1946: Die Brüder Jack, George und Fox (eigentlich Harry) kehren nach dem Krieg zu ihrem Familienanwesen Hartgrove Hall zurück. Das sieht genau so aus, wie sie sich fühlen – wie Invaliden. Sie sind pleite, es gibt nichts mehr, was sie zu Geld machen könnten. Die Gemälde und anderen Kunstgegenstände
sind längst alle verkauft. Also versuchen sie jeweils auf ihre Art, das Anwesen zu retten. Jack nimmt…mehr1946: Die Brüder Jack, George und Fox (eigentlich Harry) kehren nach dem Krieg zu ihrem Familienanwesen Hartgrove Hall zurück. Das sieht genau so aus, wie sie sich fühlen – wie Invaliden. Sie sind pleite, es gibt nichts mehr, was sie zu Geld machen könnten. Die Gemälde und anderen Kunstgegenstände sind längst alle verkauft. Also versuchen sie jeweils auf ihre Art, das Anwesen zu retten. Jack nimmt Geld von seiner Freundin, der berühmten Sängerin Edie, George besinnt sich auf die Landwirtschaft und Fox will mit dem Komponieren Geld verdienen. Er ist geradezu besessen von Musik, hat das absolute Gehör. Und er ist verliebt in Jacks Freundin Edie – das Drama ist also vorprogrammiert.
2000: Fox, inzwischen ein berühmter Komponist, kann seit dem Tod seiner Frau vor kurzem nicht mehr komponieren oder Klavier spielen. Sie war seine bessere, ihn ergänzende Hälfte. Wie soll er nach 50 Jahren mit ihr jetzt ohne sie weiterleben? „Ich verweilte am Rand der Dinge, ein Beobachter, dem es nicht mehr gelang, an irgendeinem Gespräch richtig teilzunehmen.“
Sein einziger Lichtblick ist sein 4jähriger Enkel Robin, der sein musikalisches Talent geerbt hat. Robin versteht und fühlt die Musik genau wie er - als wären sie 2 getrennte Seelen. Nur mit ihm fühlt sich Fox nicht mehr einsam. Aber Robin ist kein einfacher Charakter. Ist er „nur“ ein Wunderkind oder hat er eine psychische Störung?
Fox Leben ist gezeichnet von der Suche – jetzt nach den langsam verblassenden Erinnerungen an seine Frau, früher nach Erinnerungen an seine früh verstorbene Mutter und die Gemeinsamkeiten mit ihr. Und immer wieder sucht er nach fast vergessenen Melodien, um sie zu erhalten.
Seine Brüder sind extrem verschieden. George ist durch den Krieg noch ruhiger und introvertierter geworden, lebt nur für das Anwesen.
Jack, der Älteste, ist eine Erscheinung. Die Frauen liegen ihm zu Füßen. Er ist der geborene Macher und Anführer. Es ist für die Brüder also nur natürlich, dass sich die berühmte Edie Rose für ihn entschieden hat.
Aber Edie ist eine Kunstfigur, nur selten gibt sie etwas von ihrem Innersten preis. Sie mag Fox sehr, „entblättert“ sich im Laufe der Jahre für ihn, erzählt Fragmente ihrer Herkunft, ihren wahren Namen.
„Ein letztes Lied für Dich“ spielt auf zwei Zeitebenen und besticht durch seine sehr dichte Handlung. Alles ist miteinander verwoben. In Rückblicken werden immer nur Bruchstücke der Vergangenheit preisgegeben, dadurch bleibt es extrem spannend.
Ich habe das Schicksal von Fox und seiner Familie sehr gern verfolgt. Die Protagonisten haben Ecken und Kanten, sind keine Heiligen und wirken deshalb so lebensecht, dass es sich durchaus auch um eine Biographie handeln könnte. Ich liebe solche Familiensagas vor realen zeitlichen Hintergründen. Die Entwicklung des englischen Adels nach dem zweiten Weltkrieg, ihr Überlebenskampf wird hier sehr gut widergegeben.
Doch das Buch hat mich sehr zwiespältig zurückgelassen. Es ist ergreifend, einerseits träge wie ein lauer Sommerabend, dann wieder schnell wie ein Gebirgsfluss. Freud und Leid liegen sehr eng beieinander. Aber am Ende bleiben für mich zwei wichtige Fragen offen.