Im Winter des kurdischen Jahres 2613 kommt der junge Alan nach New York City. In jene Stadt, die aufzusuchen niemandem guten Gewissens geraten werden kann. In jene "Kolonie kriechend-krabbelnder, namenloser Einwohner, von denen keiner dieses gute Englisch spricht, wie Sie und ich es sprechen". Alan ist Kurde. Und er erhält den Auftrag, Frau und Kinder eines Türken umzubringen. An einem Wochenende, da der türkische Geschäftsmann unterwegs sein wird, soll der Mord geschehen. Doch Alan erfährt rechtzeitig, dass die Frau des Türken beabsichtigt, ihren Mann zu verlassen, wegen eines amerikanischen Tennislehrers, wie man ihn aus Film, Funk und Fernsehen kennt. Genau an diesem Wochenende ...
Irene Dische erzählt einen ganz gewöhnlichen Thriller, der alles aufweist, was ganz gewöhnliche Thriller aufzuweisen pflegen.
Doch "Ein Job" ist ein völlig außergewöhnlicher Thriller, weil Irene Dische ihn erzählt - mit der ihr eigenen Lakonik, mit bissigem Witz und pfeilscharfem Blick für die wundersame Welt New Yorks. Und in einer raffinierten Erzählkonstruktion, wie sie das Thriller-Genre selten erfahren hat.
Irene Dische erzählt einen ganz gewöhnlichen Thriller, der alles aufweist, was ganz gewöhnliche Thriller aufzuweisen pflegen.
Doch "Ein Job" ist ein völlig außergewöhnlicher Thriller, weil Irene Dische ihn erzählt - mit der ihr eigenen Lakonik, mit bissigem Witz und pfeilscharfem Blick für die wundersame Welt New Yorks. Und in einer raffinierten Erzählkonstruktion, wie sie das Thriller-Genre selten erfahren hat.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Geistvoll-graziös erscheint Barbara von Becker Irene Disches Geschichte über einen kurdischen Auftragskiller, der in New York menschliche Züge annimmt. Die Lakonie der Beschreibung entspricht dabei der Effektivität der Killermaschine Alan, meint Becker und staunt, dass in Disches Text auch für Süffisanz Platz ist, dann nämlich, wenn Alan New Yorker Gepflogenheiten aufs Korn nimmt. Außer durch seine hintergründige Komik besticht der Roman für Becker auch durch seine die Vielfalt und Absurdität des Lebens fassenden Sprachbilder.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.11.2000Auch kurdische Killer schmelzen in New York
Irene Disches Kriminalroman "Ein Job" / Von Martin Halter
Deutsch sein hieß einmal: eine Sache um ihrer selbst willen tun. Das Ethos pflichtbewußter, selbstloser Arbeit ist ein wenig aus der Mode gekommen; heute will man nur noch einen "großartigen Job machen". Der Jobber ist der entwurzelte, flexibilisierte Mensch schlechthin. Er mag Aushilfskellner oder Auftragskiller sein: Als Teilzeitkraft ist er von keiner Mission mehr, nur noch von jenem unpathetischem Pragmatismus beseelt, dem alles gleichgültig ist. Irene Dische ist viel und zu Recht für den neuen, lakonischen Ton gefeiert worden, mit dem sie die heißen Eisen der deutschen Geschichte anfaßte, auf Betriebstemperatur herunterkühlte und als "Fromme Lügen" entzauberte. Als Deutsch-Amerikanerin und katholisch erzogene Tochter eines jüdischen Emigranten stand sie zwischen den Welten und tat ihren Job mit unerbittlicher Unbeteiligtheit, kalt bis ans Herz.
Aber der Erfolg von "Fromme Lügen" und "Der Doktor braucht ein Heim" ließ sich nicht wiederholen; schon ihr "Fremdes Gefühl" angesichts der deutschen Wiedervereinigung befremdete viele Kritiker nur noch. Nach einigen kleineren Arbeiten, Libretti und Kinderbüchern legt sie jetzt wieder einen Roman vor. Er ist als Kriminalroman (und Drehbuch für "The Assassin's Last Killing") ausgewiesen, aber beide Genrebezeichnungen führen auf eine falsche Fährte.
