»Eggers macht aus Wirklichkeit Literatur.« Der SpiegelAlan Clay ist ein Mann der Old Economy, der nicht ganz ohne eigenes Zutun so gut wie ausrangiert ist und nun darum kämpft, die Studiengebühren seiner Tochter bezahlen und einen Rest seiner Würde bewahren zu können. Er hat noch eine Chance, um seiner Finanzlage und damit seinem Leben die entscheidende Wendung zu geben: Für eine amerikanische IT-Firma fliegt er mit einem Team von jungen Leuten nach Saudi-Arabien. Dort, wo mitten in der Wüste eine funkelnde Wirtschaftsmetropole entstehen soll, wollen sie dem saudischen König ihre hochentwickelte IT-Technik vorführen, mit der sie die Stadt versorgen möchten. In einem Zelt am Rande der riesigen Baustelle, aus der eines Tages die Stadt erwachsen soll, kämpfen sie nicht nur mit drückender Hitze und wackligem WiFi, sondern warten auf einen König, der einfach nicht kommt.Eggers Roman über einen Mann, den die Globalisierung an den Abgrund drängt, ist ein literarischer Messerwurf ins Herz unserer Zeit.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.12.2014Bericht aus der Wüste
Oben in den Bestsellerlisten steht gerade der neue Roman von Dave Eggers, 44. „Der Circle“ beschreibt eine Internetgesellschaft mit absoluter Transparenz, in der das Individuum jede Privatsphäre verloren hat. Ein Konzern mit dem Namen Circle, der so etwas wie ein Fusion aus Google, Facebook, Twitter und Apple ist, beherrscht alle Daten und damit die Welt. Der Autor, der mit seiner Familie in der Nähe von San Francisco lebt, hat mit diesem beklemmenden und nicht unrealistischen Bild der Zukunft international für viel Aufsehen gesorgt. Über Eggers literarische Kraft streiten die Kritiker. Zweifellos widmet er sich aber immer wieder sehr aktuellen Themen.
Unterhaltsamer und komischer ist „Ein Hologramm für den König“, der im vergangenen Jahr auf Deutsch erschien. Es ist die Geschichte eines Mannes, der sich in einer globalisierten und immer verrückter werdenden Wirtschaftswelt schlicht verloren hat. Alan Clay steht vor den Trümmern seines Lebens, nichts ist ihm in den vergangenen Jahren gelungen. Er ist 54 Jahre alt, er hat hohe Schulden, er kann seiner Tochter Kit das College nicht mehr bezahlen, er hatte schon viele Jobs, konnte aber nirgends Fuß fassen, inzwischen arbeitet er als Berater. Der große amerikanische Traum ist für Alan Clay schon lange vorbei.
Doch er hat eine allerletzte Chance. Jetzt hat ihn sein Auftraggeber, ein amerikanischer Telekommunikations-Ausrüster, mit ein paar deutlich jüngeren und engagierteren Kollegen nach Saudi-Arabien in die Wüste geschickt. König Abdullah stampft dort gerade am Roten Meer eine Retortenstadt aus dem Boden. Alan Clay soll dem König ein IT-System verkaufen.
Nun ist er also in Saudi-Arabien angekommen und wartet tagelang auf den Termin, bei dem er dem König mit einer holografischen Präsentation das Produkt aus den USA schmackhaft machen will. In der Retortenstadt sitzen Clay und seine Kollegen in einem Zelt und müssen sich gedulden. Einmal will Clay eine aufwendige und luxuriöse Musterwohnung besichtigen, landet aber im falschen Stockwerk, wo Wanderarbeiter wie Sklaven hausen – so nah liegen die Welten hier beieinander. Ein anderes Mal sucht er einen schattigen Platz zum Ausruhen und verunglückt beinahe in einer Baugrube, gräbt sich also fast sein eigenes Grab. Die Episoden sind witzig und hintergründig zugleich. Die Frage ist, ob Clay am Ende Erfolg hat oder die Konkurrenz aus China den Zuschlag erhält.
„Ein Hologramm für den König“ wurde gerade in Berlin von Regisseur Tom Tykwer verfilmt, Tom Hanks spielt die Hauptrolle. Vor dem Kinobesuch sollte man in jedem Fall das Buch lesen.
CASPAR BUSSE
Ein Hologramm für den König , Dave Eggers, Kiepenheuer&Witsch, 352 Seiten, 19,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Oben in den Bestsellerlisten steht gerade der neue Roman von Dave Eggers, 44. „Der Circle“ beschreibt eine Internetgesellschaft mit absoluter Transparenz, in der das Individuum jede Privatsphäre verloren hat. Ein Konzern mit dem Namen Circle, der so etwas wie ein Fusion aus Google, Facebook, Twitter und Apple ist, beherrscht alle Daten und damit die Welt. Der Autor, der mit seiner Familie in der Nähe von San Francisco lebt, hat mit diesem beklemmenden und nicht unrealistischen Bild der Zukunft international für viel Aufsehen gesorgt. Über Eggers literarische Kraft streiten die Kritiker. Zweifellos widmet er sich aber immer wieder sehr aktuellen Themen.
Unterhaltsamer und komischer ist „Ein Hologramm für den König“, der im vergangenen Jahr auf Deutsch erschien. Es ist die Geschichte eines Mannes, der sich in einer globalisierten und immer verrückter werdenden Wirtschaftswelt schlicht verloren hat. Alan Clay steht vor den Trümmern seines Lebens, nichts ist ihm in den vergangenen Jahren gelungen. Er ist 54 Jahre alt, er hat hohe Schulden, er kann seiner Tochter Kit das College nicht mehr bezahlen, er hatte schon viele Jobs, konnte aber nirgends Fuß fassen, inzwischen arbeitet er als Berater. Der große amerikanische Traum ist für Alan Clay schon lange vorbei.
Doch er hat eine allerletzte Chance. Jetzt hat ihn sein Auftraggeber, ein amerikanischer Telekommunikations-Ausrüster, mit ein paar deutlich jüngeren und engagierteren Kollegen nach Saudi-Arabien in die Wüste geschickt. König Abdullah stampft dort gerade am Roten Meer eine Retortenstadt aus dem Boden. Alan Clay soll dem König ein IT-System verkaufen.
Nun ist er also in Saudi-Arabien angekommen und wartet tagelang auf den Termin, bei dem er dem König mit einer holografischen Präsentation das Produkt aus den USA schmackhaft machen will. In der Retortenstadt sitzen Clay und seine Kollegen in einem Zelt und müssen sich gedulden. Einmal will Clay eine aufwendige und luxuriöse Musterwohnung besichtigen, landet aber im falschen Stockwerk, wo Wanderarbeiter wie Sklaven hausen – so nah liegen die Welten hier beieinander. Ein anderes Mal sucht er einen schattigen Platz zum Ausruhen und verunglückt beinahe in einer Baugrube, gräbt sich also fast sein eigenes Grab. Die Episoden sind witzig und hintergründig zugleich. Die Frage ist, ob Clay am Ende Erfolg hat oder die Konkurrenz aus China den Zuschlag erhält.
„Ein Hologramm für den König“ wurde gerade in Berlin von Regisseur Tom Tykwer verfilmt, Tom Hanks spielt die Hauptrolle. Vor dem Kinobesuch sollte man in jedem Fall das Buch lesen.
CASPAR BUSSE
Ein Hologramm für den König , Dave Eggers, Kiepenheuer&Witsch, 352 Seiten, 19,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
»Eggers' Maß an Präzision, sein Blick für Mickrigkeiten macht aus Wirklichkeit Literatur.« Der Spiegel 201302