Skandale als literarische Spielform mit der Öffentlichkeit gehören zum ästhetischen Repertoire der Moderne und der inszenierte Tabubruch ist Teil der entsprechenden Poetiken. Als Tabubruch ist auch Martin Walsers Roman Tod eines Kritikers rezipiert worden, was der fragwürdigen Reduktion literarischer Komplexität auf das Schlagwort Antisemitismus geschuldet ist: hier haben auf schnelle Meinungsproduktion getrimmte Journalisten übereilt ihr Urteil gefällt. Der wissenschaftliche Blick entschleunigt nachträglich die Problemwahrnehmung in der gesellschaftspolitisch brisanten Debatte.