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Alice und Jules, ein altes Ehepaar, haben ein morgendliches Ritual: Alice wird geweckt vom Duft des Kaffees, den Jules schon zubereitet hat. So auch an diesem Wintermorgen. Ein ruhiger Tag wartet auf Alice. Um zehn soll wie immer der autistische Nachbarsjunge David kommen, für seine übliche Partie Schach mit Jules. Doch als Alice ins Wohnzimmer kommt, sitzt Jules tot auf dem Sofa. Da beschließt sie, diesen Tag noch mit ihrem toten Mann zu verbringen. Denn es gibt das eine oder andere, was sie mit ihm zu klären hat und worüber sie nie gesprochen haben.
Diane Broeckhovens Novelle über Alice
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Produktbeschreibung
Alice und Jules, ein altes Ehepaar, haben ein morgendliches Ritual: Alice wird geweckt vom Duft des Kaffees, den Jules schon zubereitet hat. So auch an diesem Wintermorgen. Ein ruhiger Tag wartet auf Alice. Um zehn soll wie immer der autistische Nachbarsjunge David kommen, für seine übliche Partie Schach mit Jules. Doch als Alice ins Wohnzimmer kommt, sitzt Jules tot auf dem Sofa. Da beschließt sie, diesen Tag noch mit ihrem toten Mann zu verbringen. Denn es gibt das eine oder andere, was sie mit ihm zu klären hat und worüber sie nie gesprochen haben.

Diane Broeckhovens Novelle über Alice und Jules und über David und Alice ist eine dichte, ergreifende, wunderbar feine Geschichte über Rituale, Liebe, Verrat und Verlust, ein Verlust, der am Ende auf wunderliche Weise ausgeglichen wird.
Autorenporträt
Diane Broeckhoven (*1946 in Antwerpen, Belgien) ist Autorin und freie Journalistin. Sie studierte Rhetorik und Literatur am Königlichen Konservatorium Antwerpen und hat zahlreiche Kinder- und Jugendbücher und Romane geschrieben. Ihre Werke wurden mehrfach ausgezeichnet, u. a. in Belgien als Kinderbuch des Jahres sowie zwei Mal mit dem flämischen Jugendliteraturpreis. Ein Tag mit Herrn Jules ist in sechzehn Ländern erschienen und wurde über 250 000 Mal verkauft. Broeckhoven lebt in Antwerpen.
Rezensionen
»Ein ganz liebenswertes, kleines, schönes Buch darüber, wie Rituale uns helfen, große Verluste zu überwinden.« Elke Heidenreich

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Eindrucksvoll, wie Diane Broeckhoven ein lange vernachlässigtes Feld der Literatur, den natürlichen Tod und den damit einhergehenden Abschied der Überlebenden, beackert, lobt Dorothea Dieckmann. Die Protagonistin entdeckt ihren Mann tot auf dem Sofa und gemeinsam mit einem autistischen Kind trennt sie sich in den nächsten 24 Stunden von ihm. Die Kinderbuchautorin Broeckhoven habe mit ihrem Erstling für Erwachsene ein "poetisches Plädoyer" des Abschieds geschrieben, das ohne falsche Sentimentalität und Anmaßung den naiven, kindlichen Umgang mit dem Tod als Teil einer "friedlichen Utopie" beschreibe. Seine "Einfachheit" sei der große Vorteil dieses Romans, in dem Emotionen und Rationales immer ein Gleichgewicht finden, wie Dieckmann notiert. Besonders gut gefallen ihr auch die Personen, die, obwohl mit nur "wenigen Strichen" gezeichnet, doch so "gegenwärtig" sind.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.05.2005

Rückzugsgefecht
Der Lebensrhythmus stockt: Diane Broeckhovens neues Buch

Warum soll man in die Welt hinausgehen, wenn sie nichts als Kälte, Ungeborgenheit und Leere zu bieten hat? Wenn draußen nichts mehr lockt, kann Weltabkehr die Form von Stubenglück annehmen, wie bei Alice und Jules, einem alten Ehepaar. Ihr gleichförmiger Tagesablauf erinnert an eine lang einstudierte Choreographie. Erdacht wurde sie von Herrn Jules, Alice fügt sich, zieht den Anstrengungen der Selbstverwirklichung die anheimelnde Wiederholung des ewig Gleichen vor, die vielleicht nichts anderes ist als Sehnsucht nach Stillstand, nach dem Stillstehen des Mühlrads. Morgens, wenn Jules Kaffee kocht, in der "zeitlosen halben Stunde zwischen Erwachen und Aufstehen", fühlt sie sich, als würde sie "in einer Gebärmutter dahintreiben". Schon längst ist die alle Unterschiede nivellierende Gewohnheit zur Behausung der Liebe geworden.

