Wenige Wochen nach ihrem Umzug in ein Pflegeheim stirbt Didier Eribons Mutter. Wie in Rückkehr nach Reims wird dieser Einschnitt zum Ausgangspunkt für eine Reise in die Vergangenheit: Eribon rekonstruiert die von Zwängen bestimmte Biografie einer Frau, die an einen brutalen Ehemann gekettet blieb und sich sogar in ihren Träumen bescheiden musste: »Meine Mutter war ihr ganzes Leben lang unglücklich.« Dabei erweist sich der Soziologe erneut als großer Erzähler: Anhand suggestiver Episoden und berührender Erinnerungen zeigt Eribon, wie wichtig Familie und Herkunft für unsere Identität sind. Und er legt schonungslos dar, wie sehr die Politik, aber auch die Philosophie, ja wir alle die skandalöse Situation vieler alter Menschen lange verdrängt haben.
In diesem ergreifenden Buch über seine Mutter beschreibt Didier Eribon nicht nur das Milieu der französischen Arbeiterklasse mit ihren Sorgen, ihrer Solidarität und ihren Vorurteilen, sondern konfrontiert uns mit der großen Frage, wie wir in unseren Gesellschaften mit Alter und Sterben umgehen.
In diesem ergreifenden Buch über seine Mutter beschreibt Didier Eribon nicht nur das Milieu der französischen Arbeiterklasse mit ihren Sorgen, ihrer Solidarität und ihren Vorurteilen, sondern konfrontiert uns mit der großen Frage, wie wir in unseren Gesellschaften mit Alter und Sterben umgehen.
»Super Mix aus packendem Roman und Gesellschaftsanalyse.« Stefan Hochgesand Berliner Zeitung 20240707
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Sieben Wochen hat Didier Eribons Mutter noch im Pflegeheim überlebt, und er hat sie nur ein einziges Mal besucht! Kein Wunder, dass sich Eribon mit Schuldgefühlen herumplagt, mit denen Nina Apin in ihrer Rezension warmherzig sympathisiert. Die Schuldgefühle galten aber offenbar vor allem der Tatsache, dass er der Mutter kein besseres Heim habe bieten können. Naja, sie haben vielleicht auch mit seiner Familie zu tun. Eribon hat zwar Brüder, aber die sind Prolls und hetero, und Eribon verachtet sie, erzählt Apin. Dennoch empfiehlt sie das Buch vor allem wegen der Sozialanklage, die Eribon leiste. Die Zustände in französischen Pflegeheimen seien unhaltbar, Eribon prangere sie schonungslos an. Interessant findet Apin auch, dass das Pflegeheim für die Mutter offenbar nicht nur schlecht war: Ganz am Ende verliebte sie sich immerhin nochmal in einen Ko-Insassen, bis der stirbt. Dann gibt auch sie auf. Eribon habe diese Beziehung gutgeheißen, aber die "mackerhaften Brüder" nicht. Beschönigend sei an dem Buch nichts, verspricht die Rezensentin. Offen rede Eribon auch über den Rassismus seiner Mutter, den sie mit so vielen anderen Menschen aus der Unterschicht teilte.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.03.2024Scham und Würde
"Eine Arbeiterin": Didier Eribon schildert den Umzug seiner Mutter in ein Seniorenheim.
Von Cord Riechelmann
Das solle keine Ironie, keine Kritik sein, schreibt Didier Eribon gleich auf den ersten Seiten in einem programmatischen Satz seines gerade erschienenen, an programmatischen Sätzen reichen Buches "Eine Arbeiterin". Eribon hatte zuvor geschildert, wie er erfolglos versuchte, durch Klingeln, Rufen und Klopfen seine Mutter dazu zu bewegen, ihm die Tür zu ihrer Wohnung in einer an Reims angrenzenden Kleinstadt zu öffnen. "Ja, ja fünf Minuten noch", hatte die Mutter jedes Mal geantwortet, ohne dass etwas geschah. In zunehmender Sorge hatte Eribon dann die Feuerwehr gerufen, um in die Wohnung und zu seiner Mutter zu gelangen.
Die Mutter war nicht zum ersten Mal gestürzt und hatte es nicht mehr geschafft, dem Sohn die Tür zu öffnen. Und da es schon so oft geschehen war, wiesen die Feuerwehrleute Eribon darauf hin, dass sie für solche Fälle nicht zuständig seien und ihren Einsatz beim nächsten Mal in Rechnung stellen müssten. Eribon hatte dann noch erfahren, dass es für so einen Einsatz einen Namen - "Aufstehhilfe nach Sturz" - und einen Pauschalpreis gibt. Auf die Erwähnung dieser Tatsache folgte dann seine Versicherung, es gehe ihm weder um Ironie noch um Kritik, er bewundere die Einsatzbereitschaft und Effizienz der Feuerwehrleute.
