Mit dem Auftauchen ihrer Mutter, die sich ins Bett legt und auf nichts mehr reagiert, kehren in Gifty die schmerzhaftesten Kindheitserinnerungen zurück: das Verschwinden des Vaters, der in seine Heimat Ghana zurückging, der Tod des geliebten Bruders und die Depression der Mutter angesichts dieser Verluste. Ihre Familiengeschichte hat dazu geführt, dass Gifty als erwachsene Frau ihren Glauben gegen die Neurowissenschaften eingetauscht hat. Sie ist davon überzeugt, dass sich Depression und Abhängigkeit, und damit Trauer und Leid, durch entsprechende Behandlung verhindern lassen. Doch die Angst um ihre Mutter, die fest verankert in ihrer Religion stets allen Schwierigkeiten im weißen Amerika gewachsen war, lässt Gifty an beidem zweifeln: Kann nur die unbestechliche, aber seelenlose Wissenschaft ihr die Mutter zurückbringen oder gelingt das allein den herzerwärmenden Erlösungsversprechen der Kirche?Die bewegende Geschichte einer Familie, exemplarisch für die vom Rassismus geprägte amerikanische Gesellschaft.
Rezensentin Marlen Hobrack bedauert, dass Yaa Gyasis Roman seinen Ambitionen nicht gerecht wird. Er handelt von einer schwarzen gläubigen Neurowissenschaftlerin, die Mutter und Bruder an die Sucht verloren hat, zu diesem Thema forscht und sich in der Wissenschaftsgemeinschaft doppelt fremd fühlt. Dieser fruchtbare Stoff werde von Yaa Gyasi aber in mehrerlei Hinsicht verschenkt, findet Hobrack: So würde es an Figuren fehlen, die den angesprochenen Themen intellektuell gewachsen seien, und auch sprachlich stört sich die Kritikerin an einigen Schnitzern. Manche davon, wie etwa eine Nachahmung des "Südstaatenpredigertons", können im Deutschen womöglich einfach nicht funktionieren, sieht sie ein, andere aber kann sie nicht verzeihen - so etwa die metafiktionalen Kapiteleinleitungen, die Hobrack im Ton eher an "erste Referatsversuche" in der Mittelstufe erinnern. Schade um das verschenkte Potenzial, schließt die enttäuschte Kritikerin.
© Perlentaucher Medien GmbH
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