Die Nullerjahre in einer heruntergekommenen Wohnsiedlung in einem Vorort von Seoul: Ich-Erzähler Inmo ist ein erfolgloser Filmregisseur; von seiner Frau verlassen, alkoholabhängig und verschuldet, kriecht er bei seiner Mutter unter. Dort haust bereits sein Bruder Hanmo, ein verfetteter Ex-Gangster auf Freigang, der den Spitznamen Hammer trägt. Dazu gesellt sich die Schwester der beiden, Miyon, die ihre beiden Ehen und ihr florierendes Café durch ihr notorisches Fremdgehen ruiniert hat. Die Mutter der drei, eine wortkarge Witwe Mitte siebzig, die mit dem Tür-zu-Tür-Verkauf von Kosmetik Geld verdient, hat ihre eigene Methode zur Streitschlichtung: Sie setzt ihren Kindern Unmengen von Essen vor. Sowohl die Mitglieder der dysfunktionalen Bumerangfamilie als auch die Nebenfiguren des Romans bekommen gehörig ihr Fett weg, wobei es wie schon in Der Wal wieder einmal die Frauen sind, die sich am Ende als die Lebenstüchtigeren erweisen. »Cheon Myeong-kwan porträtiert entmenschlichte Charaktere, deren Verhalten fiktionalen Werken nachempfunden ist. Reservoir Dogs von Tarantino, Jules et Jim von Truffaut, Der Mann der Frisöse von Patrice Leconte, und insbesondere Hemingway, dessen Werke der Ich-Erzähler im Altpapier findet.« Sophie Joubert, in der Tageszeitung L'Humanité
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Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Rezensentin Katharina Borchardt erinnert sich, angestoßen durch die Hemingway-Lektüre des Hauptprotagonisten in Cheon Myeong-kwans Roman, an die Eisberg-Theorie des US-Autoren Hemingway: Eine gute Geschichte dürfe nur ein Achtel ihres Stoffes auserzählen, den Rest müssten die Lesenden selbst ergänzen. Myeong-kwan hat sich leider nicht daran gehalten, bedauert die Rezensentin, im Gegenteil: Er zeigt sieben Achtel des Geschehens, lässt kaum etwas unausgesprochen und packt noch so viel oben drauf, dass der ganze Roman gehörig ins Wanken gerät: Eine Lovestory, eine Mordserie, eine Karriere im Porno-Business, einen Gangster-Thriller mixt die Autorin zusammen. Dabei hätte die Familiengeschichte, die nun vor allem Rahmenerzählung in einer Rahmenerzählung dient, für sich genommen durchaus Potenzial: Drei erwachsene Kinder kehren, nachdem sie alle auf ihre eigene Weise gescheitert sind oder sich in der Krise befinden, zurück in ihr Elternhaus, zur Mutter, fasst Borchardt zusammen. Myeong-kwan hat Humor und ein Talent für witzige Dialoge, lesen wir, doch statt diese vielversprechende Ausgangslage unterhaltsam auszugestalten, überlädt er sie mit allerlei erzählerischem Tand. Das Ergebnis: Völlige Überfrachtung und ein erheblicher Mangel an Tiefe, so das Resümee der enttäuschten Rezensentin.
© Perlentaucher Medien GmbH
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