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Ein Zwerg aus Gummi ist der Held - ja sogar der Autor - dieses Buches. Sein Geheimnis ist, daß er, wenn kein Mensch ihn anschaut, lebt. Sich bewegen kann, denken, fühlen. Er begleitet Uti - jenen Jungen, der ihn mit seinem liebenden Blick erst lebendig gemacht hat - durchs Leben (Utis Leben), lebt sein Zwergenleben, während der Junge erwachsen wird und ein Mann, ein fast schon alter Mann.

Produktbeschreibung
Ein Zwerg aus Gummi ist der Held - ja sogar der Autor - dieses Buches. Sein Geheimnis ist, daß er, wenn kein Mensch ihn anschaut, lebt. Sich bewegen kann, denken, fühlen. Er begleitet Uti - jenen Jungen, der ihn mit seinem liebenden Blick erst lebendig gemacht hat - durchs Leben (Utis Leben), lebt sein Zwergenleben, während der Junge erwachsen wird und ein Mann, ein fast schon alter Mann.
Autorenporträt
Urs Widmer, geb. 1938 in Basel, studierte Germanistik, Romanistik und Geschichte in Basel, Montpellier und Paris. 1966 promovierte er mit einer Arbeit über die deutsche Nachkriegsprosa. Danach arbeitete er als Verlagslektor im Walter Verlag, Olten, und im Suhrkamp Verlag, Frankfurt. Urs Widmer lebte und arbeitete als Schriftsteller in Zürich. Er war verheiratet und hatte eine Tochter. 2007 erhielt Urs Widmer den "Friedrich-Hölderlin-Preis" der deutschen Stadt Bad Homburg und 2013 den "Jakob Wassermann Preis". Der Autor verstarb im April 2014.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.04.2006

Sei kein Zwerg
Urs Widmer erzählt aus der skurrilen Welt der Wichtel

Ich erzähle lieber eine gute Geschichte als eine schlechte", sagt der Grünsepp, "ich kann nicht anders." Grünsepp ist einer der Zwerge in Urs Widmers Buch. Als Ich-Erzähler tritt der acht Zentimeter große "Vigolette alt" in Erscheinung - er steht schon am längsten auf dem Regal. "Vor meinen Augen und dennoch hinter meinem Rücken", behauptet der Schriftsteller auf dem Umschlag, hat Vigolette "Ein Leben als Zwerg" geschrieben, "und ich werde den Teufel tun, auch nur ein einziges Komma daran zu ändern." Was dem Leser sonst noch mitgeteilt wird: Der Schweizer Schriftsteller und seine Schwester spielten mit Gummizwergen - im Roman werden die Kinder, denen sie gehören, von den Wichteln Uti und Nana genannt. Das Haus, unter dessen Dach die Wesen ihre nicht immer konfliktfreie Koexistenz führen, ist Lesern früherer - autobiographischer - Werke von Urs "Uti" Widmer bekannt. Eines Tages trieb hier ein richtiger Fenek sein Unwesen. Papi brüllte, der Wüstenfuchs heulte - auf der Verfolgungsjagd zerschlug der Vater nicht nur Geschirr. "Uti weinte, Nana auch. Mami saß starr und biß in ihre Finger. Grünsepp, in Nanas Faust, glotzte blöd." Sogar das Aquarium war umgestürzt.

Eines anderen Tages ging bei einem Wettschwimmen, das Uti und Nana mit ihren Zwergen in einem Bach veranstalten, der Grünsepp verloren - die Strömung war zu stark und riß ihn mit. Seine Odyssee wird wortgewandt beschrieben. Der Schriftsteller tritt keineswegs nur als Kind in Erscheinung. "Uti, das war ein nick-name, den sich der größer werdende Bub später verbat." Der Zwerg Vigolette aber nennt auch noch den berühmten Urs Widmer hartnäckig stets Uti - diese Freiheit nimmt er sich heraus - und sieht, wie der Autor die Blätter aus der Maschine reißt und wegwirft. Er beobachtet seinen Besitzer und nimmt an dessen Schriftstellerexistenz teil, die er aus ureigener Perspektive erzählt. Manchmal, wenn Ordnung herrscht, vom Büchergestell herab. Dann wieder aus einer Augenhöhe von acht Zentimetern über dem Parkett. Stets hält er ein wachsames Auge auf Uti und entpuppt sich als guter Zwerg des Dichters.

Gemeinsam wird man älter. Während die Lichtung in der "Putzwolle" auf dem Manneshaupt immer größer wird, bekundet der Wicht Probleme mit der Hitze, zumal, wenn er in Nähe der Heizung aufgestellt wird. "Zwerge haben keinen Gott", klagt Vigolette einmal, ihr irdisches Schicksal jedenfalls ist das Zerbröseln. Mit bangen Worten verabschiedet sich zunächst der Grünsepp: "Wir werden uns nicht mehr sehen?" Trotzig maulen die Zwerge: "Uti, an den denken wir schon lange nicht mehr. Aus. Schluß. Fertig." Am Ende weiß man nicht genau, ob es eine gute oder eine böse Geschichte war. Das mag mit ihrer metaphysischen Überhöhung zu tun haben, die auch gebietet, die Erzählung nicht einfach als witzig, skurril, harmlos zu loben. In einem letzten Perspektivwechsel beschreibt Vigolette, wie er über den Hallenboden geht und in den Augen der anderen zum "kleinen Punkt" wird. Er verschwindet - aus dem Leben, aus dem Buch - in einer Türe, "durch die auch Grünsepp gegangen war". Was ihn dahinter erwartete, wissen Zwerge sowenig wie Menschen.

Urs Widmer: "Ein Leben als Zwerg". Erzählung. Diogenes Verlag, Zürich 2006. 177 S., geb., 16,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Leseeindrücke von Rezensent Jürg Altwegg klingen etwas unübersichtlich. Es geht, wie man seiner Inhaltsskizze entnehmen kann, um eine bis ins Erwachsenenleben weitergesponnene Kindheitsfantasie Urs Widmers, die sich aus dem Spiel des Autors und seiner Schwester mit zwei Wichteln ergibt. Am Ende der skurrilen Geschichte von Uti und Nana und den dazugehörigen Grünsepps beziehungsweise Gummizwergen weiß der Rezensent nicht so genau, ob das nun "eine gute oder böse Geschichte war". Das mag, vermutet er, mit ihrer "metaphysischen Überhöhung" zu tun haben, weshalb er Widmers Geschichte auch nicht einfach als harmlos lustig loben kann, sondern am Ende etwas ratlos bleibt.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Die Welt des Schweizer Schriftstellers Urs Widmer war voller absurder Komik und bizarrer Weltuntergänge.« Michael Krüger / Die Zeit, Hamburg Michael Krüger / Die Zeit Die Zeit