Alan Korcunç ist zwar ein Auftragskiller, wie er im Buche oder vielmehr in den Annalen der Filmgeschichte steht. Jean-Pierre Melvilles "Le Samurai" ("Der eiskalte Engel") lieferte eine der Vorlagen: So wie Alain Delon seinen Job mit der Präzision des Profis und der stoischen Unberührbarkeit des Kriegers bis zur rituellen Selbstauslöschung erledigte, ist auch Alan Korkunç ein Spezialist des Mordes: wortkarg, eiskalt, nur seinem Instinkt und Herkommen gehorchend. Dische sieht in ihm freilich weniger den Profikiller als den Fremden in New York: Wie einst ihre deutschjüdischen Emigranten spricht er kein Wort Englisch, hat alle Brücken hinter sich abgebrochen und macht gleichwohl wenig Anstalten, sich der amerikanischen Leid- und Leitkultur anzupassen.
Korkunç ist Kurde, doch der Freiheitskampf seines Volkes interessiert ihn nicht. Als Kind warf er Schneebälle gegen die türkischen Soldaten, die sein Dorf terrorisierten; einer von ihnen rettete ihn aus einer Schneewehe, ohne Dank dafür zu ernten. Von seiner kurdischen Identität sind Alan nur Lieder, vage Erinnerungen und das kalte Blut des Selbsthelfers geblieben. Er macht in Istanbul Karriere als Killer; von der türkischen Polizei verhaftet und gefoltert, wird er von Fluchthelfern außer Landes geschafft, um seine Freiheitsschuld mit einer Smith & Wesson abzuzahlen. Das "Gewimmel von übereinander kletternden, namenlosen Menschen, die im Gegensatz zu mir oder dir kein korrektes Englisch sprechen", ist nicht eigentlich ein Kulturschock für ihn; schließlich haben ihn die Bilder aus Hollywood geprägt. Aber New York hält andere Kränkungen für seinen Stolz bereit: In der Türkei war Alan eine "Diva", ein Pascha, dem ein Ruf vorauseilte und alle Annehmlichkeiten der Zivilisation - Joop-Socken, Mercedes, Heimbar, willige Frauen - zu Gebote standen. Jetzt muß er sich von Kellnerinnen, Verkäuferinnen und Society-Ziegen demütigen lassen, auf Maßanzüge, handgenähte Schuhe und Maniküre verzichten und sich wie ein dahergelaufener Kümmeltürke herumkommandieren lassen. Der König der Unterwelt sieht sich zum Laufburschen degradiert.
Ein Flüchtling, der Ansprüche stellt; ein Kurde, der für ein Auto den Sieg im Befreiungskrieg hergäbe; ein knapp dem Tod entronnener Gangster, der unter der Unkultiviertheit der New Yorker leidet; ein Orientale, der in der Hauptstadt der Welt nicht so sehr menschliche Wärme als Luxus und Freiheit vermißt: Dische stellt alle Vorurteile mit feiner Ironie und einer bis aufs Skelett abgemagerten Prosa auf den Kopf und auf die Probe. Alan ist das Medium, durch das hindurch sie indirekte, fremd-befremdete Blicke von außen auf ihre Wahlheimat richtet. Er sieht wenig Erfreuliches, denn Dische läßt ihren Ressentiments und Idiosynkrasien freien Lauf. Das macht ihren Roman zu einem kulturkritischen Kaleidoskop voll treffender und weniger treffender Bemerkungen über Gott und die Welt, Fernseh- und Eßgewohnheiten, Umgangsformen und Charakterfehler der Amerikaner. Rauchen ist verboten, Sodomie verpönt; dafür duldet man Gewalt, Pornographie und Doppelmoral. Großzügigkeit und Gastfreundschaft verraten den Deppen.
Immerhin gibt Amerika jedem Fremden die Chance, sich ohne nennenswerte Einbußen in eine neue Gemeinschaft einzufügen und in Stolz und Würde zu altern. Alan freundet sich mit seiner Nachbarin Mrs. Allen an, die sich ihrem gleichsam taubstummen und blinden Gast bald unentbehrlich als Spionin und Stadtführerin, Dolmetscherin und Sprachrohr macht. Die alte Dame blüht, der eiskalte Engel taut auf, sein Job erledigt sich wie von selbst. Er hat den Auftrag, die Familie eines türkischen Geschäftsmannes und berüchtigten Kurdenfressers zu töten. Nicht, daß Korkunç Skrupel hätte; aber wozu noch eine Frau erschießen, die ihren Mann gerade für einen jämmerlichen Sportwagenfahrer verlassen will?
Die als Kriminalroman getarnte Parabel vom Fremdsein unter Fremden kippt ins Märchen um: Alan bricht gen Westen auf und baut sich als Rancher und All American Daddy eine neue Existenz auf. Der Killer aus dem wilden Kurdistan, der in Amerika die für seinen Job so unerläßliche Kaltblütigkeit und ruhige Selbstgewißheit einbüßte, hat plötzlich keine Mühe mehr, sich in einer Gesellschaft zurechtzufinden, die ihren Mitgliedern freie Hand bei ihrem Streben nach Glück gibt; so wird der Spion, der aus der Kälte kam, im Schmelztiegel weichgekocht und opfert seine düstere Vergangenheit auf dem Altar der Zukunft.
Nicht nur dieses höhnische Happy-End enttäuscht alle Erwartungen an das Genre. Dische setzt immer wieder die Logik des Kriminalromans außer Kraft, um ihren eigenen Plot zu erzählen. Oft fehlt ihr dabei die glückliche und ruhige Hand, die dieser Job zwingend erfordert. Manches wirkt beliebig, absichtsvoll cool, mutwillig verspielt, und nicht alle Schwächen gehen aufs Konto der wenig überzeugenden Übersetzung. Daß die Autorin uns im Türkischen jenen Sprach- und Landeskundeunterricht gibt, den ihr Held umgekehrt so standhaft verweigert, nähmen wir gerne hin. Aber in ihrem Vergnügen, alle Vorurteile spielerisch zu unterlaufen, überbietet sie sie durch den exzessiven Einsatz von Klischees sowohl des Gangstermelodrams wie des kurdischen Machos. Mem Alan, der König der Kurden, ist nicht nur Rassist, Potenz- und Waffenfetischist; er macht seine ersten sexuellen Erfahrungen mit Ziegen und Eseln, zündet seine Streichhölzer gern an seinem allzeit strammstehenden "kir" an und summt beim Schießen "Freude, schöner Götterfunken".
Vor allem aber pflegt er seinen Schnurrbart mit einer bei uns längst verkümmerten Hingabe. Dem Buch ist eine alte Werbeanzeige für "Selfadhesive Stylish Mustaches" beigegeben: Da gibt es das glamourös ausladende Sonntagsmodell "The Hollywood", das erigierte Montagsbärtchen "The Hero" oder den hängenden "Sheriff" für den Freitag. Am Ende ist der Bart ab. Die leere Stelle über der Oberlippe ist noch die geringste Irritation, die Irene Dische dem abendländischen Hochmut zumutet. Sie macht ihren Job gut, nämlich sarkastisch und kalt. Aber dem Mann, dem seine Identität so lose anhaftet wie ein selbstklebendes Bärtchen, hätte es gut zu Gesicht gestanden, wenn seine Männlichkeit mehr als nur eine Maskerade der Autorin gewesen wäre.
Irene Dische: "Ein Job". Kriminalroman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Mickey Gondswaard. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2000. 169 S., geb., 29,90 DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Irene Disches Kriminalroman "Ein Job" / Von Martin Halter
Deutsch sein hieß einmal: eine Sache um ihrer selbst willen tun. Das Ethos pflichtbewußter, selbstloser Arbeit ist ein wenig aus der Mode gekommen; heute will man nur noch einen "großartigen Job machen". Der Jobber ist der entwurzelte, flexibilisierte Mensch schlechthin. Er mag Aushilfskellner oder Auftragskiller sein: Als Teilzeitkraft ist er von keiner Mission mehr, nur noch von jenem unpathetischem Pragmatismus beseelt, dem alles gleichgültig ist. Irene Dische ist viel und zu Recht für den neuen, lakonischen Ton gefeiert worden, mit dem sie die heißen Eisen der deutschen Geschichte anfaßte, auf Betriebstemperatur herunterkühlte und als "Fromme Lügen" entzauberte. Als Deutsch-Amerikanerin und katholisch erzogene Tochter eines jüdischen Emigranten stand sie zwischen den Welten und tat ihren Job mit unerbittlicher Unbeteiligtheit, kalt bis ans Herz.
Aber der Erfolg von "Fromme Lügen" und "Der Doktor braucht ein Heim" ließ sich nicht wiederholen; schon ihr "Fremdes Gefühl" angesichts der deutschen Wiedervereinigung befremdete viele Kritiker nur noch. Nach einigen kleineren Arbeiten, Libretti und Kinderbüchern legt sie jetzt wieder einen Roman vor. Er ist als Kriminalroman (und Drehbuch für "The Assassin's Last Killing") ausgewiesen, aber beide Genrebezeichnungen führen auf eine falsche Fährte.
Alan Korcunç ist zwar ein Auftragskiller, wie er im Buche oder vielmehr in den Annalen der Filmgeschichte steht. Jean-Pierre Melvilles "Le Samurai" ("Der eiskalte Engel") lieferte eine der Vorlagen: So wie Alain Delon seinen Job mit der Präzision des Profis und der stoischen Unberührbarkeit des Kriegers bis zur rituellen Selbstauslöschung erledigte, ist auch Alan Korkunç ein Spezialist des Mordes: wortkarg, eiskalt, nur seinem Instinkt und Herkommen gehorchend. Dische sieht in ihm freilich weniger den Profikiller als den Fremden in New York: Wie einst ihre deutschjüdischen Emigranten spricht er kein Wort Englisch, hat alle Brücken hinter sich abgebrochen und macht gleichwohl wenig Anstalten, sich der amerikanischen Leid- und Leitkultur anzupassen.
Korkunç ist Kurde, doch der Freiheitskampf seines Volkes interessiert ihn nicht. Als Kind warf er Schneebälle gegen die türkischen Soldaten, die sein Dorf terrorisierten; einer von ihnen rettete ihn aus einer Schneewehe, ohne Dank dafür zu ernten. Von seiner kurdischen Identität sind Alan nur Lieder, vage Erinnerungen und das kalte Blut des Selbsthelfers geblieben. Er macht in Istanbul Karriere als Killer; von der türkischen Polizei verhaftet und gefoltert, wird er von Fluchthelfern außer Landes geschafft, um seine Freiheitsschuld mit einer Smith & Wesson abzuzahlen. Das "Gewimmel von übereinander kletternden, namenlosen Menschen, die im Gegensatz zu mir oder dir kein korrektes Englisch sprechen", ist nicht eigentlich ein Kulturschock für ihn; schließlich haben ihn die Bilder aus Hollywood geprägt. Aber New York hält andere Kränkungen für seinen Stolz bereit: In der Türkei war Alan eine "Diva", ein Pascha, dem ein Ruf vorauseilte und alle Annehmlichkeiten der Zivilisation - Joop-Socken, Mercedes, Heimbar, willige Frauen - zu Gebote standen. Jetzt muß er sich von Kellnerinnen, Verkäuferinnen und Society-Ziegen demütigen lassen, auf Maßanzüge, handgenähte Schuhe und Maniküre verzichten und sich wie ein dahergelaufener Kümmeltürke herumkommandieren lassen. Der König der Unterwelt sieht sich zum Laufburschen degradiert.
Ein Flüchtling, der Ansprüche stellt; ein Kurde, der für ein Auto den Sieg im Befreiungskrieg hergäbe; ein knapp dem Tod entronnener Gangster, der unter der Unkultiviertheit der New Yorker leidet; ein Orientale, der in der Hauptstadt der Welt nicht so sehr menschliche Wärme als Luxus und Freiheit vermißt: Dische stellt alle Vorurteile mit feiner Ironie und einer bis aufs Skelett abgemagerten Prosa auf den Kopf und auf die Probe. Alan ist das Medium, durch das hindurch sie indirekte, fremd-befremdete Blicke von außen auf ihre Wahlheimat richtet. Er sieht wenig Erfreuliches, denn Dische läßt ihren Ressentiments und Idiosynkrasien freien Lauf. Das macht ihren Roman zu einem kulturkritischen Kaleidoskop voll treffender und weniger treffender Bemerkungen über Gott und die Welt, Fernseh- und Eßgewohnheiten, Umgangsformen und Charakterfehler der Amerikaner. Rauchen ist verboten, Sodomie verpönt; dafür duldet man Gewalt, Pornographie und Doppelmoral. Großzügigkeit und Gastfreundschaft verraten den Deppen.
Immerhin gibt Amerika jedem Fremden die Chance, sich ohne nennenswerte Einbußen in eine neue Gemeinschaft einzufügen und in Stolz und Würde zu altern. Alan freundet sich mit seiner Nachbarin Mrs. Allen an, die sich ihrem gleichsam taubstummen und blinden Gast bald unentbehrlich als Spionin und Stadtführerin, Dolmetscherin und Sprachrohr macht. Die alte Dame blüht, der eiskalte Engel taut auf, sein Job erledigt sich wie von selbst. Er hat den Auftrag, die Familie eines türkischen Geschäftsmannes und berüchtigten Kurdenfressers zu töten. Nicht, daß Korkunç Skrupel hätte; aber wozu noch eine Frau erschießen, die ihren Mann gerade für einen jämmerlichen Sportwagenfahrer verlassen will?
Die als Kriminalroman getarnte Parabel vom Fremdsein unter Fremden kippt ins Märchen um: Alan bricht gen Westen auf und baut sich als Rancher und All American Daddy eine neue Existenz auf. Der Killer aus dem wilden Kurdistan, der in Amerika die für seinen Job so unerläßliche Kaltblütigkeit und ruhige Selbstgewißheit einbüßte, hat plötzlich keine Mühe mehr, sich in einer Gesellschaft zurechtzufinden, die ihren Mitgliedern freie Hand bei ihrem Streben nach Glück gibt; so wird der Spion, der aus der Kälte kam, im Schmelztiegel weichgekocht und opfert seine düstere Vergangenheit auf dem Altar der Zukunft.
Nicht nur dieses höhnische Happy-End enttäuscht alle Erwartungen an das Genre. Dische setzt immer wieder die Logik des Kriminalromans außer Kraft, um ihren eigenen Plot zu erzählen. Oft fehlt ihr dabei die glückliche und ruhige Hand, die dieser Job zwingend erfordert. Manches wirkt beliebig, absichtsvoll cool, mutwillig verspielt, und nicht alle Schwächen gehen aufs Konto der wenig überzeugenden Übersetzung. Daß die Autorin uns im Türkischen jenen Sprach- und Landeskundeunterricht gibt, den ihr Held umgekehrt so standhaft verweigert, nähmen wir gerne hin. Aber in ihrem Vergnügen, alle Vorurteile spielerisch zu unterlaufen, überbietet sie sie durch den exzessiven Einsatz von Klischees sowohl des Gangstermelodrams wie des kurdischen Machos. Mem Alan, der König der Kurden, ist nicht nur Rassist, Potenz- und Waffenfetischist; er macht seine ersten sexuellen Erfahrungen mit Ziegen und Eseln, zündet seine Streichhölzer gern an seinem allzeit strammstehenden "kir" an und summt beim Schießen "Freude, schöner Götterfunken".