Notwendig bleibt seine Bemerkung trotzdem, denn in dem Milieu der Pariser Großstadtintellektuellen, aus dem Eribon zu seiner Mutter in die Provinz gereist war, sind Ironie, Kritik und der von ihm nicht erwähnte Zynismus habituelle Verhaltensweisen im Umgang mit Menschen und Dingen, sie gehören gewissermaßen zum Zugangscode für diese Kreise. Und Eribon ist in Frankreich ein öffentlicher Intellektueller, der im Fernsehen auftritt und auch aus Homestorys über seine Freunde in Magazinen bekannt ist.
Auch hierzulande ist Eribon mit dem unverhofften Erfolg des 2016 auf Deutsch erschienenen Vorgängerbuchs "Rückkehr nach Reims" zum Bestsellerautor und zu einem Protagonisten dessen geworden, was man autofiktionales Schreiben nennt. Wie wenig dieser zum Etikett gewordene Begriff jedoch in der Lage ist, die Resultate von Eribons Schreibvorgang zu erfassen, lässt sich an "Eine Arbeiterin" immerhin zeigen. Immerhin deshalb, weil es einfach unangemessen scheint, der würdevollen Schönheit dieses Textes mit einem routinierten Lob auf den Leib zu rücken.
Was in dem Buch geschieht, ist eine permanente Transformation. Die persönliche Geschichte von Eribons Mutter wird in eine allgemeine, unpersönliche Form verwandelt, deren erstes Anliegen es ist, für Menschen zu sprechen, die durch das Alter bewegungs- und sprachlos geworden sind und dadurch ihre Rechte nicht mehr formulieren und beanspruchen können. Deshalb ist auch der Titel "Eine Arbeiterin" programmatisch. Das Buch handelt aber auch von Revisionen im besten Sinn, von Neueinstellungen des Blickes auf die gleichen Menschen und Dinge im Laufe der Zeit und unter veränderten Bedingungen.
Ging es in der "Rückkehr nach Reims" vor allem um die Scham, die einen begabten homosexuellen jungen Menschen über seine Herkunft aus der Arbeiterklasse bedrückt, wenn er den Weg in die Pariser Wissenschaftler- und Intellektuellenwelt geschafft hat, so ist beim Anblick der alten Mutter die Scham eine grundsätzliche geworden. Als Eribon zusammen mit seinen Brüdern der Mutter die Notwendigkeit des Umzugs in ein Seniorenheim für Menschen mit eingeschränkter Mobilität mit dem Satz "Du musst vernünftig sein, es geht nicht anders" klarzumachen versucht, fällt ihm auf, wie sehr er als junger Student diesen moralischen Stoizismus der Vernunft an René Descartes verachtete und bekämpft hatte. Sich vernünftig in die Verhältnisse zu fügen, sich, wie der Philosoph lehrt, den Wunsch, frei zu sein, zu verbieten, wenn man im Gefängnis sitzt, erschien dem jungen Eribon als Negation jedes politischen Denkens und Handelns. Jetzt aber hatte er seiner Mutter genau jenen Grundsatz Descartes' nahegebracht, wohl wissend, dass das Altersheim ihr Gefängnis sein würde.
Wie hier bettet der Soziologe Eribon die persönliche Situation der Mutter immer so unaufdringlich in allgemeine Lehren ein, dass man bestimmt eines nicht verliert: den Glauben an die aufklärerische Wirkung von Wissenschaft und Kunst. Wenn er zum Beispiel die Einschränkungen der Sozialkontakte, die der Umzug ins Wohnheim für die Mutter mit sich bringt, beschreibt und auf die schwere Arbeit der Altenpflegerinnen und deren schlechte Bezahlung aufmerksam macht, verweist er auf Erving Goffmans Begriff der "Territorien des Selbst" und Ken Loachs Film "Sorry We Missed You", in dem eine der Hauptfiguren als Altenpflegerin arbeitet.
Und als ihm klar wird, dass mit dem Tod der Mutter vor allem die genealogischen Kenntnisse über Generationen der eigenen Familie aus seinem Leben verschwinden werden, ist der Verweis auf Simone de Beauvoirs Buch "Das Alter" folgerichtig. Denn wer sonst als Beauvoir hätte darauf verweisen sollen, dass die Erinnerungsarbeit in den Familien die Arbeit der Frauen ist, und zwar nicht nur, weil sie in der Regel älter werden als die Männer.
Didier Eribon: "Eine Arbeiterin". Aus dem Französischen von Sonja Finck. Suhrkamp Verlag, 272 Seiten, 25 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Eine Arbeiterin": Didier Eribon schildert den Umzug seiner Mutter in ein Seniorenheim.
