Marta Karlweis' 1929 erstmals erschienener Roman entlarvt auf psychologisch raffinierte Weise die Heuchelei und moralische Doppelbödigkeit der herrschenden Schichten zur Zeit der ausgehenden Habsburgermonarchie: Der wohlhabende Wiener Baron Erwein von Raidt ist ein Frauenheld, wie er im Buche steht. Sein Verhältnis mit der schönen Witwe Löwenstein lässt er schnell fallen, als er ihrer bezaubernden 21-jährigen Tochter Cecile begegnet. Nachdem diese schwanger wird, bricht er auf der Stelle den Kontakt zu ihr ab. Um sich selbst zu schützen, verkuppelt er sie mit einem nichtsahnenden deutschen Industriellen. Als die junge Cecile endlich den wahren Charakter Erwein von Raidts durchschaut, ist sie bereits unheilbar krank. Für den einstigen skrupellosen Frauenhelden und Bonvivant vergehen die Jahre weiter mit Liebesabenteuern, Verführungen und Eroberungen - bis ihn schließlich seine letzte Geliebte verwandelt und zu ihrem hörigen Sklaven macht. "Erzählt wird darin scharfsinnig und spitzzüngig ein Reigen der Lieblosigkeiten vor dem Hintergrund der letzten Jahrzehnte der Habsburgermonarchie. Dieser Abgesang auf die gar nicht so gute alte Zeit erinnert ein wenig an Joseph Roth, mehr aber noch an den gegen Nostalgie resistenteren Ödön von Horváth. Kunstvoll verwoben hat die Autorin in diesem Sittenbild jede Menge bitterböse Geschichten aus der Wienerstadt."- Franz Haas, Der Standard"Es ist ein Abgesang auf die vermeintlich heile Welt von gestern, den Marta Karlweis hier anstimmt - ein glänzend geschriebener, bitterböser Roman, der die Wiederentdeckung der Autorin und ihres Werks befeuern sollte."- Michael Omasta, Der Falter"Marta Karlweis ist nach Maria Lazar die zweite Autorin, die man dank des Verlags 'Das vergessene Buch' wiederentdecken kann. [...] eine rontgenscharfe Charakterstudie" - Florian Welle, Süddeutsche Zeitung
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.01.2016NEUE TASCHENBÜCHER
Müllhaufen
der Monarchie
Marta Karlweis ist nach Maria
Lazar die zweite Autorin, die man dank des Verlags „Das vergessene Buch“ wiederentdecken kann. Beide waren in den Zwanzigerjahren renommiert, Karlweis (1889 – 1965) war zudem die zweite Frau von Jakob Wassermann. Von den Nazis ins Exil getrieben, wurde ihr nach dem Krieg keine Beachtung mehr zuteil. Ihre letzten Jahrzehnte verbrachte sie als Psychoanalytikerin, und wer will, kann den 1929 erschienenen Roman „Ein österreichischer Don Juan“ psychoanalytisch lesen – der Frauenheld heißt hier Erwein von Raidt und ist ein ausgeprägter Schuhfetischist. Den acht Kapiteln ist eine röntgenscharfe Charakterstudie Erwein von Raidts vorgeschaltet, die ihn als kalten Sonderling ausweist. Der bitterböse Roman handelt dann davon, wie „das Judenmädl“ Cecile ins Verderben gestürzt wird. Er spielt vor dem Ersten Weltkrieg, ebenso wie
Joseph Roth gilt Karlweis’ eigentliches Interesse dem Untergang der k.-u.-k.-Monarchie. Doch liegt ihr jede Nostalgie fern. Entlarvt wird eine bigotte, misogyne Operettengesellschaft: „Ich habe nie begriffen, wie du auf diesem Müllhaufen deiner verdammten Monarchie hast leben können.“ FLORIAN WELLE
Marta Karlweis: Ein österreichischer Don Juan. Roman. DVB-Verlag, Wien 2015. 272 Seiten,
17,90 Euro.
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Müllhaufen
der Monarchie
Marta Karlweis ist nach Maria
Lazar die zweite Autorin, die man dank des Verlags „Das vergessene Buch“ wiederentdecken kann. Beide waren in den Zwanzigerjahren renommiert, Karlweis (1889 – 1965) war zudem die zweite Frau von Jakob Wassermann. Von den Nazis ins Exil getrieben, wurde ihr nach dem Krieg keine Beachtung mehr zuteil. Ihre letzten Jahrzehnte verbrachte sie als Psychoanalytikerin, und wer will, kann den 1929 erschienenen Roman „Ein österreichischer Don Juan“ psychoanalytisch lesen – der Frauenheld heißt hier Erwein von Raidt und ist ein ausgeprägter Schuhfetischist. Den acht Kapiteln ist eine röntgenscharfe Charakterstudie Erwein von Raidts vorgeschaltet, die ihn als kalten Sonderling ausweist. Der bitterböse Roman handelt dann davon, wie „das Judenmädl“ Cecile ins Verderben gestürzt wird. Er spielt vor dem Ersten Weltkrieg, ebenso wie
Joseph Roth gilt Karlweis’ eigentliches Interesse dem Untergang der k.-u.-k.-Monarchie. Doch liegt ihr jede Nostalgie fern. Entlarvt wird eine bigotte, misogyne Operettengesellschaft: „Ich habe nie begriffen, wie du auf diesem Müllhaufen deiner verdammten Monarchie hast leben können.“ FLORIAN WELLE
Marta Karlweis: Ein österreichischer Don Juan. Roman. DVB-Verlag, Wien 2015. 272 Seiten,
17,90 Euro.
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