Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.10.2008Zwei Zauberküsse auf Papier
Guten-Morgen-Küsse, Verzeih-Schatz-Küsse, labbrige Küsse und vielerlei andere Kussarten verschmäht seit den frühen 70er Jahren Tomi Ungerers Kater Toby in dem Klassiker Kein Kuss für Mutter. Heutzutage und besonders bei Zebras geht es anders zu. Sie stellen zum Beispiel Gutenachtküsse her. Wie das geht? Ganz einfach. Mama und Papa geben sich einen Kuss, halten dabei ein Blatt Papier zwischen ihre Münder und blitzschnell zaubern sie zwei Küsse aufs Papier. Zusammengefaltet und in eine Dose verpackt sind diese Kussbonbons wunderbarer Proviant für den kleinen Zeo, der zum ersten Mal allein ins Ferienlager verreist. Tapfer – er ist ja schon ein großer Zebrajunge – übersteht er den Abschied von den Eltern. Als es in der Eisenbahn dunkel wird, muss er einfach in die Dose greifen. Dicht an das Papier gedrückt, geht es ihm ein wenig besser, aber als hinter ihm ein anderes Zebrakind so gar nicht aufhören kann bitterlich zu weinen, braucht er dringend einen weiteren Kuss. Ein winziges bisschen getröstet, kommt ihm zaghaft der Gedanke: er könnte einen Kussbonbon von Mama und Papa abgeben. Tatsä;chlich – es wirkt! Nun brauchen alle mitreisenden Zebrakinder auch eines dieser besonderen Bonbons, um sofort beruhigt einzuschlafen. Die Kussdose allerdings ist leer. Doch Zeo braucht sie nicht mehr, er hat jetzt Freunde und keine Zeit mehr für Guten-Morgen-Küsse. Soviel Schmerz und Herz ist nur auszuhalten, weil Michel Gay die Geschichte mit der strengen Schönheit klarer Linie und in gedämpften Farben erzählt und damit der Rührung Grenzen setzt, doch der Phantasie viel freien Raum lässt. Eine Dose Kussbonbons als Lektüre, aber auch als Mundvorrat für die Reisen aller Generationen , ist sehr zu empfehlen. (ab 3 Jahre) ELISABETH HOHMEISTER
MICHEL GAY: Eine Dose Kussbonbons. Aus dem Französischen von Tobias Scheffel. Moritz Verlag 2008. 32 Seiten, 12,80 Euro.
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Guten-Morgen-Küsse, Verzeih-Schatz-Küsse, labbrige Küsse und vielerlei andere Kussarten verschmäht seit den frühen 70er Jahren Tomi Ungerers Kater Toby in dem Klassiker Kein Kuss für Mutter. Heutzutage und besonders bei Zebras geht es anders zu. Sie stellen zum Beispiel Gutenachtküsse her. Wie das geht? Ganz einfach. Mama und Papa geben sich einen Kuss, halten dabei ein Blatt Papier zwischen ihre Münder und blitzschnell zaubern sie zwei Küsse aufs Papier. Zusammengefaltet und in eine Dose verpackt sind diese Kussbonbons wunderbarer Proviant für den kleinen Zeo, der zum ersten Mal allein ins Ferienlager verreist. Tapfer – er ist ja schon ein großer Zebrajunge – übersteht er den Abschied von den Eltern. Als es in der Eisenbahn dunkel wird, muss er einfach in die Dose greifen. Dicht an das Papier gedrückt, geht es ihm ein wenig besser, aber als hinter ihm ein anderes Zebrakind so gar nicht aufhören kann bitterlich zu weinen, braucht er dringend einen weiteren Kuss. Ein winziges bisschen getröstet, kommt ihm zaghaft der Gedanke: er könnte einen Kussbonbon von Mama und Papa abgeben. Tatsä;chlich – es wirkt! Nun brauchen alle mitreisenden Zebrakinder auch eines dieser besonderen Bonbons, um sofort beruhigt einzuschlafen. Die Kussdose allerdings ist leer. Doch Zeo braucht sie nicht mehr, er hat jetzt Freunde und keine Zeit mehr für Guten-Morgen-Küsse. Soviel Schmerz und Herz ist nur auszuhalten, weil Michel Gay die Geschichte mit der strengen Schönheit klarer Linie und in gedämpften Farben erzählt und damit der Rührung Grenzen setzt, doch der Phantasie viel freien Raum lässt. Eine Dose Kussbonbons als Lektüre, aber auch als Mundvorrat für die Reisen aller Generationen , ist sehr zu empfehlen. (ab 3 Jahre) ELISABETH HOHMEISTER
MICHEL GAY: Eine Dose Kussbonbons. Aus dem Französischen von Tobias Scheffel. Moritz Verlag 2008. 32 Seiten, 12,80 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Ausgesprochen herzerwärmend findet Rezensent Konrad Heidkamp dieses Bilderbuch, dass er mit einfachen Mitteln zum Märchenbuch verzaubert fand. Denn darin werde ein höchst nachahmenswertes und kostengünstiges Rezept für gutenachtkusslose Nächte und Morgen vorgestellt: Durchexerziert an einem kleinen Zebra, das ins Ferienlager fährt. Dass hier ein Tier und kein Mensch im Zentrum dieser Geschichte steht, bewahrt sie davor, die Balance zwischen Kitsch und Wirklichkeit zu verlieren, die für Heidkamp den besonderen Reiz dieses Bilderbuchs ausmacht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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