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Eine Familienchronik, bei der man alles glauben kann aber nicht immer sollte! "Eine moderne Asche meiner Mutter, im Looser-Stil, aber mit sehr feiner Feder geschrieben!" (Westdeutsche Allgemeine Zeitung)

Produktbeschreibung
Eine Familienchronik, bei der man alles glauben kann aber nicht immer sollte!
"Eine moderne Asche meiner Mutter, im Looser-Stil, aber mit sehr feiner Feder geschrieben!" (Westdeutsche Allgemeine Zeitung)
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.03.1998

Leonard Cohen kann nicht singen
Was junge Niederländer so denken: Russell Artus erzählt

Der Erwachsene von heute steht unvermutet vor dem gleichen Problem wie alle Generationen vor ihm: Er tappt, was die Gewohnheiten, Vorlieben und Abneigungen, kurz die Lebenswelt der Nachrückenden anlangt, im dunkeln. Selbst eigene Kinder helfen da kaum weiter, da sie eher schon eine übernächste Generation markieren und zudem in dem Moment, wo es mit ihrem Erwachsenwerden ernst zu werden beginnt, nichts mehr über sich verraten - wenn sie das je getan haben sollten. So dient die Literatur auch in diesem Fall einem ethnologischen Erkenntnisinteresse.

Angenehm berührt atmet der Erwachsene auf, wenn er von einem jungen (1969 geborenen) Schriftsteller bestätigt erhält, was er insgeheim geglaubt oder erhofft hat: daß die, die nach uns kommen, immer weiter den gleichen Unsinn treiben, in der festen Überzeugung, sie seien die ersten und einzigen. Der Unsinn, den die sich erwachsen gebende Jugend treibt, bedeutet bekanntlich, abgesehen von den Eltern den eigenen Körper aufs äußerste zu strapazieren. Dem Zug der Zeit folgend, tritt Kokain zum Alkohol, und es kommt, wie es kommen muß: Auf der schwungvollen Heimfahrt landet man mit dem Auto im Kanal (wir sind in Holland), und die Freundin des jugendlichen Helden kommt dabei ums Leben.

Auch diese Jugend ist so wortkarg, existentialistisch und tieftraurig wie ihre Vorgänger, und die Augenblicke des Glücks sind kurz. Und wenn man mit der Geliebten halbe Tage im Bett vertrödelt, dann muß dazu endlos die Musik von Leonard Cohen laufen, allerdings von einer Frau gesungen, "weil ich fand, daß Cohen nicht singen konnte". Abgesehen von solchen Nachrichten aus der Welt der jungen Menschen, bringt der Roman "Eine Nacht wie alle anderen" des Niederländers Russell Artus, der in seiner Heimat als "eines der genialsten Debüts seit langem" gerühmt worden ist, dem Leser wenig Freude. Die indisch-englisch-niederländische Familiengeschichte, um die es hier geht, will und will nicht plastisch werden. Die Figuren tragen angesichts nicht unerheblicher Schicksalsschläge eine gleichbleibende Teilnahmslosigkeit zur Schau, die mit einer Teilnahmslosigkeit des Autors angesichts seiner Geschichte zu korrespondieren scheint und die sich bald auf den Leser überträgt. "Ja, mein Junge", sagt die Mutter des jugendlichen Helden sehr richtig, "die Sprache ist und bleibt ein vertracktes Phänomen."

Manchmal gelingen da Bilder von einer träumerischen Stilunsicherheit, einer Verschrobenheit von fast Handkeschen Dimensionen. So geschieht etwa beim Liegen auf dem Bett und gemeinsamem Hören des Leonard-Cohen-Verschnitts folgendes: "Ich strich Deborah durchs Haar und legte gemütlich das rechte Bein über ihre Hüften." Ob und in welchem Maß die hohe Stilblütendichte in diesem Roman auf das Konto des Autors oder der Übersetzerin geht, ist dem Rezensenten leider nicht möglich festzustellen. Immerhin befreit die gleichmäßige Verteilung der Skurrilitäten über den gesamten Text von dem Verdacht, hier solle ein jugendliches Bewußtsein in all seiner Unbeholfenheit und Ungeformtheit dargestellt werden. WALTER KLIER

Russell Artus: "Eine Nacht wie alle anderen". Roman. Aus dem Niederländischen übersetzt von Hanni Ehlers. Luchterhand Verlag, München 1998. 254 Seiten, geb., 39,80 DM.

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