Von Cord Riechelmann
Das solle keine Ironie, keine Kritik sein, schreibt Didier Eribon gleich auf den ersten Seiten in einem programmatischen Satz seines gerade erschienenen, an programmatischen Sätzen reichen Buches "Eine Arbeiterin". Eribon hatte zuvor geschildert, wie er erfolglos versuchte, durch Klingeln, Rufen und Klopfen seine Mutter dazu zu bewegen, ihm die Tür zu ihrer Wohnung in einer an Reims angrenzenden Kleinstadt zu öffnen. "Ja, ja fünf Minuten noch", hatte die Mutter jedes Mal geantwortet, ohne dass etwas geschah. In zunehmender Sorge hatte Eribon dann die Feuerwehr gerufen, um in die Wohnung und zu seiner Mutter zu gelangen.
Die Mutter war nicht zum ersten Mal gestürzt und hatte es nicht mehr geschafft, dem Sohn die Tür zu öffnen. Und da es schon so oft geschehen war, wiesen die Feuerwehrleute Eribon darauf hin, dass sie für solche Fälle nicht zuständig seien und ihren Einsatz beim nächsten Mal in Rechnung stellen müssten. Eribon hatte dann noch erfahren, dass es für so einen Einsatz einen Namen - "Aufstehhilfe nach Sturz" - und einen Pauschalpreis gibt. Auf die Erwähnung dieser Tatsache folgte dann seine Versicherung, es gehe ihm weder um Ironie noch um Kritik, er bewundere die Einsatzbereitschaft und Effizienz der Feuerwehrleute.
Notwendig bleibt seine Bemerkung trotzdem, denn in dem Milieu der Pariser Großstadtintellektuellen, aus dem Eribon zu seiner Mutter in die Provinz gereist war, sind Ironie, Kritik und der von ihm nicht erwähnte Zynismus habituelle Verhaltensweisen im Umgang mit Menschen und Dingen, sie gehören gewissermaßen zum Zugangscode für diese Kreise. Und Eribon ist in Frankreich ein öffentlicher Intellektueller, der im Fernsehen auftritt und auch aus Homestorys über seine Freunde in Magazinen bekannt ist.
Auch hierzulande ist Eribon mit dem unverhofften Erfolg des 2016 auf Deutsch erschienenen Vorgängerbuchs "Rückkehr nach Reims" zum Bestsellerautor und zu einem Protagonisten dessen geworden, was man autofiktionales Schreiben nennt. Wie wenig dieser zum Etikett gewordene Begriff jedoch in der Lage ist, die Resultate von Eribons Schreibvorgang zu erfassen, lässt sich an "Eine Arbeiterin" immerhin zeigen. Immerhin deshalb, weil es einfach unangemessen scheint, der würdevollen Schönheit dieses Textes mit einem routinierten Lob auf den Leib zu rücken.
Was in dem Buch geschieht, ist eine permanente Transformation. Die persönliche Geschichte von Eribons Mutter wird in eine allgemeine, unpersönliche Form verwandelt, deren erstes Anliegen es ist, für Menschen zu sprechen, die durch das Alter bewegungs- und sprachlos geworden sind und dadurch ihre Rechte nicht mehr formulieren und beanspruchen können. Deshalb ist auch der Titel "Eine Arbeiterin" programmatisch. Das Buch handelt aber auch von Revisionen im besten Sinn, von Neueinstellungen des Blickes auf die gleichen Menschen und Dinge im Laufe der Zeit und unter veränderten Bedingungen.
Ging es in der "Rückkehr nach Reims" vor allem um die Scham, die einen begabten homosexuellen jungen Menschen über seine Herkunft aus der Arbeiterklasse bedrückt, wenn er den Weg in die Pariser Wissenschaftler- und Intellektuellenwelt geschafft hat, so ist beim Anblick der alten Mutter die Scham eine grundsätzliche geworden. Als Eribon zusammen mit seinen Brüdern der Mutter die Notwendigkeit des Umzugs in ein Seniorenheim für Menschen mit eingeschränkter Mobilität mit dem Satz "Du musst vernünftig sein, es geht nicht anders" klarzumachen versucht, fällt ihm auf, wie sehr er als junger Student diesen moralischen Stoizismus der Vernunft an René Descartes verachtete und bekämpft hatte. Sich vernünftig in die Verhältnisse zu fügen, sich, wie der Philosoph lehrt, den Wunsch, frei zu sein, zu verbieten, wenn man im Gefängnis sitzt, erschien dem jungen Eribon als Negation jedes politischen Denkens und Handelns. Jetzt aber hatte er seiner Mutter genau jenen Grundsatz Descartes' nahegebracht, wohl wissend, dass das Altersheim ihr Gefängnis sein würde.
