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Die Mutter muß sich eine Alte nehmen, eine Alte muß sie sich nehmen, ¿ nein ¿ darauf besteh' ich! Die Frau Mutter ist zu leichtsinnig.« Das sagte unser Vater, ehe Regine ins Haus kam. »Aber Hermann,« antwortete unsere Großmutter und schaute mit ihrem weichen, vom Häubchen eingerahmten Altfrauengesicht ganz betroffen von ihrem Suppenteller auf. Sie aß bei uns, wie immer die Woche zweimal; wann dies geschehen sollte, mußte jedesmal feierlich die Frau Legationsrätin, vulgo Legatse, die eine Etage höher wohnte, eingeladen werden. Aber gerade jetzt zur Zeit war sie gezwungen, unten bei uns zu…mehr

Produktbeschreibung
Die Mutter muß sich eine Alte nehmen, eine Alte muß sie sich nehmen, ¿ nein ¿ darauf besteh' ich! Die Frau Mutter ist zu leichtsinnig.« Das sagte unser Vater, ehe Regine ins Haus kam. »Aber Hermann,« antwortete unsere Großmutter und schaute mit ihrem weichen, vom Häubchen eingerahmten Altfrauengesicht ganz betroffen von ihrem Suppenteller auf. Sie aß bei uns, wie immer die Woche zweimal; wann dies geschehen sollte, mußte jedesmal feierlich die Frau Legationsrätin, vulgo Legatse, die eine Etage höher wohnte, eingeladen werden. Aber gerade jetzt zur Zeit war sie gezwungen, unten bei uns zu essen, denn sie hatte keine Köchin. Von unserer Großmutter Köchin sprach man im Hause auf eine geheimnisvolle Weise, fast ohne Worte, und verstand doch viel zu sagen. Wir Halbwüchsigen waren aber unterrichtet. Wir wußten, Großmutters Köchin hatte ein Kind bekommen. Weshalb man das nicht ganz einfach sagte, sondern schwieg, geheimnisvoll flüsterte? Es kam uns dies ganz lächerlich vor. Kinder hat ja die ganze Welt. Wir verständigten uns untereinander darüber und waren großmütig genug, den Erwachsenen in ihre Sonderbarkeit nicht hineinzureden. »Also, Frau Mutter, ich bestehe entschieden darauf, du nimmst dir eine Alte. ¿ Es ist dies das zweite, wenn nicht das dritte Mal, daß bei euch oben, ... nein... nein ... das geht nicht ¿ bei deinem Leichtsinn, Frau Mutter ¿ entschuldige.« »Wie kommst du mir denn aber vor,« sagte unsere Großmutter und lachte, wie nur sie lachen konnte, o dieses Lachen! Wollte Gott, ich könnt's noch einmal hören. So lachen die Jungen heut nicht, so seelenjung. Es war das Lachen einer andern Zeit, das bei uns im Hause noch hin und wieder erklang, ¿ einer harmlosen, heiteren Zeit. Ich halte es für ein Glück sondergleichen, daß wir in Begleitung dieses Lachens aufblühten.
Autorenporträt
Helene Böhlau war die Tochter des Weimarer Verlagsbuchhändlers Hermann Böhlau und dessen Frau Therese geb. Thon. Sie genoss eine sorgfältige Privaterziehung. Um ihren geistigen Horizont zu erweitern, schickte man sie auf Reisen ins Ausland, wo sie im Orient den Architekten und Privatgelehrten Friedrich Arnd kennenlernte. Beide verliebten sich, und um Helene neben seiner ersten als zweite Frau heiraten zu können, konvertierte Arnd vom Judentum zum Islam und nannte sich fortan Omar al Raschid Bey. Helenes Vater verbot ihr daraufhin das Haus. Er begegnete ihr zwar später noch einmal, ihren Ruhm aber hat er nicht mehr erlebt.