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In einem Furor der Eifersucht hat Antoine About seine Tochter verstoßen - weil sie den Anforderungen seiner Liebe nicht entsprechen konnte. Über dem Zerwürfnis ist ein seltsamer und einsamer Mann aus ihm geworden. Doch eines Tages kommt die Tochter zurück.

Produktbeschreibung
In einem Furor der Eifersucht hat Antoine About seine Tochter verstoßen - weil sie den Anforderungen seiner Liebe nicht entsprechen konnte. Über dem Zerwürfnis ist ein seltsamer und einsamer Mann aus ihm geworden. Doch eines Tages kommt die Tochter zurück.
Autorenporträt
Emmanuel Bove (1898-1945), Sohn eines russischen Lebemanns und eines luxemburgischen Dienstmädchens, brachte sich mit den verschiedensten Berufen notdürftig durch, ehe er als Journalist und Schriftsteller sein Auskommen fand. Nach seinem frühen Tod jahrzehntelang völlig vergessen, gilt er heute als ein Klassiker der französischen Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.03.2001

Die Nadel im Schlüsselloch
Ohne Ausweg: Emmanuel Boves "Ein Vater und seine Tochter"

Seit Peter Handke die Wiederentdeckung des französischen Schriftstellers Emmanuel Bove als Übersetzer auch in Deutschland beförderte, sickert das Werk des 1945 gestorbenen Autors beständig in den deutschen Buchmarkt ein: Jedes Jahr erscheinen neue Übersetzungen, gegenwärtig liegen achtzehn verschiedene Titel in sieben Verlagen vor. Kein Bestseller ist darunter, doch Bove findet offenbar genug Enthusiasten in den Lektoraten, die sich für ihn einsetzen.

Gründe gibt es genug: Mit seinen unterkühlten Porträts von Einzelgängern, deren Einsamkeit in der Unfähigkeit zur Kommunikation wurzelt, ist Boves Handschrift unverwechselbar. Sein Werk gleicht einem abgeschlossenen Kosmos, in dem ein Roman in den anderen übergreift, so ähnlich sind sich die Personen in der Haltung, die sie ihrer Umgebung gegenüber einnehmen.

Die jüngste Ausgrabung eines Bove-Textes ist der Roman "Ein Vater und seine Tochter", entstanden 1927. Edmonde About, die von ihrem Vater Antoine verstoßen wurde, will zurückkehren, erträgt aber Antoines zunehmende Verwahrlosung nicht und geht nach wenigen Minuten erneut. Zwischen Edmondes Telegramm, das die Rückkehr ankündigt, und ihrem Abschied liegen wenige Stunden, in denen Antoine seinen Erinnerungen nachhängt, den Versuchen, einen Platz in der Gesellschaft zu finden, der Ehe mit der viel jüngeren Marthe, schließlich der Hingabe an seine Tochter, die er verstößt, als er sie mit einem Liebhaber antrifft.

All dies wird auf wenigen Seiten knapp angerissen. Es sind die Details, die sich ins Gedächtnis senken: Antoines hektische Wahrnehmung der Parkbesucher, die friedlich ihre Zeitungsblätter umwenden, während er vor Verlegenheit über eine unerwartete Begegnung schier vergeht; die lange Hutnadel, die der mißtrauische Antoine immer wieder ruckartig ins Schlüsselloch stößt, oder die Wolldecke, die er über dem Fenster befestigt, "am selben Tag, als er auf dem Dach des gegenüberliegenden Hauses einen Ofensetzer erblickt hatte". Bove erzählt mit nüchterner Effizienz, von der sich die aufgeregte Sprache seines Helden deutlich abhebt und die Kluft markiert, die sich zunehmend zwischen ihm und seiner Umgebung auftut.

Antoine, der lange versuchte, eine glänzendere Rolle zu spielen als die des kleinen Angestellten, und der jede Unstimmigkeit im Verhältnis zu seiner Umgebung als Zeichen seiner besonderen Befähigung deutet, findet kein Maß im Umgang mit anderen: Innerlich ganze Dialoge vorwegnehmend, reagiert er im Gespräch kaum auf sein Gegenüber, schweigt ängstlich oder schwatzt wirr drauflos. Als er zunehmend darunter leidet, daß seine Frau sich für sein linkisches Benehmen schämt, versucht er, sie durch übergroße Nachgiebigkeit zu gewinnen. Schließlich, als sie ihn offen mißachtet, entlädt sich die angestaute Wut, nur um wenig später dem Gefühl tiefer Demütigung Platz zu machen.

