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Zehn miteinander verbundene Geschichten, die von zehn Bildern von Edward Hopper inspiriert sind, von ihnen ausgehen oder zu ihnen hinführen: Sie handeln von der Liebe, von Treue, Affären, Trennungen und davon, dass unsere Gefühle für andere Menschen selten eindeutig sind. In dem ihm eigenen Ton voller Komik und Melancholie schafft Grytten, einer der bedeutendsten Autoren der Gegenwartsliteratur in Norwegen, eine suggestive Anverwandlung von Kunst und Leben.

Produktbeschreibung
Zehn miteinander verbundene Geschichten, die von zehn Bildern von Edward Hopper inspiriert sind, von ihnen ausgehen oder zu ihnen hinführen: Sie handeln von der Liebe, von Treue, Affären, Trennungen und davon, dass unsere Gefühle für andere Menschen selten eindeutig sind. In dem ihm eigenen Ton voller Komik und Melancholie schafft Grytten, einer der bedeutendsten Autoren der Gegenwartsliteratur in Norwegen, eine suggestive Anverwandlung von Kunst und Leben.
Autorenporträt
Frode Grytten, 1960 geboren, wuchs in der kleinen Industriestadt Odda in Norwegen auf. Frode Grytten lebt als Schriftsteller und Journalist im norwegischen Bergen. Er erhielt 1999 den Brageprisen, den höchstdotierten Literaturpreis in Norwegen.

Ina Kronenberger, geboren 1965 in der Pfalz, übersetzt aus dem Norwegischen und Französischen, u.a. Per Petterson, Linn Ullmann, Ketil Björnstad, Anna Gavalda, Amin Maalouf und Thomas Gunzig.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.03.2009

