Die Erzählungen in dieser Sammlung kreisen um Salichs grosses Thema, den Zusammenprall von Orient und Okzident, von Tradition und Moderne. Fast alle Erzählungen siedelt der kosmopolitische Autor, der sein Schreiben als Suche nach der verlorenen Kindheit bezeichnet, in einem sudanesischen Dorf am Nil an. 'Die Moschee, der Fluss, die Felder, sie waren die Wegzeichen unseres Lebens', schreibt er. In einer poetischen und bildhaften Sprache schildert er die islamische Kultur und das Leben der in Traditionen und Mythen verwurzelten Dorfbewohner, die zunehmend mit Fortschritt und Entwicklung konfrontiert werden.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Salich sei ein Autor, der zumindest in der arabischen und englischsprachigen Welt von jeder Generation neu entdeckt werde, schreibt Ludwig Ammann in einer sehr kenntnisreichen Kritik des Buchs. Nur im deutschsprachigen Bereich sei Salichs klassischer Roman "Zeit der Nordwanderung" von 1966 erst 1998 übersetzt worden. Ammann schreibt in seiner Kritik, dass der sudanesische, heute in Nordengland lebende Salich als einer der wichtigsten Literaten der Entkolonialisierung gelten müsse und macht das auch an den jetzt in deutsch erscheinenden Erzählungen deutlich, in denen die Motive der Migration, aber auch der Erinnerung an den Zustand vor der "Entdeckung" durch die Weißen eine wichtige Rolle spielten. Ammann würdigt besonders, dass Salich diesen Ursprungszustand keineswegs beschönigt. Darum stellt ihn der Rezensent auch über den palästinensischen Intellektuellen Edward Said, der in seiner Orientalismuskritik die Fehler nur bei der westlichen Seite suche. Salich zeige unter anderem, dass es auch einen arabischen "Okzidentalismus" gebe und dass das Verhältnis der beiden Kulturen als ein "Zusammenspiel zweier Zerrspiegel" zu verstehen sei. An Salichs Erzählungen gefällt Ammann die Knappheit und Pointierung. Die letzte Erzählung des Bandes "Der Zypriot", nennt er "großartig".
© Perlentaucher Medien GmbH
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