Wie hier bettet der Soziologe Eribon die persönliche Situation der Mutter immer so unaufdringlich in allgemeine Lehren ein, dass man bestimmt eines nicht verliert: den Glauben an die aufklärerische Wirkung von Wissenschaft und Kunst. Wenn er zum Beispiel die Einschränkungen der Sozialkontakte, die der Umzug ins Wohnheim für die Mutter mit sich bringt, beschreibt und auf die schwere Arbeit der Altenpflegerinnen und deren schlechte Bezahlung aufmerksam macht, verweist er auf Erving Goffmans Begriff der "Territorien des Selbst" und Ken Loachs Film "Sorry We Missed You", in dem eine der Hauptfiguren als Altenpflegerin arbeitet.
Und als ihm klar wird, dass mit dem Tod der Mutter vor allem die genealogischen Kenntnisse über Generationen der eigenen Familie aus seinem Leben verschwinden werden, ist der Verweis auf Simone de Beauvoirs Buch "Das Alter" folgerichtig. Denn wer sonst als Beauvoir hätte darauf verweisen sollen, dass die Erinnerungsarbeit in den Familien die Arbeit der Frauen ist, und zwar nicht nur, weil sie in der Regel älter werden als die Männer.
Didier Eribon: "Eine Arbeiterin". Aus dem Französischen von Sonja Finck. Suhrkamp Verlag, 272 Seiten, 25 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.03.2024Hymne an die Schwäche
Didier Eribons Mutter starb kurz nach dem Einzug ins Heim. Jetzt hat er ein federleichtes Buch
über sie geschrieben – über Trauer, Überforderung und das schlechte Gewissen.
VON NILS MINKMAR
Nur noch fünf Minuten. Der Sohn wartet vor der Wohnungstür seiner betagten Mutter und sorgt sich. Er klopft und klingelt. Immer wieder antwortet die Frau mit dem gleichen Satz: noch fünf Minuten. Er redet durch die Tür auf sie ein, fragt, was los sei? Ja. Noch fünf Minuten. Aus denen wird eine halbe Stunde und mehr. Irgendwann wird die Lage suspekt. Die Tür – die Furcht vor Einbrüchen ist groß in Frankreich – ist nicht von außen zu öffnen. Die Feuerwehr muss kommen und über den Balkon einsteigen, um der alten Dame wieder aufzuhelfen. Sie öffnen die Tür von innen, und der Sohn kann endlich hinein. Nun ist er ratlos und beschämt zugleich, denn seine Mutter liegt nackt auf dem Boden. Er sucht ein Kleidungsstück, redet mit den Feuerwehrleuten und fühlt sich vollends hilflos.
Szenen wie diese, aus seinem aktuellen Buch „Die Arbeiterin“ sind es, die den einzigartigen Stellenwert des Werks von Didier Eribon ausmachen. Der siebzigjährige Franzose ist in mehreren Rollen und Disziplinen zu Hause. Er begann als Lehrer, wurde Journalist und engagierter Soziologie, der früh für die Rechte von Schwulen und Lesben kämpfte. Seine Freundschaft zu dem großen Wissenschaftshistoriker Michel Foucault und zu Pierre Bourdieu, dem Soziologen, war ein festes Element des intellektuellen Lebens im Paris der Achtzigerjahre. Auch mit Simone de Beauvoir war er befreundet.
Eribon ist in dieser Hinsicht der Bewahrer einer spezifischen Tradition: Er wirkt und lebt als öffentlicher Intellektueller. Sein wesentlicher Arbeitsplatz sind die Cafés des Quartiers Latin, wenn er nicht gerade in der ganzen Welt umherreist. Eribon hatte Gastprofessuren in Berkeley, Dartmouth und zahlreichen anderen Hochschulen. Aber es war sein Memoiren-Buch „Rückkehr nach Reims“, das ihm zu einer ihm gemäßen Form von Ruhm verhalf.
Darin beschreibt er die kulturelle und politische Veränderung seiner Heimatstadt und seiner Familie. Das Arbeitermilieu der Champagne hat einen tiefen Wandel vollzogen und diejenigen, die, wie seine Eltern, einst die Kommunisten wählten, sind nun bei der Front National, heute dem Rassemblement National der rechtsextremen Familie Le Pen gelandet. Das Buch hat den Blick auf den Aufstieg des Rechtspopulismus verändert: Sah man deren Wähler einst als Ewiggestrige oder verführte Seelen, gerieten nach der Rezeption von Rückkehr nach Reims auch die kulturellen Gründe für die Hinwendung zu extremen Rechten in den Fokus. Die Deklassierung der Industriearbeiter geschah eben nicht nur materiell, sondern vor allem auch habituell und weltanschaulich: Plötzlich zog das Proletariat nicht mehr mit der neuen Zeit, sondern sie galten als reaktionäre Spießer aus der Provinz, die nicht mehr in die globalisierte und schicke Welt passen.
