Ein Feuerwerk an wunderbaren Alltäglichkeiten - erzählt in 33 kurzen Kapiteln
Zu Beginn jedes der dreiunddreißig kurzen Kapitel sagt der Ich-Erzähler uns höflich Guten Morgen und nennt die Uhrzeit, ehe er beschreibt, wie er den Tag beginnt, mit Kaffeekochen im Dunkeln, dem Streichholzanzünden vor dem Kamin und dem Biss in den Morgenapfel. Wenn er einen hat, sonst isst er eine Birne. Dann sitzt er vor dem Feuer und teilt uns mit, was ihm durch den Kopf geht. Z.B. dass gestern seine Socke ein Loch hatte und wie er Greta die Ente füttert und vor Winterkälte, den Füchsen und Kojoten schützt, denn im Haus kann sie wegen der grünen Kleckse nicht bleiben. Er sagt uns, wie man eine Unterhose mit den Zehen aufhebt und dass er Emmett heißt und Lektor für medizinische Fachbücher ist - was wir allerdings nur erfahren, weil er geschnarcht hat. Aus kleinen Geschichten, Gedankensplittern, Erinnerungsblitzen entsteht das Bild einer wunderbaren Familie, zu der außer Greta noch Ehefrau Claire gehört (am Geldautomaten kamen sie sich näher), Tochter Phoebe (14, lebensklug) und Sohn Henry (8, praktisch veranlagt) sowie die Katze und Fidel die Ameise, gestorben, aber in der Einnerung lebendig, Den Leser erwartet eine Fülle kleiner Freuden, bis das letzte der dreiunddreißig Streichhölzchen abgebrannt ist.
Zu Beginn jedes der dreiunddreißig kurzen Kapitel sagt der Ich-Erzähler uns höflich Guten Morgen und nennt die Uhrzeit, ehe er beschreibt, wie er den Tag beginnt, mit Kaffeekochen im Dunkeln, dem Streichholzanzünden vor dem Kamin und dem Biss in den Morgenapfel. Wenn er einen hat, sonst isst er eine Birne. Dann sitzt er vor dem Feuer und teilt uns mit, was ihm durch den Kopf geht. Z.B. dass gestern seine Socke ein Loch hatte und wie er Greta die Ente füttert und vor Winterkälte, den Füchsen und Kojoten schützt, denn im Haus kann sie wegen der grünen Kleckse nicht bleiben. Er sagt uns, wie man eine Unterhose mit den Zehen aufhebt und dass er Emmett heißt und Lektor für medizinische Fachbücher ist - was wir allerdings nur erfahren, weil er geschnarcht hat. Aus kleinen Geschichten, Gedankensplittern, Erinnerungsblitzen entsteht das Bild einer wunderbaren Familie, zu der außer Greta noch Ehefrau Claire gehört (am Geldautomaten kamen sie sich näher), Tochter Phoebe (14, lebensklug) und Sohn Henry (8, praktisch veranlagt) sowie die Katze und Fidel die Ameise, gestorben, aber in der Einnerung lebendig, Den Leser erwartet eine Fülle kleiner Freuden, bis das letzte der dreiunddreißig Streichhölzchen abgebrannt ist.
SCHRECK, LAß NACH! Peter Handke hat eine Liebesgeschichte geschrieben, in der die ganzen alten abgestandenen Handke-Phrasen noch einmal so ranzig-routiniert und buttersäuresüß aus dem Handgelenk aufs Papier geschlenkert werden, daß sie dort flach und schrumpelig liegenbleiben wie ein Käsesoufflé im Abendwind. Nein, Handkes "Don Juan (erzählt von ihm selbst)" ist nur von eingeschworenen Handke-Fans zu goutieren, jener immer seltener werdenden Spezies also, die sich durch nichts beirren läßt, schon gar nicht durch die Peinlichkeiten ihres Meisters.
Kam Handkes Desaster nicht unerwartet, so war die Rasanz, mit der es Nicholson Baker aus der Kurve trug, doch überraschend. Es mag am Gegenstand liegen. Bislang ist es George W. Bush meistens gelungen, seine Kritiker auf sein Niveau herabzuziehen. Ein Roman, so hilflos wie Amerikas Demokraten in der Wahlnacht. Thomas Brussig hingegen ist ehrenvoll gescheitert und um eine Erkenntnis reicher: Wer den großen Wenderoman meistern will, muß die Sonnenallee der Ostalgie verlassen. Brussig teilt das Schicksal aller Autoren, die ihr Publikum allzufest im Blick haben: Sie zielen hoch und werfen tief.
igl
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Thomas E. Schmidt führt den amerikanischen Autor Nicholas Baker als "nervtötenden Detaillist" ein, der auch schon mal einen ganzen Roman über den "Gang zur Gargage" schreiben kann. Kaum einer bringt die "erzählte Zeit so virtuos ins Stocken" wie dieser Autor, meint der Rezensent, der das zwar sehr anstrengend findet, aber irgendwie auch bewunderungswürdig. Auch in dem vorliegenden Roman passiert nicht viel, und der Protagonist, der 44-jährige Familienvater Emmett, fällt Schmidt mit seinen alltäglichen Verrichtungen und Gedanken "ein bisschen auf die Nerven", wie er zugibt. In 33 Kapiteln macht Emmett jeden Morgen mit einem Streichholz den Kamin an und gibt sich seinen Überlegungen und Reflexionen hin, fasst der Rezensent die handlungsarme Geschichte zusammen. Dabei sei die Hauptfigur ein richtiges "Würstchen", ein Durchschnittsmensch, der es den Lesern nicht "leicht macht, sich mit ihm literarisch anzufreunden". Doch mitten in den dahinplätschernden "schon 1000 mal gedachten" Gedanken Emmetts, fallen plötzlich "ungeheure Sätze", die aufrütteln und Emmett in einem neuen Licht erscheinen lassen, bemerkt der Rezensent erstaunt. Jetzt entdeckt er in der Hauptfigur plötzlich einen "Schamanen, der das Feuer hütet", und der Roman wird ihm zum "Trostbuch", das "metaphysische Feuerkraft" entfaltet, die den Leser aus der "Gefühlsreserve lockt". Und somit ist Schmidt dann doch sehr froh, dass er das Buch nicht "zu früh aus der Hand" gelegt , sondern bis zum Schluss durchgehalten hat.
© Perlentaucher Medien GmbH
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