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Der Euro hat den europäischen Einigungsprozess vorantreiben sollen, angesichts der aktuellen Schuldenkrise wird er jedoch vom Mörtel zum Dynamit; so lautet die Diagnose des Historikers Dominik Geppert. Die Sprengkraft des Euro werde Europa spalten und einen neuen Nationalismus der einzelnen Länder erstarken lassen. Der Autor kritisiert die hartnäckige Leugnung wirtschaftlicher und kultureller Unterschiede sowie die faktische Entmachtung der nationalen Parlamente und plädiert für ein Europa der Vielfalt.
Der Euro spaltet Europa: Die überkommenen Begründungen der europäischen Integration,
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Produktbeschreibung
Der Euro hat den europäischen Einigungsprozess vorantreiben sollen, angesichts der aktuellen Schuldenkrise wird er jedoch vom Mörtel zum Dynamit; so lautet die Diagnose des Historikers Dominik Geppert. Die Sprengkraft des Euro werde Europa spalten und einen neuen Nationalismus der einzelnen Länder erstarken lassen. Der Autor kritisiert die hartnäckige Leugnung wirtschaftlicher und kultureller Unterschiede sowie die faktische Entmachtung der nationalen Parlamente und plädiert für ein Europa der Vielfalt.
Der Euro spaltet Europa: Die überkommenen Begründungen der europäischen Integration, Abbau zwischenstaatlicher Konflikte, Einbindung Deutschlands, Bewahrung von Recht und Demokratie sowie Mehrung von Sicherheit und Wohlstand verkehren sich in der Schuldenkrise in ihr Gegenteil. Das Buch stellt die Alternativlosigkeit der Rettungspolitik infrage und skizziert eine tragfähigere Ordnung für das Europa der Zukunft. Geppert thematisiert insbesondere die Verschärfung des Nationalismus, die Rückkehr der deutschen Frage, die Gefährdung der sozialen Marktwirtschaft, die Entmachtung der Parlamente, die Aushebelung des Rechts und die Lehren, die wir aus der Geschichte ziehen sollten.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Dominik Geppert, Jahrgang 1970, studierte Geschichte, Philosophie und Rechtswissenschaften in Freiburg und Berlin. 1996-2000 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin tätig. Im Herbst 2000 promoviert er mit einer Arbeit über Margaret Thatcher und die Entstehung des Thatcherismus in den Jahren 1975 bis 1979. Seit November 2000 ist er am Research Fellow am Deutschen Historischen Institut in London tätig.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.09.2013

In historischer Perspektive
Sind der Euro und seine Rettung alternativlos?

Wenn es ein Politikfeld gibt, wo der Anspruch, aus der Geschichte gelernt zu haben, eine große Rolle spielt, dann ist es die deutsche Europapolitik. Die europäische Integration und sogar die Währungsunion werden oft damit gerechtfertigt, dass sie verhindern sollen, dass der Kontinent wieder wie vor 1945 Kriegsschauplatz rivalisierender Nationalstaaten wird. Weil die Lehren aus der Geschichte nicht so eindeutig wie die aus gut geplanten naturwissenschaftlichen Experimenten sind, ist es erfreulich, dass ein junger Bonner Historiker im vorliegenden Buch hinterfragt, ob unsere Politiker die richtige Lehre aus der Geschichte gezogen haben. Konsens impliziert ja keine Wahrheitsgarantie.

Das Buch ist in neun Kapitel gegliedert. Gleich im ersten Kapitel verweist Dominik Geppert auf das zentrale Problem der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik seit der Reichseinigung 1871, das nur nach der Niederlage im Zweiten Weltkrieg und während des Kalten Krieges überlagert und verdeckt wurde. Deutschland hat eine halbhegemoniale Position. Es ist zu stark, um sich einfach in Europa einzuordnen, aber zu schwach, um eine Hegemonialmacht sein zu können. Dank seiner Wirtschaftskraft hat Deutschland auch heute wieder diese Position in Europa beziehungsweise im Euroraum.

Eine Erlösung Deutschlands durch die Integrationspolitik oder gar den Euro sieht Geppert nicht. Im zweiten und dritten Kapitel analysiert er die Vielfalt Europas. Er verweist auf Deutschlands bundesstaatliche und Frankreichs zentralstaatliche Tradition, auch darauf, dass die Briten bei der Vereinigung Englands mit Schottland auf die Angleichung der inneren Verhältnisse verzichtet haben. Mit der Einführung des Euro wurden unterschiedliche Traditionen und Interessen nicht überwunden, sondern eher nationale Rivalitäten und Feindseligkeit wiederbelebt.

