Nur wenige Jahre nach ihrer Erfindung hielt die Photographie bereits Einzug in die Ateliers der Maler - und das auf breiter Basis. Umfangreiche Photosammlungen gehörten bald zur Grundausstattung vieler Künstler. Aktaufnahmen ersetzten das lebende Modell, Photographien von Landschaften, fernen Ländern oder Details aus der Natur aufwändige Reisen und zeitraubende Studien im Freien. Als Vorbildersammlung, Arbeitsvorlage und Korrektiv bedienten sich selbst die Nicht-Realisten unter den Künstlern des 19. Jahrhunderts, etwa Böcklin, Lenbach oder Alma-Tadema, des neuen Mediums. Gleichzeitig veränderte die Photographie jedoch zunehmend und schließlich nachhaltig die künstlerische Wahrnehmung. Das moderne Alltagsleben drang in die Bildwelten der Kunst ein - mit Photos von den Symbolen des technischen Fortschritts oder Momentaufnahmen von den großen Pariser Boulevards. Mit der Photographie etablierte sich eine neue Ikonographie des modernen Lebens, die in den traditionellen Bildkünsten zwar selten, dann aber, wie im Fall Adolph Menzel, brillant aufgegriffen wurde. Der überaus fruchtbare und spannende Dialog zwischen Photographie und Malerei im 19. Jahrhundert ist das Thema einer von Ulrich Pohlmann organisierten, mit Originalgemälden und 'Vintage Prints' reich bestückten Ausstellung in der HypoKunsthalle München (1. Mai - 18. Juli 2004). Das begleitende Katalogbuch mit zahlreichen Farbabbildungen und kompetenten Textbeiträgen zu den vielfältigen Aspekten der wechselseitigen Beeinflussung hat den Rang eines Standardwerks zu diesem Thema.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.12.2005Der kalte Widerschein der Wirklichkeit
Es war ein Symbol pathetischer Hilflosigkeit, als New York im Jahr eins nach seiner Katastrophe zum ersten Mal die Silhouette des zerstörten World Trade Centers mit Laserstrahlen nachmodellierte - viel größer als die Originale, zwei kalte, blaue Säulen im Nachthimmel, megalomanischer Trotz, Licht als Abglanz, als fahler Widerschein der Wirklichkeit (unsere Abbildung). Genau solche Brechungen sind die Lieblingsmotive des Fotografen Ralf Kaspers, der auf seinen großformatigen Aufnahmen die Welt zeigt, wie sie sich der Mensch erschaffen oder wie er sie zerstört hat - selten aber den Menschen selbst. Man blickt auf die Kulissen des Daseins, auf Häuserschluchten und Rinnsteinstilleben, ist erschreckt und gefesselt zugleich vom Januskopf der Zivilisation und sehnt sich nur nach einem: nach Wärme.
str.
"Ralf Kaspers - Fotografie", herausgegeben von der Galerie Ralf Kaspers (Fürstenwall 74, 40219 Düsseldorf, Tel.: 0211/397875, www.galerie-kaspers.de). Das Buch ist nicht im Handel erhältlich.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es war ein Symbol pathetischer Hilflosigkeit, als New York im Jahr eins nach seiner Katastrophe zum ersten Mal die Silhouette des zerstörten World Trade Centers mit Laserstrahlen nachmodellierte - viel größer als die Originale, zwei kalte, blaue Säulen im Nachthimmel, megalomanischer Trotz, Licht als Abglanz, als fahler Widerschein der Wirklichkeit (unsere Abbildung). Genau solche Brechungen sind die Lieblingsmotive des Fotografen Ralf Kaspers, der auf seinen großformatigen Aufnahmen die Welt zeigt, wie sie sich der Mensch erschaffen oder wie er sie zerstört hat - selten aber den Menschen selbst. Man blickt auf die Kulissen des Daseins, auf Häuserschluchten und Rinnsteinstilleben, ist erschreckt und gefesselt zugleich vom Januskopf der Zivilisation und sehnt sich nur nach einem: nach Wärme.
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"Ralf Kaspers - Fotografie", herausgegeben von der Galerie Ralf Kaspers (Fürstenwall 74, 40219 Düsseldorf, Tel.: 0211/397875, www.galerie-kaspers.de). Das Buch ist nicht im Handel erhältlich.
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