Das Buch wurde nicht sofort in seiner Besonderheit und Qualität erkannt, sondern es geschah über Umwege. Der wichtigste war die Empfehlung des Schriftstellers Édouard Louis. Sein großer Erfolg „Das Ende von Eddy“ gab zu Nachfragen Anlass. Wer oder was hatte ihn zu dem Memoiren-Buch über die harte Jugend als schwuler Junge im nordfranzösischen Proletariat inspiriert?
In vielen, vielen Interviews verwies Louis auf die „Rückkehr nach Reims“ und sicherte dem älteren Freund eine frische Aufmerksamkeit. Seitdem hat Eribon die Begrenzungen der akademischen Welt hinter sich gelassen. Thomas Ostermeier inszenierte das Buch, Eribon wurde zu einem der bekanntesten französischen Intellektuellen der Gegenwart – und wie das immer der Fall ist, im Ausland noch gefragter als zu Hause.
Ein Dritter ist in ihrem Bunde, der Philosoph Geoffroy de Lagasnerie. Er ist ein Freund von Louis und der Partner von Eribon. Ihre enge Freundschaft ist aber nicht nur eine Privatsache oder Stoff ihrer Bücher, sondern unterdessen auch ein politisches Thema. De Lagasnerie hat ein Buch über das Thema der Freundschaft geschrieben und stellt dort den gesellschaftlichen und administrativen Vorrang der Familie vor der Freundschaft infrage. Das intellektuelle Trio ist Vorreiter einer besseren Anerkennung der Freundschaftsbande als Keimzelle der Gesellschaft.
Dieses Motiv klingt auch in „Die Arbeiterin“ an. Denn Eribon trifft zwar mit einem seiner Brüder zusammen, als sie den Umzug der Mutter in ein Altersheim ausführen. Der Bruder meckert, das Einräumen der Wäsche in den Schrank sei Frauenarbeit. Didier notiert: „Was verbindet uns? Nichts. Wie befremdlich und nahezu unerträglich das sein kann, was man gemeinhin »Familienbande« nennt. (…) Was verband uns? Nichts. Rein gar nichts. Außer der Tatsache, dass wir hier waren, um uns um unsere Mutter zu kümmern, dass wir hier sein mussten.“
Es ist sein Partner, der ihn gelegentlich bei Besuchen in Reims begleitet hat und ihm Kraft gibt. So beleuchtet dieses Erinnerungsbuch nicht nur das spezielle Thema, die Erfahrung der Mutter im Heim, sondern noch viel mehr. Dass dies alles so wunderbar gelingt, liegt an nichts anderem als am Autor selbst. Im persönlichen Kontakt ist Didier Eribon ein aufmerksamer, höflicher und humorvoller Mensch, und genau das entfaltet sich auch, wenn er schreibt. Er verfällt nicht in einen wissenschaftlichen Jargon und jagt keiner literarischen Mode nach, sondern schreibt, als würde man an seinem Tisch im Café sitzen.
In diesem Sinne hat er weniger von Foucault oder Bourdieu, sondern mehr von Michel de Montaigne. Der Effekt ist verblüffend und überzeugend, es ist ein Buch, das sein Genre erst erfindet. Bald finden sich berührende Szenen wie jene der fünf Minuten, dann wieder Gedanken zu Zitaten von de Beauvoir oder Samuel Beckett. Seine beeindruckende Belesenheit ist aber nur ein Mittel, um das Gespräch in Gang und im Rahmen zu halten. Er fügt seine Erfahrungen auch in den größeren politischen Kontext ein.
In Frankreich gab es spektakuläre Skandale, die Zustände in Seniorenheimen betreffend – und vor allem in privat geführten, teuren Einrichtungen. Eribon identifiziert hier ein konkretes politisches Problem: Warum gibt es keine Vertretung für jene alten Personen, die in Heimen wohnen? Bis zu ihrem Einzug waren sie Bürgerinnen und Bürger, nun hört und sieht man sie nicht mehr. Dass es unter solchen Umständen zu Misshandlungen und Übergriffen kommt, wundert ihn nicht.
Allerdings – und das ist der schmerzliche Kern der Sache – konnte seine Mutter noch sehr genau beschreiben und ausdrücken, was ihr in dem Heim angetan wurde. Sie sprach es dem Sohn auf die Mailbox. Der reagierte nicht, war unterwegs. Erst nach ihrem raschen Tod wurde ihm klar, dass seine Mutter eine Art Zeugenaussage in eigener Sache formuliert hatte. Sie starb nur sieben Wochen nach dem Einzug ins Heim. Das schlechte Gewissen des Sohnes ist eine Grundfarbe dieses komplexen Buches.