In der Folge kapituliert Antoine vor den Gepflogenheiten einer Gesellschaft, in der er sich nicht heimisch fühlt. Er zieht sich zurück, bemüht sich darum, nicht gesehen oder angesprochen zu werden. Menschen, denen er begegnet, "wirkten nicht mehr wie früher, so, als würden sie in seinem Leben eine Rolle spielen. Es war, als umgebe ihn eine Heerschar von Phantomen." Schließlich gewinnt seine Wahrnehmung das unheimliche Gesicht eines Fiebertraums: "Auch die Häuser, die Straßen veränderten sich. Überall war mehr Luft. Überall entstand eine Leere, wenn er sich näherte."

Boves Werk variiert diese Entfremdung fortwährend. Die Protagonisten aus "Ein Mann, der wußte", "Armand" oder "Ein Junggeselle" leiden an der Unfähigkeit, sich mitzuteilen oder Signale der Umgebung zu empfangen. Was aber "Ein Vater und seine Tochter" so düster erscheinen läßt, ist die genaue Abbildung dieses bewußt eingeleiteten Rückzugs aus der Welt, der von Antoine wechselnd als Erlösung oder als Strafe, immer aber als unvermeidlich angesehen wird.

TILMAN SPRECKELSEN

Emmanuel Bove: "Ein Vater und seine Tochter". Aus dem Französischen übersetzt von Gabriela Zehnder. Manholt Verlag, Bremen 2000. 94 S., geb., 30,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Ein düsteres kleines Meisterwerk des unvergleichlichen Emmanuel Bove." Der Spiegel

"Gründe [,sich enthusiastisch für Bove einzusetzen,] gibt es genug: Mit seinen unterkühlten Porträts von Einzelgängern, deren Einsamkeit in der Unfähigkeit zur Kommunikation wurzelt, ist Boves Handschrift unverwechselbar." Tilman Spreckelsen in 'Frankfurter Allgemeine Zeitung'

"Bove-Leser haben eines gemeinsam: Sie werden süchtig, und je mehr sie lesen, nach desto mehr verlangen sie. (...) Man kann sicher sein, dass 'Ein Vater und seine Tochter' schnell zum engsten Kern der Boveschen Meisterwerke zählen wird. Diese Geschichte von nur neunzig Seiten (...) bezieht ihren Reiz gerade daraus, dass sie alle Qualitäten dieses unvergleichlichen Autors wie in einer Engführung verdichtet. (...) [D]ie Art, wie in dieser so kurzen Erzählung die lähmende Langeweile der vergehenden Zeit umschlägt in Szenen von höchster Dramatik, die doch nur wenige Seiten brauchen, all das ist von einer Meisterschaft, wie sie nur einem ganz großen Schriftsteller zur Verfügung steht. (...) Und man kann es nicht besser sagen als der Dichter Max Jacob 1928 in einem Brief an Emmanuel Bove: Mein lieber Kollege, 'Ein Vater und seine Tochter' gehört zu den schönsten Büchern, die ich kenne. Es könnte von einem der größten Meister sein: Es ist von Ihnen. Seien Sie meiner tiefen Bewunderung versichert. Eine Bewunderung, die heute nicht kleiner ist. Wolfgang Matz in 'Die Zeit'

"Emmanuel Bove ist längst kein Geheimtipp mehr. (...) Wem es gelingt, dieses große Stück Literatur in die Hände zu bekommen, der wird es entdecken - empfinden - und sich verlieben." Julia Franck in 'tip'

"Man [denkt] an keinen Geringeren als Dostojewskij, der ja in seinen Figuren alle Untiefen der Selbst-Demütigung ausgelotet hat. (...) Bove hat die Hoffnung Schicht für Schicht abgetragen - bis man die unvehüllte Mechanik eines misslungenen Lebens sieht. Das ist bestürzender und radikaler als manches, was sich heute so gebärdet." Bernd Berke in 'Westfälische Rundschau'
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