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Ein Kind, das einer einsamen Kuh durch die Trümmer folgt. Ein Onkel, der drei Mal stirbt. Ein Mann, der die Träume der anderen träumt, und einer, der immer flacher wird. Ein Junge, der seinen kleinen Bruder verkaufen will, und einer, der beschließt, nie wieder zu lächeln. Geschichten von fantastischen Matadoren, von reumütigen Voyeuren, von verlorenen Leben, von allmächtigen Milizen an jeder Ecke - und von der Notwendigkeit, trotz allem zu lachen.
Wie überlebt man in einer Welt, die täglich zerstört wird? Wie findet man Worte für einen Schrecken, der so ganz anders ist, als wir ihn uns
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Produktbeschreibung
Ein Kind, das einer einsamen Kuh durch die Trümmer folgt. Ein Onkel, der drei Mal stirbt. Ein Mann, der die Träume der anderen träumt, und einer, der immer flacher wird. Ein Junge, der seinen kleinen Bruder verkaufen will, und einer, der beschließt, nie wieder zu lächeln. Geschichten von fantastischen Matadoren, von reumütigen Voyeuren, von verlorenen Leben, von allmächtigen Milizen an jeder Ecke - und von der Notwendigkeit, trotz allem zu lachen.

Wie überlebt man in einer Welt, die täglich zerstört wird? Wie findet man Worte für einen Schrecken, der so ganz anders ist, als wir ihn uns vorstellen? In seinen aufsehenerregenden Texten erzählt Mazen Maarouf überraschend und kühn, voller Humor und Fantasie.

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Autorenporträt
Mazen Maarouf (_1978 in Beirut) ist ein palästinensischer Autor, Übersetzer und Journalist. Im Libanon aufgewachsen, spricht er sich in seinem Schreiben dezidiert gegen repressive Regimes aus, weshalb er 2011 nach Island ins Exil gehen musste. Seine Werke erschienen in zahlreichen Sprachen. Er wurde mit dem Al-Mutaqa-Preis ausgezeichnet und stand 2019 auf der Longlist des Man Booker International Prize. Zudem übersetzt er u. a. Werke von Sjón und Andri Snær Magnason aus dem Isländischen ins Arabische. Er lebt in Reykjavík und Beirut.

Larissa Bender studierte Islamwissenschaft, Ethnologie, Soziologie und Kunstgeschichte in Köln und Berlin sowie arabische Sprache in Damaskus, Syrien. Sie arbeitet in Köln als Übersetzerin für arabische Literatur, Dozentin für Arabisch, Lektorin und Journalistin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.03.2020

Glasaugen, Granaten
Mazen Maaroufs Erzählband "Ein Witz für ein Leben"

"Ich musterte seine Gesichtszüge und versuchte abzuschätzen, was ich entfernen oder verunstalten müsste, damit er angsteinflößend wirkte." Der sechsjährige Protagonist in "Ein Witz für ein Leben" fasst einen Entschluss: Sein weichlicher Vater braucht ein Glasauge, um Respekt zu bekommen. Dann werde die bewaffnete Miliz in den Straßen aufhören, ihn bei jeder Gelegenheit zu verprügeln. Die Welten von Mazen Maarouf sind verdreht: Bevor man anfängt, sich zu wundern, kann Verstümmelung zu Ermächtigung werden - und Autos werden auch mal zu Teigwaren.

In vielen der vierzehn Erzählungen des palästinensisch-libanesischen Autors explodieren Granaten und sterben Menschen. Das geschieht aber eher nebenbei. Die Figuren sind viel zu beschäftigt, beseelte Paprikapflanzen zu bespucken, tote Matadore mit Boxschlägen auf die Fußsohlen wiederzubeleben oder Berufe wie "Grammophon-Kurbler" auszuüben. Bei Maarouf vermischen sich harte Kriegsszenarien und Spaß an Spinnerei zu Geschichten, die keinen Raum für Betroffenheit lassen.

Maarouf hat bereits mehrere Lyrik- und Prosasammlungen veröffentlicht. Sein Erzählband "Ein Witz für ein Leben" ist nun von Larissa Bender ins Deutsche übersetzt worden. 2019 stand die englische Version auf der Longlist des renommierten Man Booker International Price.

