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Eine archäologische Detektivgeschichte
Der Große Kameo ist der größte jemals geschnittene Edelstein - ein einzigartiges Meisterwerk antiker Handwerkskunst. Doch so schön und majestätisch der sogenannte Grand Camée de France auch wirkt, so zahlreich und dunkel sind die Geheimnisse, die ihn umgeben. Mit Luca Giuliani und Gerhard Schmidt haben sich einer der besten Archäologen unserer Zeit und ein Steinschneider von internationalem Ruf an die Lösung seiner Rätsel gemacht. Sie erzählen in diesem mit vielen farbigen Abbildungen ausgestatteten Buch die Geschichte seiner Entstehung in den Tagen…mehr

Produktbeschreibung
Eine archäologische Detektivgeschichte

Der Große Kameo ist der größte jemals geschnittene Edelstein - ein einzigartiges Meisterwerk antiker Handwerkskunst. Doch so schön und majestätisch der sogenannte Grand Camée de France auch wirkt, so zahlreich und dunkel sind die Geheimnisse, die ihn umgeben. Mit Luca Giuliani und Gerhard Schmidt haben sich einer der besten Archäologen unserer Zeit und ein Steinschneider von internationalem Ruf an die Lösung seiner Rätsel gemacht. Sie erzählen in diesem mit vielen farbigen Abbildungen ausgestatteten Buch die Geschichte seiner Entstehung in den Tagen des finsteren Kaisers Tiberius (14-37 n.Chr.), beschreiben seine handwerklichen Besonderheiten, deuten die Geschichte der darauf abgebildeten Figuren und berichten vom skurrilen Umgang der Wissenschaft mit dem Kunstwerk.

Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Luca Giuliani lehrt als Professor für Klassische Archäologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er ist Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und war 1999/2000 Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Im Jahr 2010 wird ihm der Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa verliehen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.03.2010

Wie man einen Kaiser besticht

Luca Giuliani liest aus einer Zimelie antiker Steinschneidekunst eine ganze Welt heraus.

Von Dieter Bartetzko

Achat ist, so die Lexika, "eine mikrokristalline Varietät des Minerals Quarz." Selten lässt man sich hinreißen, die charakteristische Maserung des Steins schön oder anziehend zu nennen. Das Altertum, das Mittelalter und die Renaissance dagegen erachteten diese Schönheit als Beweis magischer Kräfte. Der Achat schärfe die Sinne und halte bösartige Fieber fern, heißt es bei Hildegard von Bingen, die diese Ansicht vielleicht der Naturgeschichte des römischen Wissenschaftlers Plinius d. Ä. entnahm, der von Sardonyx spricht, den er, nach Diamanten, Perlen und Smaragden, an die vierte Stelle der wertvollsten Kostbarkeiten seiner Zeit reiht, weit vor, wie er ausdrücklich sagt, dem Gold.

Hildegard dürften die Reliquienschreine vor Augen gestanden haben, in die das Mittelalter antike Achat-Kameen als Schaustücke einsetzte. Plinius wiederum werden wohl die Prunkobjekte der Caesaren inspiriert haben. Eines der berühmtesten unter ihnen ist der "Große Kameo" auch "Gemma Tiberiana" genannt, heute im Pariser Cabinet des Médailles, zuvor, ab 1279, in der Sainte-Chapelle, der königlichen Hofkapelle, aufbewahrt, wohin er aus Konstantinopel gelangt war. Ursprünglich muss das 31 Zentimeter hohe und 26,5 Zentimeter breite Artefakt Kaiser Tiberius gehört haben, als nicht ganz uneigennütziges Geschenk eines (gewiss millionenschweren) Aristokraten. Diesem lag die Nachfolgeregelung des Kaisers am Herzen, der es notorisch mied, sich eindeutig festzulegen.

Wissend, dass direkter Rat ihn beim berüchtigten Temperament des Tiberius das Leben kosten könnte, ließ der Schenker ein atemberaubend fein geschnittenes, wunderbar dekoratives und hintersinniges Huldigungsprogramm für die julisch-claudische Dynastie zusammenstellen. Vierundzwanzig Personen in drei horizontalen Ebenen - einer unteren allegorischen, der oberen himmlischen und, in der Mitte, in der der kaiserlichen Gegenwart - sind aufgeboten. Tiberius und seine Mutter Livia, der verstorbene Augustus sowie die ebenfalls gestorbenen Drusus und Germanicus verweisen den Betrachter - den Kaiser - dezent darauf, die mit ihrer Mutter Agrippina dargestellten drei Germanicus-Söhne, am besten Nero, den ältesten, zum Nachfolger zu ernennen.

Es ist eine Wonne zu lesen, wie der Archäologe Luca Giuliani die Personen identifiziert, ihre Haltungen und Attribute entschlüsselt, en passant die Forschungsgeschichte dieses immer wieder gedeuteten und umgedeuteten Objekts miterzählt - und am Ende dessen Entstehung auf das Jahr 24 nach Christus eingrenzt.

"Das Geschenk sollte Tod und Verderben bringen - auch und nicht zuletzt über Agrippina und ihre älteren Söhne. Wenige Jahre später war keiner mehr von ihnen am Leben." Mit diesen wirkungsbewussten Zeilen lässt Giuliani ein Kapitel enden. Spröder, aber kaum weniger spannend lesen sich die Ausführungen des Steinschneiders Gerhard Schmidt, der nicht nur die Gemma Tiberiana, sondern auch die "Tazza Farnese" und die "Gemma Augustea", mithin die drei berühmtesten antiken Kameen, nachgeschnitten und dafür die Originale genauestens untersucht hat.

Man erfährt, mit welchem Raffinement die antiken Gemmenschneider die Farbe der Bänderungen durch Honiglösungen und Brand vertieften, welche Risiken das Schleifen barg und mit welchem genialen Gespür für Effekte die Kunsthandwerker sämtliche Maserungen zur Dramatisierung ihrer Szenerien nutzten. Antike und byzantinische Reparaturen, auch Änderungen der Aussage, werden sorgfältig und schlüssig dargestellt. So erschließt sich - nicht nur für Archäologen- aus einem Juwel eine ganze komplizierte Welt.

Luca Giuliani: "Ein Geschenk für den Kaiser". Das Geheimnis des großen Kameo. In Zusammenarbeit mit Gerhard Schmidt. Verlag C. H. Beck, München 2010. 120 S., Abb., br., 14,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die ganze komplizierte Welt der "Gemma Tiberiana" und die Kunstfertigkeit antiker Gemmenschneider lässt sich Rezensent Dieter Bartetzko in diesem Buch auseinandersetzen, das er nicht nur Archäologen ans Herz legen möchte. Erscheinen ihm die im Band enthaltenen Ausführungen des Steinschneiders Gerhard Schmidt im Vergleich zu Luca Giulianis forschungsgeschichtlich fundierter und psychologisch versierter Einzeldeutung (Haltungen, Attribute des dargestellten Personals betreffend) des "Großen Kameos" auch etwas spröde, so unterhält ihn selbst diese eher technische Seite über Schleifrisiken und Effekte von Maserungen mit ausreichend Spannung. Der Band - eine Wonne, findet Bartetzko.

© Perlentaucher Medien GmbH