Ein selten betonter Aspekt der Memoiren von Eribon ist der Humor, den er seiner Mutter attestiert. Diese Frau lebte ein Leben voller Entbehrungen, Trauer und Gewalt, wusste aber, wie sie ihren Sohn zugleich schockieren und erheitern konnte. Einmal erzählte sie von ihrem neuen Freund, einem Mann, den sie im Alter kennen und lieben gelernt hat. Unvermittelt erläutert sie dem geschockten Sohn, dass ihr Freund wegen Herzproblemen nicht mehr richtig könne, also bliebe nur kuscheln. Das „Aber Mama!“ des Sohnes kommt öfter. Manchmal lässt sie eine rassistische Bemerkung fallen, und der Sohn empört sich erwartungsgemäß. Wird sich die Alte klammheimlich über den korrekten Sohn amüsiert haben? Selbstironie ist Eribon jedenfalls nicht fremd.
Eribon versucht gar nicht erst, seine Überforderung mit den Situationen im Heim und danach in der Trauer zu kaschieren. Er ist hier nicht der weltgewandte Gelehrte, der alles einzuordnen weiß. Als er von einem Besuch im Heim mit dem Bus zurückfährt, notiert er den für einen Intellektuellen ganz verblüffend ehrlichen Satz: „Ich wusste nicht, was ich denken sollte.“ Er macht sich Vorwürfe und hat auch recht damit. Zugleich ist da die Erleichterung, ein anderes Leben führen zu können, sich befreit zu haben. Der Verlust der Mutter ist ihm auch Auftrag, Spuren und Erinnerungen zu suchen, aber in seinem einstigen Milieu sind schriftliche Zeugnisse selten, und die paar Fotos erträgt er nur zum Teil.
Das Buch ist voller Stärken in der Analyse, der Genauigkeit der Beschreibungen, der Fülle der Bezüge und Zitate – und doch eine Hymne an die Schwäche. An die Tagträume der Mutter, die Unbeholfenheit in einer Familie, an die Gefühle und die Rührung. Eribon erinnert uns daran, dass das Wesen der Menschlichkeit nicht in der Perfektion, nicht im Gelingen liegt, sondern in der Endlichkeit und Zerbrechlichkeit. Wie sähe eine Gesellschaft aus, die von solch einem Menschenbild ausgeht? Dass unsere Einsamkeit im Alter und im Sterben unsere größte Gemeinsamkeit im Leben ist? „Die Arbeiterin“ ist ein Buch, dessen Titel ein Versprechen ist. Es arbeitet weiter noch lange nach der letzten Seite.
Dieses Buch ist
voller Stärken
in der Analyse
Didier Eribon: Eine Arbeiterin. Leben, Alter und Sterben. Suhrkamp Verlag, Berlin 2024. 272 Seiten, 25 Euro.
Er begann als Lehrer, wurde Journalist und engagierter Soziologie, heute wirkt
und lebt er als öffentlicher Intellektueller: Didier Eribon. Foto: Sven Simon / imago
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Didier Eribons Mutter starb kurz nach dem Einzug ins Heim. Jetzt hat er ein federleichtes Buch
über sie geschrieben – über Trauer, Überforderung und das schlechte Gewissen.
VON NILS MINKMAR
Nur noch fünf Minuten. Der Sohn wartet vor der Wohnungstür seiner betagten Mutter und sorgt sich. Er klopft und klingelt. Immer wieder antwortet die Frau mit dem gleichen Satz: noch fünf Minuten. Er redet durch die Tür auf sie ein, fragt, was los sei? Ja. Noch fünf Minuten. Aus denen wird eine halbe Stunde und mehr. Irgendwann wird die Lage suspekt. Die Tür – die Furcht vor Einbrüchen ist groß in Frankreich – ist nicht von außen zu öffnen. Die Feuerwehr muss kommen und über den Balkon einsteigen, um der alten Dame wieder aufzuhelfen. Sie öffnen die Tür von innen, und der Sohn kann endlich hinein. Nun ist er ratlos und beschämt zugleich, denn seine Mutter liegt nackt auf dem Boden. Er sucht ein Kleidungsstück, redet mit den Feuerwehrleuten und fühlt sich vollends hilflos.
Szenen wie diese, aus seinem aktuellen Buch „Die Arbeiterin“ sind es, die den einzigartigen Stellenwert des Werks von Didier Eribon ausmachen. Der siebzigjährige Franzose ist in mehreren Rollen und Disziplinen zu Hause. Er begann als Lehrer, wurde Journalist und engagierter Soziologie, der früh für die Rechte von Schwulen und Lesben kämpfte. Seine Freundschaft zu dem großen Wissenschaftshistoriker Michel Foucault und zu Pierre Bourdieu, dem Soziologen, war ein festes Element des intellektuellen Lebens im Paris der Achtzigerjahre. Auch mit Simone de Beauvoir war er befreundet.
