Zwei Gangs, zwei Zeiten, zwei Welten und eine Chance
Esso, ein afrikanischstämmiger Teenager aus dem Süden Londons, gehört zwar keiner Gang an, doch er ist zur falschen Zeit am falschen Ort. Weil er zugesehen hat, wie ein berüchtigtes Gangmitglied zusammengeschlagen wurde, muss er um sein Leben fürchten. Als er vor ein Auto läuft und bewusstlos wird, entdeckt er, dass er Zugang zu einer anderen Welt hat - er kann dort Szenen seines zukünftigen Lebens sehen. Und etwas, was er unbedingt verhindern möchte.
Im Jahr 2035 kämpft Rhia mit anderen Problemen: Sie ist ohne Eltern aufgewachsen, ihr Fußballtalent ist die einzige Chance auf eine bessere Zukunft. Da bekommt sie einen neuen Schultutor: Esso. Niemand weiß, wo er herkommt, doch er trägt ein Bild von Rhias Mutter bei sich. Und er erzählt ihr, dass er ihre Hilfe braucht: Rhia ist seine einzige Hoffnung, sein Leben zu retten, das seiner Freunde und das seiner großen Liebe Nadia ...
Femi Fadugbas spektakuläres Debüt: ein hoch spannender Zeitreise-Thriller mit politischer Botschaft, der alle Genregrenzen sprengt
Esso, ein afrikanischstämmiger Teenager aus dem Süden Londons, gehört zwar keiner Gang an, doch er ist zur falschen Zeit am falschen Ort. Weil er zugesehen hat, wie ein berüchtigtes Gangmitglied zusammengeschlagen wurde, muss er um sein Leben fürchten. Als er vor ein Auto läuft und bewusstlos wird, entdeckt er, dass er Zugang zu einer anderen Welt hat - er kann dort Szenen seines zukünftigen Lebens sehen. Und etwas, was er unbedingt verhindern möchte.
Im Jahr 2035 kämpft Rhia mit anderen Problemen: Sie ist ohne Eltern aufgewachsen, ihr Fußballtalent ist die einzige Chance auf eine bessere Zukunft. Da bekommt sie einen neuen Schultutor: Esso. Niemand weiß, wo er herkommt, doch er trägt ein Bild von Rhias Mutter bei sich. Und er erzählt ihr, dass er ihre Hilfe braucht: Rhia ist seine einzige Hoffnung, sein Leben zu retten, das seiner Freunde und das seiner großen Liebe Nadia ...
Femi Fadugbas spektakuläres Debüt: ein hoch spannender Zeitreise-Thriller mit politischer Botschaft, der alle Genregrenzen sprengt
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Inwiefern ist es möglich, die Zukunft selbst zu gestalten? Gibt es einen freien Willen? Das sind die existenziellen, politischen Fragen, mit denen sich Femi Fadugbas Debütroman beschäftigt, erklärt Rezensent Fritz Göttler. Fadugba beantwortet sie mit einem klaren Ja, lesen wir, indem er eine fiktive Möglichkeit des zeitenübergreifenden Handelns und Kommunizierens einführt, die metaphorisch für die Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf Zukunft und Vergangenheit steht. Es sind diese Gestaltungsmöglichkeiten, sowie der Freiheitsdrang, der Kampfwille seiner facettenreichen Figuren, die den "revolutionären Grundton" von Fadugbas Buch ausmachen, meint Göttler. Beeindruckt zeigt sich der Rezensent außerdem von der Treffsicherheit, mit der der Autor den charakteristischen Ton und die Umgangsformen der Jugendlichen im Londoner Bezirk Peckham wiedergibt. Kein Wunder, meint der Rezensent, da Fadugba selbst jahrelang in Peckham gelebt hat. Er weiß, worüber er schreibt, und das spürt man, so der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.12.2021Frei in Raum und Zeit
Femi Fadugba erzählt von heftiger sozialer Unruhe unter den schwarzen Kids von London in
seinem ersten Roman „The Upper World“ und spannt einen weiten Bogen von Platon bis Einstein
VON FRITZ GÖTTLER
Mathematik kann eine durchaus fröhliche Wissenschaft sein, mit Miss Purdy in der Penny Hill Secondary School – die zwischen den Londoner Vierteln Peckham und Brixton liegt, deren Straßengangs sich heftig bekämpfen. Was Mathematik angeht, hat der junge Esso keine Probleme mit Quadratzahlen oder dem Satz des Pythagoras. Was diesen Pythagoras angeht, der hat, wenn man dem Internet glauben mag, eine eigenartige Truppe Jünger um sich geschart, die ließ er schwören, niemals schwarze Bohnen zu essen oder in Richtung Sonne zu pinkeln. Die meisten richtig schlauen Leute, folgert Esso, haben nicht alle Tassen im Schrank.
