Maryam Madjidi erzählt in ihrem autobiografischen (?) Roman die Geschichte von Maryam und ihrem Aufwachsen als Teenager im französischen Drancy. Hier lebt sie mit ihrer Familie, mit der sie als sechsjährige aus dem Iran geflüchtet ist. Maryam berichtet aus ihrer Teenagerperspektive von einem
Aufwachsen im Pariser Umland, wo Perspektivlosigkeit und Armut den Alltag prägen. Wo sie sich wünscht, mehr…mehrMaryam Madjidi erzählt in ihrem autobiografischen (?) Roman die Geschichte von Maryam und ihrem Aufwachsen als Teenager im französischen Drancy. Hier lebt sie mit ihrer Familie, mit der sie als sechsjährige aus dem Iran geflüchtet ist. Maryam berichtet aus ihrer Teenagerperspektive von einem Aufwachsen im Pariser Umland, wo Perspektivlosigkeit und Armut den Alltag prägen. Wo sie sich wünscht, mehr "französisch" auszusehen, weniger von dunklen Körperhaaren geplagt zu sein und möglichst nicht zum Mobbingopfer ihrer Klassenkamerad*innen zu werden. Sie will weg aus dieser Trostlosigkeit von Drancy und sieht ihre Chance darin, über den Besuch einer Eliteschule aus diesem Umfeld auszubrechen.
Maryam ist eine sympathische junge Erzählerin, die uns mitnimmt in ihre jugendlichen Gedanken und die aufzeigt was es bedeutet, in diesem Umfeld heranzuwachsen. Episodenhaft berichtet sie u.a. von ihrem Verhältnis zu ihrem Körper, von desillusionierten Lehrkräften und später im Roman auch über ihre Zeit an einer französischen Eliteschule. Zwischen den von der jungen Maryam erzählten Kapiteln wird gelegentlich in wenigen Sätzen die Perspektive der erwachsenen Maryam erzählt. Es sind gerade diese Stellen im Roman, die mich am meisten überzeugt haben. Sie reflektieren Maryams Jugend und blicken als Erwachsene auf Drancy und auf ihr Verhältnis zu ihrer Heimatstadt. Sowohl inhaltlich als auch sprachlich empfand ich diese wenigen Seiten als die stärksten im Roman.
Leider bleibt der Roman an vielen Stellen sehr oberflächlich. So hätte ich mir einen tieferen Einblick in Maryams Weg und Zeit am Pariser Elitengymnasium gewünscht, denn gerade dieser auf dem Klappentext angekündigte Handlungsstrang wurde mir am Ende zu schnell erzählt. Hier hätte noch einiges an Potential gesteckt, um noch stärker Maryams Gefühle, den herrschenden Klassismus und Rassismus sowie die elitären Strukturen im französischen Bildungssystem zu porträtieren.
Trotz meiner Kritik: "Eine feine Linie" ist ein lesenswerter Roman, der trotz der tristen Kulisse der französischen Banlieue in einer erfrischenden sowie klaren Sprache zum Schmunzeln anregt und mit einer äußerst sympathischen Protagonistin überzeugt.