Edward ist erfolgreicher Virologe - Arbeiten, Reisen, Affären -, Ruth fünfzehn Jahre jünger und Soziologiestudentin. Er verliebt sich hoffnungslos in sie, die beiden werden ein Paar und heiraten. Doch hier, wo viele Romane enden, beginnt Edwards eigentliche Geschichte erst. Der selbstbewusste Wissenschaftler, der die Versuchstiere eigenhändig tötet, wenn es der Karriere dient, hält Ruths moralischen Anforderungen nicht stand. Edward wird klar, dass sein besseres Ich bei seinem raschen Aufstieg auf der Strecke geblieben ist - für immer? Schonungslos, sensibel und genau erzählt Tommy Wieringa von der großen Liebe, die einem Mann in der Mitte des Lebens widerfährt und seine ganze Person in Frage stellt.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.03.2015Geschlechterkrampf
Tommy Wieringas Roman "Eine schöne junge Frau"
Tommy Wieringa erzählt in seinem Kurzroman, der in den Niederlanden in riesiger Auflage von 655 000 Exemplaren als "Bücherwochengeschenk" in Buchhandlungen verteilt wurde, in glasklarer, treffender, aber auch überraschungsfreier Sprache von der Kapitulation eines beruflich erfolgreichen Mannes im mittleren Alter. Eingeführt wird Edward Landauer als Eroberer einer schönen jungen Frau, an deren Seite er bald verzweifelt: an ihrer Jugend, die ihm das eigene Alter bewusst macht; an ihren moralischen Ansprüchen (nicht nur seine Versuchs-Frettchen tötet der renommierte Virologe; er plädiert auch für radikale Keulungsmaßnahmen bei Epidemie-Verdacht); an ihrer Schönheit, die er nur durch die Affäre mit einer noch jüngeren, aber unattraktiven Geliebten erträgt; an ihrer Kälte nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes, dessen Schreiattacken sie auf die Anwesenheit Edwards zurückführt.
Wer nun denkt, das klinge alles etwas klischeetypologisch, der hat recht. Was als küchenpsychoanalytisches Protokoll beginnt, wird schnell zur Geschlechterkrampf-Parabel, die Jahrzehnte an Gender-Überlegungen so wacker ignoriert, wie es vielleicht nur holländische Realisten wagen. Wieringa führt die fast an Otto Weiningers "Geschlecht und Charakter" erinnernde Dichotomie zudem noch mit der Zwei-Kulturen-Theorie von C.P. Snow eng - auch wenn hier freilich die männliche Partei unterliegt. Hier steht der empathielose, rational-mechanistische Naturwissenschaftler, dort die moralisch integre Soziologie-Studentin, eine mitfühlende Vegetarierin. Der Denkstier und die Gefühlskuh, getrennt durch eine unpassierbare Grenze. Man mag sich in den prototypischen Zweifel-, Streit- oder Liebes-Szenen durchaus wiedererkennen, doch stört ungemein, wie leicht es sich Wieringa mit der Diagnose macht und wie wenig er ihr narrativ entgegensetzt. Anders als Hunderttausende Holländer, denen die Erzählung in die Tüte gesteckt wurde, hat man hierzulande ja durchaus die Wahl.
OLIVER JUNGEN.
Tommy Wieringa: "Eine schöne junge Frau." Roman. Aus dem Niederländischen von Bettina Bach. Carl Hanser Verlag, München 2015. 128 S., geb., 14,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Tommy Wieringas Roman "Eine schöne junge Frau"
Tommy Wieringa erzählt in seinem Kurzroman, der in den Niederlanden in riesiger Auflage von 655 000 Exemplaren als "Bücherwochengeschenk" in Buchhandlungen verteilt wurde, in glasklarer, treffender, aber auch überraschungsfreier Sprache von der Kapitulation eines beruflich erfolgreichen Mannes im mittleren Alter. Eingeführt wird Edward Landauer als Eroberer einer schönen jungen Frau, an deren Seite er bald verzweifelt: an ihrer Jugend, die ihm das eigene Alter bewusst macht; an ihren moralischen Ansprüchen (nicht nur seine Versuchs-Frettchen tötet der renommierte Virologe; er plädiert auch für radikale Keulungsmaßnahmen bei Epidemie-Verdacht); an ihrer Schönheit, die er nur durch die Affäre mit einer noch jüngeren, aber unattraktiven Geliebten erträgt; an ihrer Kälte nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes, dessen Schreiattacken sie auf die Anwesenheit Edwards zurückführt.
Wer nun denkt, das klinge alles etwas klischeetypologisch, der hat recht. Was als küchenpsychoanalytisches Protokoll beginnt, wird schnell zur Geschlechterkrampf-Parabel, die Jahrzehnte an Gender-Überlegungen so wacker ignoriert, wie es vielleicht nur holländische Realisten wagen. Wieringa führt die fast an Otto Weiningers "Geschlecht und Charakter" erinnernde Dichotomie zudem noch mit der Zwei-Kulturen-Theorie von C.P. Snow eng - auch wenn hier freilich die männliche Partei unterliegt. Hier steht der empathielose, rational-mechanistische Naturwissenschaftler, dort die moralisch integre Soziologie-Studentin, eine mitfühlende Vegetarierin. Der Denkstier und die Gefühlskuh, getrennt durch eine unpassierbare Grenze. Man mag sich in den prototypischen Zweifel-, Streit- oder Liebes-Szenen durchaus wiedererkennen, doch stört ungemein, wie leicht es sich Wieringa mit der Diagnose macht und wie wenig er ihr narrativ entgegensetzt. Anders als Hunderttausende Holländer, denen die Erzählung in die Tüte gesteckt wurde, hat man hierzulande ja durchaus die Wahl.
OLIVER JUNGEN.
Tommy Wieringa: "Eine schöne junge Frau." Roman. Aus dem Niederländischen von Bettina Bach. Carl Hanser Verlag, München 2015. 128 S., geb., 14,90 [Euro].
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"Ein fantastisches Buch! Ich bin hingerissen!" Philipp Tingler, SRF Kultur Literaturclub, 07.04.15
"Das gelungene Psychogramm eines von seiner Frau überforderten Mannes." Eva Karnofsky, WDR 5, 14.02.15
"Das gelungene Psychogramm eines von seiner Frau überforderten Mannes." Eva Karnofsky, WDR 5, 14.02.15