriegen verlieren. Er erzählt von dem siegreichen Kampf des Unterlegenen und dem Aufstand eines von Kolonialmächten ausgebeuteten und geschundenen Volks. Er lässt das gewaltige Geflecht aus wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen sichtbar werden und erweckt eine ganze Galerie schillernder Figuren zum Leben: Kautschukpflanzer, französische Generäle, ihre Ehefrauen, Politiker, Bankiers. Ein ehrenhafter Abgang ist eine zutiefst beunruhigende menschliche Komödie, die ständig aufs Neue aufgeführt zu werden scheint.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Rezensentin Katharina Teutsch ist begeistert, aber sie vergisst darüber ein bisschen klarzumachen, was in dem Buch eigentlich geschieht. Ein Roman scheint es nicht zu sein, auch wenn Vuillard als Literat gilt und 2017 den Goncourt-Preis bekam. Teutsch schildert ihn als Spezialisten für das "vermaledeite 20. Jahrhundert" und den französischen Anteil daran. Bei kritischen Franzosen sind immer die Eliten an allem schuld, und so sei es auch mit dem Indochinakrieg: "Die französische Finanzbourgeoisie mit ihrer strikten Heiratsordnung hat ihn zusammen mit einer exklusiven Verwaltungselite zu verantworten, die ihre Privilegien zum Teil noch von den Bourbonen ableitet", resümiert Teutsch. Es klingt vielleicht ein bisschen verschwörungstheoretisch, aber natürlich gibt es in Frankreich die von Vuillard beschriebene sehr große Kontinuität der Großbourgeoisie und der Notablen. Und hinzukommen natürlich all die Spekulanten und Minenbesitzer, die nur ans Geld denken. Vuillard habe mal wieder ein tolles Buch zur Devise "Follow the Money" geschrieben, schließt die Rezensentin.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH