„Ein Kuss ist ein ferner Stern“ handelt von August, der offensichtlich an einer Form des Autismus leidet, ich vermute, dem Asperger-Syndrom. Der Autor Rösler benennt dies zwar nicht ein einziges Mal direkt im Buch, jedoch ist von meinem Psychologie-Studium dann doch soviel hängengeblieben, dass ich
diese Diagnose wage... :)
Dieses Syndrom ist vor allem durch eine wenig ausgeprägte soziale…mehr„Ein Kuss ist ein ferner Stern“ handelt von August, der offensichtlich an einer Form des Autismus leidet, ich vermute, dem Asperger-Syndrom. Der Autor Rösler benennt dies zwar nicht ein einziges Mal direkt im Buch, jedoch ist von meinem Psychologie-Studium dann doch soviel hängengeblieben, dass ich diese Diagnose wage... :)
Dieses Syndrom ist vor allem durch eine wenig ausgeprägte soziale Interaktion und Kommunikation sowie durch recht einseitige Interessen und Aktivitäten gekennzeichnet. Und genau so ist August. Er kann Menschen nicht in die Augen sehen, mag Berührungen nicht, versteht manche Andeutungen und versteckte Ironien nicht.
„Meine Gefühle sind oft durcheinander und ich kann sie schlecht in Worte fassen und an den richtigen Stellen zeigen oder verstecken. Bei mir ist oft die Nebensache die Hauptsache.“ (S.133)
Er ist Bassist in einer Band, zusammen mit seinem „Freund“ Rudi (so könnte man ihn wohl nennen); er weiß jede Menge, was auch daran liegt, dass er sich alles merken kann. August neigt dazu, alles zu analysieren und selbst zu den alltäglichsten Sachen wissenschaftliche Erklärungen hinzuzufügen. So weiß er mathematische Formeln aus dem Kopf und kann ohne weiteres Zentrifugalkraft erklären. Und er hat ein Auge für Details.
„...und es riecht etwas nach Kirsche, nicht nach Kunstkirsche im Joghurt, sondern ganz leicht nach echter, aufgeplatzter Süßkirsche nach einem Sommerregen, der osmotisch die Kirsche sprengt, die ich gerne esse.“ (S.131)
Er ist ein unglaublich liebenswerter ehrlicher Typ, der sein Leben so mag, wie es ist - nicht zuletzt, weil er es anders nicht kennt. Und dann lernt er eines Tages Freya kennen. Plötzlich geht sie ihm nicht mehr aus dem Kopf, und noch viel interessanter: er will gar nicht aufhören an sie zu denken. Während er sonst alle zwanghaften Gedanken einfach mit einem „Cut“ zum Stillstand bringt, gelingt dies bei Freya nicht ohne weiteres. Er erzählt Rudi von der ganzen Begegnung und Rudi... nun, der weiß, was zu tun ist.
Dieses Buch ist eine Perle! Eine wunderschöne liebevoll geschriebene Geschichte über die Liebe und das Anderssein, und wie man beides unter einen Hut kriegt. Ich hab die Seiten verschlungen, was nicht zuletzt auch an der interessanten Erzählweise lag. Denn die Geschichte von August und Freya wird zum einen abwechselnd von beiden erzählt. Dann übernimmt jedoch auch Rudi noch einen gewissen Teil der Erzählung und bringt beide Erzählstränge immer wieder zusammen. Letztlich war es auch Rudi, den ich am unterhaltsamsten und am sympathischsten in dieser Geschichte fand.
„Ein Kuss ist ein ferner Stern“ sticht irgendwie ein wenig aus der Büchermasse heraus, und das finde ich wunderbar. Dieses sensible Thema Autismus wurde hier zwar unterhaltsam, teilweise sogar lustig verarbeitet, jedoch hatte ich zu keinem Moment das Gefühl der Lächerlichkeit oder Übertriebenheit. Das mag natürlich auch am Gespür des Autors liegen, soviel ich weiß, ist er Mediziner. Und auch die Beziehung zwischen Freya und August ist so leicht und feinfühlig geschildert, dass sie tatsächlich glaubhaft rüber kommt.
Zu guter Letzt noch eine kleine Weisheit von August - ein Satz, in dem ich mich selbst so sehr wieder gefunden habe (was, nebenbei gesagt, bei vielen seiner Sätze der Fall war):
„Ich habe nichts gegen Stille, sie ist nach Musik das Zweitbeste.“ (S.132)
Fazit:
Ein wunderbares Buch, das mich voll überzeugt hat. 5 von 5 Sternen.