Richtig schlau ist der Schüler Esso natürlich nicht, er sammelt Verweise, der Mutter gegenüber rutscht ihm plötzlich ein böses „Fuck off“ über die Lippen. Der Vater starb vor Essos Geburt, hat nur ein Heft hinterlassen mit geheimnisvollen Andeutungen zu Raum und Zeit, zur unnahbaren oberen Welt, der upper world.
Dummerweise gerät Esso zwischen die verfeindeten Gangs, wird, zu Unrecht, als Spitzel gebrandmarkt, zum Abschuss freigegeben. Und: er liebt Nadia aus seiner Klasse, die mehr schulischen Eifer entwickelt als er. Mit wunderbarem Gespür für Nuancen kriegt Femi Fadugba in seinem ersten Roman den Cool der schwarzen Großstadtkids hin – einer von Essos Freunden hat „seinen breiten Akzent aus allen afrikanischen Ländern zusammengeklaut, in die man mit einem britischen Pass nicht einreisen durfte“, und natürlich schwärmen die Kids von John Boyega, der in ihrem Viertel aufwuchs und in Hollywood zum „Star Wars“-Star wurde.
Femi Fadugba, geboren in Togo, hat viele Jahre in Peckham gelebt, er kennt diesen Freiheitsdrang, dieses Raus-aus-dem-Getto-Verlangen. Sein Vater war Dolmetscher bei den UN, so kam die Familie früh nach Europa und in die USA. Er hat unter anderem in Oxford Quantenphysik studiert – deshalb rückt in diesen aufregenden Bandenkriegskrimi plötzlich Einsteins Relativitätstheorie in den Mittelpunkt. Ein zweiter Erzählstrang entwickelt sich um das Mädchen Rhia. Die lebt 15 Jahre später, die Welt hat sich stärker zu einem Überwachungsstaat entwickelt, Drohnen sind nun überall im Einsatz. Rhia lebt bei Pflegeeltern, hofft, um rauszukommen, auf eine Karriere als Fußballerin. Außerdem sucht sie ihre Mutter, und ein neuer Nachhilfelehrer soll ihr helfen. Sein Name ist Dr. Esso, der seinerseits Rhias Hilfe braucht.
Nur über die upper world können die beiden kommunizieren, jenseits von Zeit und Raum. Bei einem Verkehrsunfall bekommt Esso nach einer Kopfverletzung denkwürdige Einblicke in diese Welt mit ihren vielen diversen Zeitfenstern, in der man auch in der Zeit so frei sich bewegen kann wie im Raum, vor und zurück (auch mit seinem eigenen späteren Ich Kontakt aufnehmen könnte). Gibt es also alternative Zeitverläufe? Kann man die Zukunft beeinflussen, die Vergangenheit neu gestalten? Kann man den Flug einer abgefeuerten Kugel stoppen, bevor sie einschlägt?
Es sind politische Fragen, die Femi Fadugba hier in einem weiten wissenschaftlichen Kontext behandelt – vor allem die Frage des freien Willens, des Versuchs, trotz politischer Unterdrückung und sozialer Deklassierung sein Schicksal selbst zu bestimmen. Die Möglichkeit des Zeitreisens ist dabei eine ultimative Bekräftigung, dass dies möglich ist, das macht den revolutionären Grundton dieses Buches aus.
Die Vorstellung der upper world stammt aus dem Höhlengleichnis von Platon – noch so ein Denkertyp der Antike. Die Menschen sind hier in einer Höhle gefangen und zu einer engen Schattenvision der Welt gezwungen, bis eines Tages einer aufbricht in die Oberwelt. Und dort erlebt, wie die Dinge wirklich sind.
Femi Fadugba: The Upper World. Ein Hauch Zukunft. Aus dem Englischen von Alexandra Ernst. cbj, München 2021. 415 Seiten, 20 Euro.
Kann man den Flug einer
abgefeuerten Kugel stoppen,
bevor sie einschlägt?
