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Am 12. Januar 1595 lud der Helmstedter Medizinprofessor Jacob Horst durch einen öffentlichen Anschlag die Universitätsangehörigen ein, mit ihm die Frage zu diskutieren, ob es möglich sein kann, dass einem siebenjährigen Knaben in Schlesien auf natürliche Weise ein goldener Backenzahn gewachsen ist. Was uns heute als skurril anmutet beschäftigte damals Menschen aus allen Schichten der Bevölkerung. Die Geschichte vom goldenen Zahn lebt als Alltagsmärchen in der Gegenwart weiter, wie Zeitungsmeldungen aus jüngster Zeit mit vergleichbaren Wundergeschichten aus Nord- und Südamerika verdeutlichen.…mehr

Produktbeschreibung
Am 12. Januar 1595 lud der Helmstedter Medizinprofessor Jacob Horst durch einen öffentlichen Anschlag die Universitätsangehörigen ein, mit ihm die Frage zu diskutieren, ob es möglich sein kann, dass einem siebenjährigen Knaben in Schlesien auf natürliche Weise ein goldener Backenzahn gewachsen ist. Was uns heute als skurril anmutet beschäftigte damals Menschen aus allen Schichten der Bevölkerung. Die Geschichte vom goldenen Zahn lebt als Alltagsmärchen in der Gegenwart weiter, wie Zeitungsmeldungen aus jüngster Zeit mit vergleichbaren Wundergeschichten aus Nord- und Südamerika verdeutlichen.
Eine spannend zu lesende kulturgeschichtliche Darstellung, die den Bogen vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart schlägt.
Autorenporträt
Robert Jütte ist Professor für Neuere Geschichte und Leiter des Instituts für Geschichte der Medizin der Robert-Bosch Stiftung (Stuttgart). Seine Forschungsschwerpunkte sind die Sozialgeschichte der Medizin- und Wissenschaftsgeschichte sowie die Alltags- und Kulturgeschichte der frühen Neuzeit. Er gehört zu den bedeutendsten Kulturwissenschaftlern, die sich in Deutschland mit sexualwissenschaftlichen Themen beschäftigen. Die Bandbreite seiner zahlreichen Publikationen kreist um Sexualität, die Geschichte jüdischer Wissenschaft in Deutschland, Homöopathie und alternative Medizin. Neben verschiedenenen Zeitschriften gibt er zudem die kritische Edition der Krankenjournale Samuel Hahnemanns heraus.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Wundergeschichten gab es und gibt es immer wieder, von den blutenden Ikonen in Byzanz bis zu modernen Mythen. Der Medizinhistoriker Robert Jütte hat sich den Wunderbericht eines Goldzahns vorgenommen, der einem schlesischen Jungen Ende des 16. Jahrhunderts gewachsen sein soll, und in einer "lehrreichen" und "unterhaltsamen" Studie dessen Entstehung und Wirkung untersucht, lobt Marion Lühe. Obwohl das "Wunder" nur drei Jahre währte, bevor der Betrug in Form einer goldenen Zahnhülse entlarvt wurde, löste das Zahn-Mirakel eine wahre Deutungs-Flut aus, die sich religiösen und wissenschaftlich-aufklärerischen Diskursen bis ins 18. Jahrhundert fortsetzte. Die frühesten Wunder-Experten sahen im Zahn ein göttliches Orakel, das den Sieg der Europäer im damals schwehlenden Krieg gegen die Türken prophezeit. Besonders beeindruckend fand Lühe, dass trotz der Demystifizierung des Zahn-Wunders durch die rasant einsetzende Aufklärung im 17. Jahrhundert die Berichte von wundertätigen Goldzähnen scheinbar bis in die heutige Zeit überlebt haben, wie diverse vom Autor "genüsslich" zitierte Meldungen beweisen. Ein "höchst vergnügliches Buch"!

© Perlentaucher Medien GmbH