Vor allem aber pflegt er seinen Schnurrbart mit einer bei uns längst verkümmerten Hingabe. Dem Buch ist eine alte Werbeanzeige für "Selfadhesive Stylish Mustaches" beigegeben: Da gibt es das glamourös ausladende Sonntagsmodell "The Hollywood", das erigierte Montagsbärtchen "The Hero" oder den hängenden "Sheriff" für den Freitag. Am Ende ist der Bart ab. Die leere Stelle über der Oberlippe ist noch die geringste Irritation, die Irene Dische dem abendländischen Hochmut zumutet. Sie macht ihren Job gut, nämlich sarkastisch und kalt. Aber dem Mann, dem seine Identität so lose anhaftet wie ein selbstklebendes Bärtchen, hätte es gut zu Gesicht gestanden, wenn seine Männlichkeit mehr als nur eine Maskerade der Autorin gewesen wäre.
Irene Dische: "Ein Job". Kriminalroman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Mickey Gondswaard. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2000. 169 S., geb., 29,90 DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Irene Dische lässt sich nicht festlegen. Das irritiert viele, die gerne lesen, was sie erwarten. Einen Kriminalroman verspricht sie, hält sie und liefert dazu eine bissige Komödie, den ethnologischen Bericht eines Kurden über seltsame amerikanische Sitten und Bräuche, ein neues Märchen aus der Schwarzen Serie. Unverhohlenes Lesevergnügen ist der Lohn." Die Zeit
"Ein Buch wie ein Revolver - eine staubtrockene Persiflage auf die Krimis der Schwarzen Serie. Voll beißender Komik entrollt Dische einen irrwitzigen Plot ... Ein kleiner, feiner Roman, ein aberwitziges Kabinettstückchen." Peter Henning in 'Spiegel Reporter'
"'Ein Job' ist eine poetische, komische Geschichte über die Fremdheit in der Welt und die Veränderbarkeit des Lebens. Man kann das Buch aber auch als sublimen Beitrag zum türkisch-kurdischen Verhältnis in der Diaspora lesen oder als Sieg des Guten über das Böse. Das klingt zwar kitschig, ist es aber nicht, weil Dische nie den lakonischen Ton und ihren bissigen Witz verliert und so leichthändig erzählt, als wolle sie nur ein kleines Kunststück vorführen." Jörg Magenau im 'Handelsblatt'
"Ein ungewöhnlicher Thriller - versiert spielt Irene Dische mit den stilistischen Versatzstücken und Klischees des Genres sowie den Erwartungen ihrer Leser ... Alan Korkunç ist ein Mike Hammer mit Ladehemmung. Das hat Witz und Verve, ist sprachlich so wunderbar lakonisch wie die besten Kriminalromane der amerikanischen Hard-boiled-Schule - und bleibt spannend bis zum überraschenden Schluss. Irene Dische hat einen verdammt guten Job gemacht." Volker Albers im 'Hamburger Abendblatt'
"Ein Buch wie ein Revolver - eine staubtrockene Persiflage auf die Krimis der Schwarzen Serie. Voll beißender Komik entrollt Dische einen irrwitzigen Plot ... Ein kleiner, feiner Roman, ein aberwitziges Kabinettstückchen." Peter Henning in 'Spiegel Reporter'
"'Ein Job' ist eine poetische, komische Geschichte über die Fremdheit in der Welt und die Veränderbarkeit des Lebens. Man kann das Buch aber auch als sublimen Beitrag zum türkisch-kurdischen Verhältnis in der Diaspora lesen oder als Sieg des Guten über das Böse. Das klingt zwar kitschig, ist es aber nicht, weil Dische nie den lakonischen Ton und ihren bissigen Witz verliert und so leichthändig erzählt, als wolle sie nur ein kleines Kunststück vorführen." Jörg Magenau im 'Handelsblatt'
"Ein ungewöhnlicher Thriller - versiert spielt Irene Dische mit den stilistischen Versatzstücken und Klischees des Genres sowie den Erwartungen ihrer Leser ... Alan Korkunç ist ein Mike Hammer mit Ladehemmung. Das hat Witz und Verve, ist sprachlich so wunderbar lakonisch wie die besten Kriminalromane der amerikanischen Hard-boiled-Schule - und bleibt spannend bis zum überraschenden Schluss. Irene Dische hat einen verdammt guten Job gemacht." Volker Albers im 'Hamburger Abendblatt'