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Femi Fadugba erzählt von heftiger sozialer Unruhe unter den schwarzen Kids von London in
seinem ersten Roman „The Upper World“ und spannt einen weiten Bogen von Platon bis Einstein
VON FRITZ GÖTTLER
Mathematik kann eine durchaus fröhliche Wissenschaft sein, mit Miss Purdy in der Penny Hill Secondary School – die zwischen den Londoner Vierteln Peckham und Brixton liegt, deren Straßengangs sich heftig bekämpfen. Was Mathematik angeht, hat der junge Esso keine Probleme mit Quadratzahlen oder dem Satz des Pythagoras. Was diesen Pythagoras angeht, der hat, wenn man dem Internet glauben mag, eine eigenartige Truppe Jünger um sich geschart, die ließ er schwören, niemals schwarze Bohnen zu essen oder in Richtung Sonne zu pinkeln. Die meisten richtig schlauen Leute, folgert Esso, haben nicht alle Tassen im Schrank.
Richtig schlau ist der Schüler Esso natürlich nicht, er sammelt Verweise, der Mutter gegenüber rutscht ihm plötzlich ein böses „Fuck off“ über die Lippen. Der Vater starb vor Essos Geburt, hat nur ein Heft hinterlassen mit geheimnisvollen Andeutungen zu Raum und Zeit, zur unnahbaren oberen Welt, der upper world.
Dummerweise gerät Esso zwischen die verfeindeten Gangs, wird, zu Unrecht, als Spitzel gebrandmarkt, zum Abschuss freigegeben. Und: er liebt Nadia aus seiner Klasse, die mehr schulischen Eifer entwickelt als er. Mit wunderbarem Gespür für Nuancen kriegt Femi Fadugba in seinem ersten Roman den Cool der schwarzen Großstadtkids hin – einer von Essos Freunden hat „seinen breiten Akzent aus allen afrikanischen Ländern zusammengeklaut, in die man mit einem britischen Pass nicht einreisen durfte“, und natürlich schwärmen die Kids von John Boyega, der in ihrem Viertel aufwuchs und in Hollywood zum „Star Wars“-Star wurde.
Femi Fadugba, geboren in Togo, hat viele Jahre in Peckham gelebt, er kennt diesen Freiheitsdrang, dieses Raus-aus-dem-Getto-Verlangen. Sein Vater war Dolmetscher bei den UN, so kam die Familie früh nach Europa und in die USA. Er hat unter anderem in Oxford Quantenphysik studiert – deshalb rückt in diesen aufregenden Bandenkriegskrimi plötzlich Einsteins Relativitätstheorie in den Mittelpunkt. Ein zweiter Erzählstrang entwickelt sich um das Mädchen Rhia. Die lebt 15 Jahre später, die Welt hat sich stärker zu einem Überwachungsstaat entwickelt, Drohnen sind nun überall im Einsatz. Rhia lebt bei Pflegeeltern, hofft, um rauszukommen, auf eine Karriere als Fußballerin. Außerdem sucht sie ihre Mutter, und ein neuer Nachhilfelehrer soll ihr helfen. Sein Name ist Dr. Esso, der seinerseits Rhias Hilfe braucht.
Nur über die upper world können die beiden kommunizieren, jenseits von Zeit und Raum. Bei einem Verkehrsunfall bekommt Esso nach einer Kopfverletzung denkwürdige Einblicke in diese Welt mit ihren vielen diversen Zeitfenstern, in der man auch in der Zeit so frei sich bewegen kann wie im Raum, vor und zurück (auch mit seinem eigenen späteren Ich Kontakt aufnehmen könnte). Gibt es also alternative Zeitverläufe? Kann man die Zukunft beeinflussen, die Vergangenheit neu gestalten? Kann man den Flug einer abgefeuerten Kugel stoppen, bevor sie einschlägt?
Es sind politische Fragen, die Femi Fadugba hier in einem weiten wissenschaftlichen Kontext behandelt – vor allem die Frage des freien Willens, des Versuchs, trotz politischer Unterdrückung und sozialer Deklassierung sein Schicksal selbst zu bestimmen. Die Möglichkeit des Zeitreisens ist dabei eine ultimative Bekräftigung, dass dies möglich ist, das macht den revolutionären Grundton dieses Buches aus.
Die Vorstellung der upper world stammt aus dem Höhlengleichnis von Platon – noch so ein Denkertyp der Antike. Die Menschen sind hier in einer Höhle gefangen und zu einer engen Schattenvision der Welt gezwungen, bis eines Tages einer aufbricht in die Oberwelt. Und dort erlebt, wie die Dinge wirklich sind.
Femi Fadugba: The Upper World. Ein Hauch Zukunft. Aus dem Englischen von Alexandra Ernst. cbj, München 2021. 415 Seiten, 20 Euro.
Kann man den Flug einer
abgefeuerten Kugel stoppen,
bevor sie einschlägt?
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
»Die Geschichte wird schon sehr cool erzählt.« 1LIVE über »The Upper World - Ein Hauch Zukunft«