Im August 1990 reiste die Soziologin und Fotografin Cordia Schlegelmilch durch verschiedene Bezirke und Kreisgebiete der DDR auf der Suche nach einer Stadt, um zu erforschen, wie sich das Alltagsleben und die Lebensläufe der Menschen nach den Wendeereignissen verändern würden. Sie blieb in Wurzen, einer mittelgroßen sächsischen Kreisstadt östlich von Leipzig, und führte in einer außergewöhnlichen Langzeitstudie zum gesellschaftlichen und politischen Umbruch der DDR von August 1990 bis 1996 mit Menschen unterschiedlicher Milieus und Altersgruppen ausführliche biografische Interviews. Begleitend dazu dokumentierte sie den Umbruch fotografisch.Nie wieder war bei den Wurzener Bürgern die Neugierde auf das Kommende so ausgeprägt, die Gesprächsbereitschaft so groß und konnten Gespräche in dieser Offenheit stattfinden, wie in den ersten Monaten anch dem Mauerfall. Das Buch präsentiert einen Ausschnitt aus dem umfangreichen Material und verbindet Interviewzitate zu einer chronologisch angelegten und kontroversen Textcollage. Das Besondere ist, dass Zeitzeugen aus ein und derselben Stadt über die dortigen Ereignisse der Wendezeit sprechen. Diese kollektive Erzählung vermittelt eindringlich die unterschiedlichen Gefühle von Angst, Freude, Aufbruchstimmung und Entschlossenheit aber auch Verbitterung und Enttäuschungen dieser Zeit, die für unsere Gegenwart wieder und noch immer von Bedeutung sind