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Sommerwinde, die nicht enden wollen, hochkomplizierte Bürokratie und südländische Lebensleichtigkeit, Istanbul im Ramadan - Cornelia Tomerius lässt sich ein auf das Abenteuer zwischen Orient und Okzident.

Produktbeschreibung
Sommerwinde, die nicht enden wollen, hochkomplizierte Bürokratie und südländische Lebensleichtigkeit, Istanbul im Ramadan - Cornelia Tomerius lässt sich ein auf das Abenteuer zwischen Orient und Okzident.
Autorenporträt
Cornelia Tomerius, geboren 1974 in Dessau, studierte Soziologie, Journalistik und Anglistik in Göttingen und Leipzig und schreibt als freie Autorin mit Schwerpunkt Gesellschafts- und Reisethemen u. a. für MERIAN, FRANKFURTER RUNDSCHAU und BERLINER ZEITUNG. Cornelia Tomerius lebt seit 2001 in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.10.2008

Bücherecke
Ein Bild von einer Stadt
Zur Frankfurter Buchmesse mit dem Gastland Türkei widmen sich mehrere Autoren dem Reiseziel Istanbul
Von Istanbul heißt es, seine Straßenseien aus Gold. Seit jeher ist die Stadt am Bosporus Anziehungspunkt für Glücksritter auf der Suche nach Reichtum. Das war in den fünfziger Jahren so, als eine Million Menschen hier wohnte. Und daran hat sich auch nichts geändert, seit man mit dem Zählen der Einwohner nicht mehr hinterherkommt und von bis zu 20 Millionen ausgeht – die zum Teil in ärmlichen Behausungen leben. Sicher glauben nicht alle von ihnen die alte Geschichte vom Bauern, der einen goldenen Pflasterstein findet und in den Bosporus wirft, weil er sicher ist, sowieso gleich einen weiteren zu entdecken.
Heutige Schatzsucher haben es immerhin einfacher. Sie brauchen keinen Beutel für ihre Schätze, sofern sich diese auf Erinnerungen beschränken. Denn, so raten zahlreiche Autoren aktueller Bücher zu Istanbul, um hier Eindrücke zu sammeln, genügen wache Sinne, wie sie der Dichter Orhan Veli schon vor knapp 60 Jahren in einem Gedicht beschrieben hat: „Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen.” An diesen oft zitierten Zeilen, die den schreienden Händlern und dem Gejaule der Fähren ein Denkmal setzen, scheint auch heute niemand vorbeizukommen, der über Istanbul schreibt. Viele Autoren verwenden Velis Worte, um Istanbuls Wandel zu illustrieren – oft ganz gleich, wovon ihre eigene Geschichte handelt.
Damit verpflichten sie sich gewissermaßen aber auch, einen ebenso lebendigen Eindruck zu vermitteln vom Leben in dieser Millionenmetropole auf zwei Kontinenten. Wo das gelingt, entsteht ein Buch wie „Istanbul. Eine literarische Einladung”, in dem außer Veli 21 andere türkische Autoren zu Wort kommen, in Gedichten und Romanfragmenten aus den vergangenen 50 Jahren. Sie entführen den Leser in touristisch unentdeckte Gassen und Hinterhöfe, filtern einzelne Gerüche, Klänge und Geschmäcke der Stadt und erzählen davon, wie sehr diese zwischen östlichem und westlichem Lebensstil gespalten ist. So beginnt die Route im westlich geprägten Beyoglu, führt weiter über die Galatabrücke in die von Händlern bevölkerten Gegenden am Goldenen Horn, entlang der Uferviertel am Bosporus hin zur Prinzeninsel im Marmarameer. An jeder Station begegnet man den Istanbullu, den Bewohnern Istanbuls, erfährt von ihren Aktivitäten und Sorgen und lernt dabei viel über das Wesen der Stadt.
Dabei sind es gerade die kürzesten Entfernungen, auf denen Istanbul Unterschiede wie zwischen New York und Kabul offenbart: ein Nährboden für Sehnsüchtige und Lebenskünstler, denen sich etwa die Reiseerzählung der deutschen Autorin Cornelia Tomerius widmet. Zwölf Monate hat sie in Istanbul gelebt. Sie berichtet von Erfahrungen wie der abenteuerlichen Wohnungssuche und dem Möbelkauf vom Zimmerfenster aus. Wer sich bei der Lektüre allerdings tiefere Einblicke in das Alltagsleben erhofft, wird bedauern, dass die Autorin die meiste Zeit ihre emotionalen Zerrissenheit zwischen ihrem deutschen Verlobten und einem türkischen Bekannten beklagt. So leuchtet Istanbul viel zu selten hinter dem Privaten auf.
Anschaulich fächert dagegen das großformatige Buch „Die Basare Istanbuls” sein Thema auf. So wie ein Basar dazu einlädt, sich treiben zu lassen, lädt das Buch zum Durchblättern und Verweilen ein. Aufwendig recherchiert, liefert es Geschichten und Bilder zum Istanbuler Alltag. Denn trotz ihrer Ausrichtung an Touristen und der wachsenden Konkurrenz durch westliche Shopping-Tempel spielen Basare – darunter der Gedeckte Basar, der Ägyptische Basar und der Bücherbasar – noch immer eine zentrale Rolle im Stadtleben. Neben alten Zeichnungen und Farbfotografien vom zeitgenössischen Markttreiben bieten die Autoren interessante Hintergründe zur Geschichte des Handels in Istanbul: etwa, dass es einst Sitte war, den Kunden nur jene Stücke zu zeigen, nach denen sie ausdrücklich verlangten, und ihnen nichts aufzuschwatzen. Das amüsiert jeden, der jemals einen türkischen Markt ohne Kaufabsicht betreten und mit Taschen voller Souvenirkitsch verlassen hat.
Desillusionierend ist hingegen die Erkenntnis, dass nur noch wenige Werkstätten in den Basaren erhalten sind – meistens kommt die Ware vom Fließband. Das ist dann doch ein Hinweis darauf, dass die Schatzsuche in Istanbul überhaupt nicht einfacher ist als früher. VANESSA ASSMANN
BÖRTE SAGASTER UND MANFRED HEINFELDNER (Hg.): Istanbul. Eine literarische Einladung. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2008. 135 Seiten, 15,90 Euro.
LAURA SALM-REIFFERSCHEIDT, MORITZ STIPSICZ, ISABEL BÖCKING: Die Basare Istanbuls. Mosaik einer sinnlichen Welt mit 30 Rezepten. Christian Brandstätter Verlag, Wien 2008. 224 Seiten, 49,90 Euro.
CORNELIA TOMERIUS: Ein Jahr in Istanbul. Reise in den Alltag. Verlag Herder, Freiburg 2008. 190 Seiten, 12,95 Euro.
Sehnsüchtige und Lebenskünstler finden hier einen Nährboden
Nicht für alle Bewohner Istanbuls, hier ein Verkäufer von Taubenfutter, sind die Straßen der Stadt aus Gold, auch wenn der Volksmund das behauptet. Foto: Stipsicz / Brandstätter Verlag
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