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Während in Europa in den letzten 20 Jahren intensiv um den Einfluss des "More Economic Approach" gerungen wurde, hat sich in den USA mit "Behavioral Antitrust" ein neuer verhaltensökonomischer Wettbewerbsansatz hervorgetan. Dieser geht bei der wettbewerbsrechtlichen Analyse nur noch von beschränkt rationalen, willensstarken und eigeninteressierten Marktakteuren aus. Die verhaltensökonomische Analyse des Wettbewerbsrechts kann als Basis für einen wiederum neuen Wettbewerbsansatz gesehen werden: dem "More Realistic Approach". Dieser Ansatz will die Wettbewerbspolitik soweit wie möglich von den…mehr

Produktbeschreibung
Während in Europa in den letzten 20 Jahren intensiv um den Einfluss des "More Economic Approach" gerungen wurde, hat sich in den USA mit "Behavioral Antitrust" ein neuer verhaltensökonomischer Wettbewerbsansatz hervorgetan. Dieser geht bei der wettbewerbsrechtlichen Analyse nur noch von beschränkt rationalen, willensstarken und eigeninteressierten Marktakteuren aus. Die verhaltensökonomische Analyse des Wettbewerbsrechts kann als Basis für einen wiederum neuen Wettbewerbsansatz gesehen werden: dem "More Realistic Approach". Dieser Ansatz will die Wettbewerbspolitik soweit wie möglich von den unrealistischen, theoretischen Annahmen befreien und mit empirisch erhärteten Fakten unterfüttern: Die Wettbewerbspolitik soll sich am realen Verhalten und den realen Zielen der Marktakteure orientieren, und damit der wettbewerbsrechtlichen Analyse realistischere Modelle zugrunde legen. Martin Meier geht dabei der grundlegenden Frage nach, wo die Möglichkeiten und Grenzen der verhaltensökonomischen Analyse des Wettbewerbs liegen.
Autorenporträt
Geboren 1991; Studium Rechtswissenschaft an der Universität Luzern; Postgraduales Studium LL.M. an der Universität Frankfurt/Main; Wissenschaftlicher Assistent und Doktorand an der Universität Luzern; 2021 Promotion; Lehrbeauftragter an der Universität Luzern.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.05.2022

Fakten über Theorie
Wie sich das Wettbewerbsrecht ändert

Beim "More Realistic Approach" geht es darum, das Wettbewerbsrecht von unrealistischen Modellannahmen zu befreien und mit empirisch erhärteten Fakten zu untermauern. Fakten sollen mehr gelten als Theorien. Eine solche Umorientierung hat praktische Folgen. Erinnern wir uns an die Unternehmensstrategie des Betreibers einer Suchmaschine, der seinen eigenen Online-Preisvergleichsdienst bei den Ergebnislisten privilegiert hatte. Dies führte in der Praxis zu einer Herabstufung konkurrierender Dienste. War das ein Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung? Je nach favorisiertem Modell des Wettbewerbsrechts variiert die Bewertung. Findet man die dynamische Effizienz wichtiger, lässt sich der Missbrauch verneinen. Das Verbot der Privilegierung würde nämlich die Innovationsanreize des Betreibers der Suchmaschine schmälern. Erfolgt die Beurteilung ausschließlich auf Grundlage des Fairnesskriteriums, ist ein Missbrauch zu bejahen. Aus dem Fairnesskriterium lässt sich eine Pflicht des marktbeherrschenden Unternehmens ableiten, knappe Leistungen in einem nachvollziehbaren Verfahren abzugeben. Unfair wäre es daher, wenn das Unternehmen seinen Suchmaschinenalgorithmus weder offenlegt noch auf seine eigenen Dienste anwendet.

In seiner beeindruckenden Studie plädiert der Jurist Martin Meier dafür, den Zielkonflikt "pragmatisch aufzulösen". Grundsätzlich sei dynamische Effizienz wichtiger, außer, wenn eine Handlung offensichtlich und in deutlicher Weise dem Fairnessgedanken zuwiderläuft. Dieser Ansatz zeigt Meiers juristisches Denken, das er in die ökonomische Analyse implementiert.

Die EU-Kommission hat den oben angesprochenen Fall 2017 abgeschlossen und das Unternehmen verpflichtet, seine Algorithmen auch auf eigene Angebote anzuwenden. Eine Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen war zwar nicht gefordert worden, trotzdem ist die Entscheidung rigoroser als das Verhalten der Behörden in den USA. Von einem Paradigmenwechsel möchte Meier indes nicht sprechen. In der digitalen Wirtschaft kann der "More Realistic Approach" den "More Economic Approach" zwar unterstützen, aber nicht ersetzen. Das liegt auch daran, dass der "More Realistic Approach" noch auf wackligem empirischen Fundament steht. JOCHEN ZENTHÖFER

Martin Meier: Ein "More Realistic Approach?", Mohr Siebeck, Tübingen 2021, 440 Seiten, 94 Euro. (Auch Open Access auf der Verlagswebseite.)

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