Im vierten Kapitel wird der Euro als Fehlkonstruktion bezeichnet. Die Südländer können nicht mehr wie früher über Abwertungen ihre Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnen. Jede denkbare Alternative dazu ist problematisch. Reallohnsenkungen sind im Süden unpopulär, Transfers im Norden. Die zwischenstaatliche Mobilität ist im Euroraum zu gering, um das Problem lösen zu können, so dass sogar Protektionismus wieder denkbar wird. Die Europapolitiker hätten aus der Geschichte lernen sollen, dass eine Währungsunion ohne vorhergehende politische Union nur schlechte Aussichten hat. Im fünften Kapitel wird die Aushebelung von Rechtsstaat und Demokratie im Namen Europas beklagt: Die Kriterien des Maastricht-Vertrages wurden nicht ernst genommen, das Bail-out-Verbot missachtet, die Aufgaben der EZB verzerrt. Es herrscht die Logik des Ausnahmezustands. Solidarität wird als Argument gegen das Recht verwendet. Die Budgetrechte der Parlamente in Schuldner- und Gläubigerstaaten werden beschränkt - durch Auflagen oder Zeitdruck. Anzeichen dafür, dass der Euro Europas Stellung in der Welt gestärkt hat, kann Geppert im sechsten Kapitel nicht erkennen. Der Euroraum wird zum "romanisch geprägten Rumpfeuropa", in dem Deutschland oft isoliert ist, wie im EZB-Rat.

Die letzten drei Kapitel sind den europäischen Kernstaaten Deutschland und Frankreich und der Zukunft Europas gewidmet. Statt mit der Aufgabe des Euro Freunde in Europa zu gewinnen, wie Helmut Kohl gehofft hatte, ist das Problem der halbhegemonialen Position Deutschlands wieder aktuell. Frankreich ist es zwar gelungen, die Dominanz der deutschen Währungspolitik auszuhebeln, aber es leidet unter der Schwäche seiner eigenen Wirtschaft. Dass Europa durch die Krise bald zur politischen Union findet, hält Geppert für eine Illusion. Europa sollte auf den Weltmachtanspruch verzichten, seine Einheit nicht als Wert an sich missverstehen. Als solche akzeptiert Geppert nur Frieden und Freiheit, damit zusammenhängend auch Rechtsstaat und Demokratie. Die Teilung Europas in Euro- und Nicht-Euro-Staaten, in Schuldner und Gläubiger kann Europa nicht guttun. Ein locker verbundenes, auf den Binnenmarkt konzentriertes Europa im Sinne britischer Vorstellungen könnte nach Geppert die Orientierung überwinden an einem "Europa, das es nicht gibt". Geppert ist ein gut lesbares, politisch engagiertes, aber - weil er die Euro-Rettungspolitik eher für illusionär als für alternativlos hält - auch kontroverses Buch gelungen.

ERICH WEEDE.

Dominik Geppert: Ein Europa, das es nicht gibt.

Berlin, Europa Verlag 2013, 189 Seiten, 16,99 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Gustav Seibt ist Dominik Gepperts Argumentation in "Ein Europa, das es nicht gibt" ziemlich wohlgesonnen, gibt er zu erkennen. Der Neuzeithistoriker spricht sich in seinem Buch gegen den Euro aus und betont die Fliehkräfte, die eine Einheitswährung in einem wirtschaftlich, sozial, kulturell, rechtlich und auch sonst ziemlich uneinheitlichen Raum erzeugen können, erklärt der Rezensent. Die "halbe Hegemonie", die Deutschland und Frankreich gegenüber kleineren Volkswirtschaften der EU ausüben, führt zu politischen Spannungen, Ressentiments und Pressekriegen, die Geppert an das deutsch-englische Verhältnis vor 1914 erinnern, berichtet der Rezensent. Gepperts Kritik und seine Vorschläge sind sehr differenziert und vermeiden "radikal-einfache" Erklärungen, die Euro-kritische Stimmen in der Politik gerne bemühen, lobt Seibt.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Insgesamt erhalten Studierende wie Lehrende einen verständlichen multiperspektivischen Überblick." Dr. Melanie Rossi, Praxis Geschichte, Mai 3-2018, S. 55