Der Amerikaner Alan Clay gehört mit 54 Jahren zwar noch nicht zum alten Eisen, aber er hat die besten Jahre seines Lebens bereits hinter sich. Als erfolgreicher Manager hat es ihm früher an nichts gefehlt, aber mittlerweile scheint ihn das Glück verlassen zu haben. Job verloren, geschieden und
finanziell so klamm, dass er kaum noch die Studiengebühren für die Ausbildung seiner Tochter aufbringen…mehrDer Amerikaner Alan Clay gehört mit 54 Jahren zwar noch nicht zum alten Eisen, aber er hat die besten Jahre seines Lebens bereits hinter sich. Als erfolgreicher Manager hat es ihm früher an nichts gefehlt, aber mittlerweile scheint ihn das Glück verlassen zu haben. Job verloren, geschieden und finanziell so klamm, dass er kaum noch die Studiengebühren für die Ausbildung seiner Tochter aufbringen kann. Mit einem neuen Job als selbstständiger Handlungsreisender (sic!) bewegt er sich ständig am Rande des Existenzminimums.
Aber jetzt sieht er Licht am Ende des Tunnels, denn es gilt King Abdullah Economic City, die Stadt der Zukunft und gleichzeitig Prestigeobjekt des gleichnamigen Monarchen, mit einem innovativen Kommunikationssystem auszustatten, dessen Highlight die Telefonie per Hologramm ist. Und so reist Alan Clay nach Saudi-Arabien und hat nicht nur die Demo-Version der Software sondern auch große Hoffnungen im Gepäck.
Aber diese bekommen bereits bei der Ankunft einen Dämpfer verpasst, denn anstatt einer prosperierenden Mega-City wird die amerikanische Delegation von den Bauruinen des Großprojekts empfangen. Der Auftraggeber taucht nicht auf, und man schickt Alan und seine Begleiter in ein Zelt, in dem weder die Klimaanlage noch der Internetanschluss stabil funktionieren, um dort auf dessen Ankunft zu warten, damit sie ihre Lösung demonstrieren können.
Die Tage vergehen, angefüllt mit Nichtstun und Warten auf den König. Nicht von ungefähr hat Eggers seinem Buch ein Zitat aus Samuel Becketts "Warten auf Godot" vorangestellt, denn so wie jener erscheint auch König Abdullah nicht, und diese Situation hält Alan Clay quasi in einem Schwebezustand, in dem er ausreichend Zeit hat, seine persönliche Situation zu reflektieren, sich mit einer eingebildeten Krankheit zu befassen und den absurden Alltag in dem Wüstenzelt zu bewältigen.
Schlussendlich erscheint der Monarch, und dann platzen alle Träume wie Seifenblasen, denn die Chinesen, die ihn begleiten, sind in der Lage, die gewünschte Kommunikationslösung wesentlich preisgünstiger als die Amerikaner zu realisieren.
Wie immer in seinen Romanen zeigt Dave Eggers in "Ein Hologramm für den König" die Auswirkungen, die politische Zustände und Ereignisse für seine Protagonisten haben. Hier nun ist es der Anbruch eines neuen Zeitalters im Wirtschaftsleben, das nicht mehr an den alten Maßstäben zu messen ist. Fairness und Ehrlichkeit sind längst abgelöst worden von Arroganz und Ellbogenmentalität, im Zentrum steht immer das Streben nach monetären Vorteilen. Der globalisierte Kapitalismus hat dafür gesorgt, dass Amerika stark an Boden gegenüber den Nationen verloren hat, die auf dem Technologiesektor aufgeholt haben und Arbeitskräfte fast zum Nulltarif anbieten.
Klar und eindringlich, warmherzig und mitfühlend, mit großer Sympathie für seine Hauptfigur beschreibt der Autor den Wertewandel und dessen Auswirkungen auf den einzelnen im Zeichen der Globalisierung.
Ganz gleich, wie groß die Anstrengungen sind, es ist vergebens. Männer wie Alan Clay haben keinen Platz mehr in diesem Spiel.