An einem Wintermorgen verstößt Jules zum ersten Mal gegen seine eigenen Regeln. Eben noch hat er den Tisch auf die immer gleiche, akkurate Weise gedeckt. Statt in der Küche auf Alice zu warten, sitzt er nun auf dem Sofa, versonnen, wie es scheint, aus dem Fenster ins Schneetreiben draußen blickend. Doch Herr Jules ist tot. "Ein Tag mit Herrn Jules" heißt das neue Buch von Diane Broeckhoven, doch Alice muß lernen, ohne Herrn Jules durch den Tag zu kommen. Den Abschied versucht sie noch hinauszuzögern, den Bestatter wird sie erst am nächsten Tag benachrichtigen. Jules' Tod sprengt das feste Gefüge ihrer Gewohnheiten. Während der Tote langsam erkaltet, fängt Alice an zu erkunden, wie ein Tag ohne ihn aussehen könnte. Sie nimmt ein Bad, obwohl erst Mittwoch ist, geht im Bademantel vor die Tür, um die Zeitung zu holen, und beschließt, ein ganzes Pfund Krabben zu essen und Weißwein zu trinken, obwohl nicht Sonntag ist. Noch immer blinzelt sie aber bei diesen vorsichtigen Schritten in die Selbständigkeit zu dem Verstorbenen herüber, auf ein stilles Einverständnis hoffend, das er ihr nicht mehr gewähren kann.

Einen Moment lang sieht alles nach der Geschichte einer Selbstfindung aus. Doch die Bürde der Unabhängigkeit bleibt Alice am Ende doch erspart. Ihr Verlust wird ausgeglichen, ein emotionales Refugium bietet ihr ausgerechnet David, der autistische Nachbarjunge, der jeden Morgen um zehn zum Schachspiel mit Herrn Jules vorbeikam - auch er sucht Halt in Gewohnheiten und Routine. "Der Schnee bleibt draußen, die Wärme ist drinnen", betont David, und dieses schlichte Resümee bildet den erkennbaren Gravitationspunkt, um den in diesem elegisch gestimmten und atmosphärisch dichten Buch alles kreist. Mit liebevoll billigender Ironie gestattet die Autorin ihrer Heldin den Rückzug in ihren genau vermessenen Innenraum, ein Paradiesgärtlein der Weltflucht, mit selbstgebackenen Pfannkuchen und warmen Betten. Mitunter wirken die Figuren Alice, David und der tote Herr Jules, der wie selbstverständlich auf dem Sofa sitzt, wie die Teilnehmer an einer Versuchsanordnung. Aber das Demaskierende und Sezierende eines Experiments ist diesem einfühlsamen, elegant erzählten Roman fremd.

Das Allerschwerste, Allertraurigste, aber auch das Schockierendste ist in leichten Sätzen aufgehoben. Dabei geschieht es, daß Diane Broeckhoven manchmal allzu ostentativ mit dem Hoffnungsfähnlein winkt. Vielleicht klingt die Kinderbuchautorin da noch nach - denn so hat sich die 1946 in Antwerpen geborene Schriftstellerin einen Namen gemacht. Dies ist ihr zweites Buch für Erwachsene. Nicht den steilen Pfaden einer gelungenen Emanzipation spürt sie hier nach, sie setzt auf den Trost des unerwartet guten Ausgangs. Sie provoziert uns mit der doppelten Zumutung einer erlaubten Regression und eines erlaubten Happy-Ends.

ANDREA NEUHAUS

Diane Broeckhoven: "Ein Tag mit Herrn Jules". Aus dem Niederländischen übersetzt von Isabel Hessel. Verlag C. H. Beck, München 2005. 92 S., geb., 12,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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