Eribon ist in dieser Hinsicht der Bewahrer einer spezifischen Tradition: Er wirkt und lebt als öffentlicher Intellektueller. Sein wesentlicher Arbeitsplatz sind die Cafés des Quartiers Latin, wenn er nicht gerade in der ganzen Welt umherreist. Eribon hatte Gastprofessuren in Berkeley, Dartmouth und zahlreichen anderen Hochschulen. Aber es war sein Memoiren-Buch „Rückkehr nach Reims“, das ihm zu einer ihm gemäßen Form von Ruhm verhalf.
Darin beschreibt er die kulturelle und politische Veränderung seiner Heimatstadt und seiner Familie. Das Arbeitermilieu der Champagne hat einen tiefen Wandel vollzogen und diejenigen, die, wie seine Eltern, einst die Kommunisten wählten, sind nun bei der Front National, heute dem Rassemblement National der rechtsextremen Familie Le Pen gelandet. Das Buch hat den Blick auf den Aufstieg des Rechtspopulismus verändert: Sah man deren Wähler einst als Ewiggestrige oder verführte Seelen, gerieten nach der Rezeption von Rückkehr nach Reims auch die kulturellen Gründe für die Hinwendung zu extremen Rechten in den Fokus. Die Deklassierung der Industriearbeiter geschah eben nicht nur materiell, sondern vor allem auch habituell und weltanschaulich: Plötzlich zog das Proletariat nicht mehr mit der neuen Zeit, sondern sie galten als reaktionäre Spießer aus der Provinz, die nicht mehr in die globalisierte und schicke Welt passen.
Das Buch wurde nicht sofort in seiner Besonderheit und Qualität erkannt, sondern es geschah über Umwege. Der wichtigste war die Empfehlung des Schriftstellers Édouard Louis. Sein großer Erfolg „Das Ende von Eddy“ gab zu Nachfragen Anlass. Wer oder was hatte ihn zu dem Memoiren-Buch über die harte Jugend als schwuler Junge im nordfranzösischen Proletariat inspiriert?
In vielen, vielen Interviews verwies Louis auf die „Rückkehr nach Reims“ und sicherte dem älteren Freund eine frische Aufmerksamkeit. Seitdem hat Eribon die Begrenzungen der akademischen Welt hinter sich gelassen. Thomas Ostermeier inszenierte das Buch, Eribon wurde zu einem der bekanntesten französischen Intellektuellen der Gegenwart – und wie das immer der Fall ist, im Ausland noch gefragter als zu Hause.
Ein Dritter ist in ihrem Bunde, der Philosoph Geoffroy de Lagasnerie. Er ist ein Freund von Louis und der Partner von Eribon. Ihre enge Freundschaft ist aber nicht nur eine Privatsache oder Stoff ihrer Bücher, sondern unterdessen auch ein politisches Thema. De Lagasnerie hat ein Buch über das Thema der Freundschaft geschrieben und stellt dort den gesellschaftlichen und administrativen Vorrang der Familie vor der Freundschaft infrage. Das intellektuelle Trio ist Vorreiter einer besseren Anerkennung der Freundschaftsbande als Keimzelle der Gesellschaft.
Dieses Motiv klingt auch in „Die Arbeiterin“ an. Denn Eribon trifft zwar mit einem seiner Brüder zusammen, als sie den Umzug der Mutter in ein Altersheim ausführen. Der Bruder meckert, das Einräumen der Wäsche in den Schrank sei Frauenarbeit. Didier notiert: „Was verbindet uns? Nichts. Wie befremdlich und nahezu unerträglich das sein kann, was man gemeinhin »Familienbande« nennt. (…) Was verband uns? Nichts. Rein gar nichts. Außer der Tatsache, dass wir hier waren, um uns um unsere Mutter zu kümmern, dass wir hier sein mussten.“
Es ist sein Partner, der ihn gelegentlich bei Besuchen in Reims begleitet hat und ihm Kraft gibt. So beleuchtet dieses Erinnerungsbuch nicht nur das spezielle Thema, die Erfahrung der Mutter im Heim, sondern noch viel mehr. Dass dies alles so wunderbar gelingt, liegt an nichts anderem als am Autor selbst. Im persönlichen Kontakt ist Didier Eribon ein aufmerksamer, höflicher und humorvoller Mensch, und genau das entfaltet sich auch, wenn er schreibt. Er verfällt nicht in einen wissenschaftlichen Jargon und jagt keiner literarischen Mode nach, sondern schreibt, als würde man an seinem Tisch im Café sitzen.