Ehekrisen wie aus dem Bilderbuch
„Eine Frau in der Sonne”: Der Schriftsteller Frode Grytten hat Erzählungen nach Bildern von Edward Hopper geschrieben
Obwohl immer mehr Menschen immer weniger Zeit zum Lesen haben, verkaufen sich Romane viel besser als Erzählungsbände. Das wissen auch die Autoren, und so greifen manche, wenn ihnen der Atem für ein Epos fehlt oder sie sich mit der kurzen Form künstlerisch auseinandersetzen möchten, auf eine Kompromisslösung zurück – die Zusammenstellung konzeptuell oder motivisch verknüpfter Geschichten, die dann, wie es beim jüngsten Werk von Daniel Kehlmann geschah, aus Marketing-Gründen notfalls immer noch als „Roman” deklariert werden kann.
Der Norweger Frode Grytten, Jahrgang 1960, erhielt 1999 viel Lob für seinen Roman „Bikubesong” (deutsch: „Was im Leben zählt”), der aus 25 locker verbundenen Erzählungen über die Bewohner eines Mietshauses bestand, und zwei Jahre später veröffentlichte er eine Novellensammlung, in der jedes Stück einem klassischen Popsong zugeordnet war. Auch in seinem neuen Prosaband frönt er dem Hang zum disziplinierenden Konzept, diesmal freilich auf eine Art, die man sonst eher aus gymnasialen Aufsatz-Exerzitien kennt: Erzählen nach Bildern.
Von zehn Gemälden des amerikanischen Realisten Edward Hopper hat Grytten sich zu entsprechend betitelten Liebesgeschichten inspirieren lassen. Wörtlich übersetzt und sachlich zutreffend heißt die Originalausgabe „Zimmer am Meer, Zimmer in der Stadt”. In der deutschen Fassung wurde daraus „Eine Frau in der Sonne”, was einerseits Gelegenheit gab, mit Hoppers „A Woman in the Sun” eine nackte weibliche Figur auf den Umschlag zu heben, und andererseits auf die Quintessenz dieser Erzählungen hindeutet: Auch dort, wo die Figuren ihre Nachtseiten offenbaren, fällt am Ende etwas wie Helligkeit in die skizzierten Seelenräume, oder es stellt sich eine Erkenntnis ein, die einer kleinen Erleuchtung ähnelt.
Liebesgeschichten – das meint hier vor allem: Ehekrisen, stille Beziehungsdramen, wie sie nach jahrelanger Zweisamkeit durch Entfremdung, Abstumpfung der Empfindungen, Mangel an wechselseitiger Aufmerksamkeit ausgelöst werden. Der Zustand unüberwindlicher Distanz bei räumlicher Nähe, in dem Edward Hoppers Paare wie eingefroren scheinen, und die gedankenverlorene Isolation seiner Einzelgestalten passen so perfekt dazu, dass die Wendung „wie aus dem Bilderbuch” sich geradezu anbietet. Gryttens Phantasie wurde jedoch ebenso von Gemälden angeregt, auf denen Menschen nicht anwesend oder kaum zu erkennen sind, wie „Zimmer am Meer”, „Einfahrt in die Stadt”, „Fenster bei Nacht” oder „Haus in der Abenddämmerung”.
Immer unterwegs
Einige der Erzählungen spielen im heimatlichen Ambiente Hoppers, in New York oder auf Cape Cod, aber auch Lissabon, London und Göteborg, Irland und Norwegen dienen als Hintergrund. Die vom Maler dargestellte Situation liefert jeweils den Ausgangspunkt einer Handlung, die sich dann frei und assoziativ entfaltet, ohne den Rahmen der Bildlogik zu sprengen, und schließlich in eine veränderte, mehr oder weniger befreiende Konstellation mündet. Das kann die Entscheidung für eine Trennung sein oder die Wiederbelebung des Gefühls; in einem Fall ist es tatsächlich das vorläufige Happy-End einer frischen Liebesgeschichte. Dazwischen sind die Figuren meist unterwegs, wie es Hoppers Hotelzimmer, Eisenbahnschienen, Bahndämme und Motels nahelegen. Fotografie, Malerei und Film sind ständig wiederkehrende Motive; Ein- und Ausblicke durch zahlreiche Fenster spiegeln die charakteristischen Bildkompositionen Hoppers im Text.
Angeblich hat Frode Grytten die Erzählungen nicht nacheinander fertiggestellt, sondern parallel an ihnen gearbeitet, um sich einer gewissen Einheitlichkeit in Stil und Ton zu vergewissern. Unübersehbar ist sein Bestreben, Hoppers ausgeklügelte Lichtregie, die Helldunkel-Kontraste und die kühl-elegante Ausstrahlung der Gemälde in Sprache zu überführen. Auch wenn ihm das nicht durchgängig gelungen ist (am wenigsten im inneren Monolog einer krebskranken Ehefrau am Schluss der letzten Geschichte), muss man ihm jedenfalls hoch anrechnen, dass die Figuren in ihrer literarischen Zweit-Existenz das Geheimnis behalten dürfen, das ihre Wirkung als Bildpersonal verbürgt. Über die Grenzen der Erzählungen hinaus gibt es zwischen ihnen keine Berührungspunkte; die einzige inhaltliche Querverbindung ist ein offenbar schicksalhaftes Datum, der 27. August, aber was es damit auf sich hat, behält der Verfasser für sich.
Die Klingeltöne der Gegenwart
„Nighthawks”, das bekannteste Werk von Edward Hopper, wurde übrigens bewusst ausgespart – nicht nur wegen seiner ikonenhaften Popularität, sondern auch deshalb, weil die Hüte der Herren hier eine Epochenzugehörigkeit signalisieren, die der Autor vermeiden wollte. Dass seine Phantasien in der Gegenwart angesiedelt sind, verrät allerdings schon das hohe Aufkommen von Mobiltelefonen, deren Klingeltöne man sich in Hoppers Räumen schwer vorstellen kann. Aber manchmal sind sie auf „stumm” geschaltet und machen sich nur durch rhythmisches Leuchten bemerkbar. Und sie wollen uns, was für die Erzählungen ein Glück ist, nichts über Fluch oder Segen moderner Kommunikationstechniken mitteilen. Dass das Individuum schon lange vor deren Erfindung ortlos war, lässt sich an jeder der hübschen kleinen Hopper-Reproduktionen in diesem Band ablesen. KRISTINA MAIDT-ZINKE
FRODE GRYTTEN: Eine Frau in der Sonne. Liebesgeschichten zu Bildern von Edward Hopper. Aus dem Norwegischen von Ina Kronenberger. Verlag Nagel & Kimche, Zürich 2009. 205 Seiten, 17,90 Euro.
Frode Grytten schätzt die kleine Form Foto: SZ Photo/Brigitte Friedrich
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Skeptisch nimmt Kristina Maidt-Zinke diesen Band von Frode Grytten in die Hand, dessen Hang zum Konzept ihr bekannt ist. Erzählen nach Bildern, so die dem Buch zugrunde liegende Aufgabe, klingt ihr erst einmal nach "gymnasialen Aufsatz-Exerzitien". Dass Maidt-Zinke die Liebesgeschichten nach Hopper-Gemälden dann doch mit Gewinn lesen kann, liegt zum einen an der Fähigkeit des Autors, die Helldunkel-Kontraste und die unterkühlte Eleganz der Bilder in Sprache zu überführen, wie die Rezensentin feststellt. Zum anderen bereichert Gryttens assoziatives Talent Hoppers Bildwelten um "befreiende Konstellationen", ein Happy-End zum Beispiel, ohne jedoch die Bildlogik über die Maßen zu strapazieren oder das den Gemälden innewohnende Geheimnis zu zerstören. So kann sich die Rezensentin schließlich an den Texten ebenso erfreuen wie an den "hübschen kleinen Hopper-Reproduktionen".

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