Die Biographie der 1978 geborenen Maarouf ist von Flucht geprägt. In seiner frühen Kindheit flüchtete die Familie von Palästina in den Libanon. Dort erlebte er Bürgerkrieg und Hizbullah. Nachdem der Schriftsteller 2011 die Proteste gegen das syrische Assad-Regime unterstützt hatte, musste er nach Island ins Exil gehen, wo er bis heute lebt.

In einem Beitrag namens "Artscape - Poets of Protest" des Senders Al Dschazir, sagte Maarouf, kurz nachdem er nach Reykjavík gezogen war: "Für einen jungen Araber, der in einer Atmosphäre aus Unterdrückung und Anspannung aufgewachsen ist, kann es verwirrend sein, sich plötzlich in einer Stadt wiederzufinden, in der kein Militär patrouilliert, in der die Polizei keine Waffen trägt."

Ähnliches passiert auch in seinen Geschichten: Wie in den Märchen von E. T. A. Hoffmann steigt man mit Gewohntem in eine Erzählung ein, doch bald folgt der Übergang ins Phantastische. In "Das Aquarium" stellt sich heraus, dass eine Frau nicht schwanger ist, sondern ein Blutklumpen in ihrer Gebärmutter sitzt. Nach dessen operativer Entfernung behält das Ehepaar seinen "Sohn" in einem Aquarium; er wird "Munir" getauft, psychiatrisch behandelt, es werden sogar Feiern für ihn ausgerichtet. "Der Träger" erzählt die Metamorphose eines traurigen Mannes zu einer wandelnden Plattform, auf der Kindergeburtstage stattfinden. In "Das Kino" versteckt sich ein Kind mit seiner Familie in einem verlassenen Vorführsaal. Nach einem Bombeneinschlag sind alle Menschen bis auf das Kind verschwunden. Nur eine Kuh dreht ihre täglichen Runden durch das postapokalyptische Nirvana und ernährt sich von Fußbällen, Schultaschen und Scherben - nicht aber von Fotos oder Kassetten! Logik ist hier keine Referenzgröße. Alles wird ad absurdum geführt oder entwickelt ein eigenes Gefüge von Kausalität und Schlüssigkeit.

Das betrifft auch Gewalt und Tod. Grausame Kriegsdetails werden im selben Ton miterzählt wie Kuriositäten. Als sein Zwillingsbruder stirbt, weil eine Granate den Schulbus trifft, erklärt ein sechsjähriger Erzähler kalt: "Mein Bruder verkohlte, genau wie alle anderen Kinder im Bus. Ihre Körper klebten aneinander, und deshalb wurden sie gemeinsam auf einem kleinen, weit entfernten Feld in der Nähe der Schule begraben." Auch das ist ein selbstverständlicher Teil dieser Welt.

Es entsteht der Eindruck, als bewegte man sich durch geträumte Kindheitserinnerungen: Zerrbilder vager Orte und kindliche Selbstverständlichkeit, mit der Seltsames als normal angenommen wird, sind wiederkehrende Motive. Vielleicht ist das ein Weg, die Deutungshoheit über das Geschehen zu erlangen und selbst die Regeln zu bestimmen, nach der Wirklichkeit funktionieren soll. In der Geschichte vom Anfang wird das Kind, anstatt den Vater zu verstümmeln, mit ihm zusammen Witze erfinden, um die Miliz zu besänftigen.

EMELI GLASER

Mazen Maarouf: "Ein Witz für ein Leben". Geschichten.

Aus dem Arabischen von Larissa Bender.

Unionsverlag,

Zürich 2020.

160 S., geb., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Das Vertraute verschiebt sich ins Unheimliche, in jedem Satz lauert das Unvorstellbare. Skurril, überraschend, verblüffend, manchmal auch witzig sind diese Erzählungen. Maarouf wurde mit Franz Kafka und Samuel Beckett verglichen. Zu Recht.« Martina Süess WOZ Die Wochenzeitung