In diesem Sinne hat er weniger von Foucault oder Bourdieu, sondern mehr von Michel de Montaigne. Der Effekt ist verblüffend und überzeugend, es ist ein Buch, das sein Genre erst erfindet. Bald finden sich berührende Szenen wie jene der fünf Minuten, dann wieder Gedanken zu Zitaten von de Beauvoir oder Samuel Beckett. Seine beeindruckende Belesenheit ist aber nur ein Mittel, um das Gespräch in Gang und im Rahmen zu halten. Er fügt seine Erfahrungen auch in den größeren politischen Kontext ein.
In Frankreich gab es spektakuläre Skandale, die Zustände in Seniorenheimen betreffend – und vor allem in privat geführten, teuren Einrichtungen. Eribon identifiziert hier ein konkretes politisches Problem: Warum gibt es keine Vertretung für jene alten Personen, die in Heimen wohnen? Bis zu ihrem Einzug waren sie Bürgerinnen und Bürger, nun hört und sieht man sie nicht mehr. Dass es unter solchen Umständen zu Misshandlungen und Übergriffen kommt, wundert ihn nicht.
Allerdings – und das ist der schmerzliche Kern der Sache – konnte seine Mutter noch sehr genau beschreiben und ausdrücken, was ihr in dem Heim angetan wurde. Sie sprach es dem Sohn auf die Mailbox. Der reagierte nicht, war unterwegs. Erst nach ihrem raschen Tod wurde ihm klar, dass seine Mutter eine Art Zeugenaussage in eigener Sache formuliert hatte. Sie starb nur sieben Wochen nach dem Einzug ins Heim. Das schlechte Gewissen des Sohnes ist eine Grundfarbe dieses komplexen Buches.
Ein selten betonter Aspekt der Memoiren von Eribon ist der Humor, den er seiner Mutter attestiert. Diese Frau lebte ein Leben voller Entbehrungen, Trauer und Gewalt, wusste aber, wie sie ihren Sohn zugleich schockieren und erheitern konnte. Einmal erzählte sie von ihrem neuen Freund, einem Mann, den sie im Alter kennen und lieben gelernt hat. Unvermittelt erläutert sie dem geschockten Sohn, dass ihr Freund wegen Herzproblemen nicht mehr richtig könne, also bliebe nur kuscheln. Das „Aber Mama!“ des Sohnes kommt öfter. Manchmal lässt sie eine rassistische Bemerkung fallen, und der Sohn empört sich erwartungsgemäß. Wird sich die Alte klammheimlich über den korrekten Sohn amüsiert haben? Selbstironie ist Eribon jedenfalls nicht fremd.
Eribon versucht gar nicht erst, seine Überforderung mit den Situationen im Heim und danach in der Trauer zu kaschieren. Er ist hier nicht der weltgewandte Gelehrte, der alles einzuordnen weiß. Als er von einem Besuch im Heim mit dem Bus zurückfährt, notiert er den für einen Intellektuellen ganz verblüffend ehrlichen Satz: „Ich wusste nicht, was ich denken sollte.“ Er macht sich Vorwürfe und hat auch recht damit. Zugleich ist da die Erleichterung, ein anderes Leben führen zu können, sich befreit zu haben. Der Verlust der Mutter ist ihm auch Auftrag, Spuren und Erinnerungen zu suchen, aber in seinem einstigen Milieu sind schriftliche Zeugnisse selten, und die paar Fotos erträgt er nur zum Teil.
Das Buch ist voller Stärken in der Analyse, der Genauigkeit der Beschreibungen, der Fülle der Bezüge und Zitate – und doch eine Hymne an die Schwäche. An die Tagträume der Mutter, die Unbeholfenheit in einer Familie, an die Gefühle und die Rührung. Eribon erinnert uns daran, dass das Wesen der Menschlichkeit nicht in der Perfektion, nicht im Gelingen liegt, sondern in der Endlichkeit und Zerbrechlichkeit. Wie sähe eine Gesellschaft aus, die von solch einem Menschenbild ausgeht? Dass unsere Einsamkeit im Alter und im Sterben unsere größte Gemeinsamkeit im Leben ist? „Die Arbeiterin“ ist ein Buch, dessen Titel ein Versprechen ist. Es arbeitet weiter noch lange nach der letzten Seite.
Dieses Buch ist
voller Stärken
in der Analyse
Didier Eribon: Eine Arbeiterin. Leben, Alter und Sterben. Suhrkamp Verlag, Berlin 2024. 272 Seiten, 25 Euro.
Er begann als Lehrer, wurde Journalist und engagierter Soziologie, heute wirkt
und lebt er als öffentlicher Intellektueller: Didier Eribon. Foto: Sven Simon / imago
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