Marktplatzangebote
10 Angebote ab € 1,95 €
  • Gebundenes Buch

Nach der kleinen Erzählsammlung Vorsicht, bissiger Gott ist Eine Vorhaut klagt an Shalom Auslanders große Abrechnung mit Gott. Es sind Erinnerungen, die sich lesen wie ein verbotener Schlüsselroman - furchtlos böse, schockierend witzig und unglaublich unterhaltsam.
Ich glaube an Gott. Das ist mein Problem." Shalom Auslanders Jugend ist geprägt von einem schrecklichen Respekt vor Gott. Aufgewachsen wie ein Kalb" in einem vollkommen abgeschotteten jüdisch-orthodoxen Umfeld in New York, hatte er sich den göttlichen Gesetzen und Traditionen seines Vaters und der Rabbis unterzuordnen, seit er…mehr

Produktbeschreibung
Nach der kleinen Erzählsammlung Vorsicht, bissiger Gott ist Eine Vorhaut klagt an Shalom Auslanders große Abrechnung mit Gott. Es sind Erinnerungen, die sich lesen wie ein verbotener Schlüsselroman - furchtlos böse, schockierend witzig und unglaublich unterhaltsam.
Ich glaube an Gott. Das ist mein Problem." Shalom Auslanders Jugend ist geprägt von einem schrecklichen Respekt vor Gott. Aufgewachsen wie ein Kalb" in einem vollkommen abgeschotteten jüdisch-orthodoxen Umfeld in New York, hatte er sich den göttlichen Gesetzen und Traditionen seines Vaters und der Rabbis unterzuordnen, seit er denken kann. Über allen und allem thronte dieser Gott, der ihn nicht verstand und der sein Leben zur Hölle auf Erden machte. Shalom Auslander erinnert sich, wie er jeden Tag dagegen ankämpfen musste, sich vor Gott zu rechtfertigen, und warum er bis heute Gottes Zorn fürchtet wie den Tod: In der Schule wurde ihm aufoktroyiert, was er essen durfte und was nicht - und in welcher Kombination. Dafür musste er eine siebzigseitige Liste mit Hunderten von verschiedenen Speisen auswendig lernen. Später wurde er beim Klauen von Jeans erwischt und dafür ins Exil nach Israel geschickt, wo er auf einer orthodoxen Schule durch intensives Studieren der Tora und des Talmudrichtiges Benehmen erlernen sollte. Zurück im Sündenpfuhl Manhattan, kämpfte Shalom weiter mit Gott, brach immer wieder alle Regeln und geißelte sich selbst. Einmal legte er mit seiner Frau Orli über zwanzig Kilometer zu Fuß zurück, um die New York Rangers im Madison Square Garden spielen zu sehen - es war Schabbat und daher den beiden nicht gestattet, ein Taxi oder einen Bus zu besteigen. Die Rangers verloren. Um Gott zu bestrafen, aßen die beiden nach dem Spiel zwei fette Hot Dogs, mit viel Senf und extra unkoscher ...
Autorenporträt
Shalom Auslander wuchs in einer jüdisch-orthodoxen Familie in Monsey, New York, auf. Seine aufsehenerregende Sammlung von Short Storys, Vorsicht, bissiger Gott, erschien 2007 im Berliner Taschenbuch Verlag. Er schreibt regelmäßig Kolumnen und Kurzgeschichten für The New Yorker, Esquire und The New York Times Magazine. Shalom Auslander lebt in Brooklyn.

Eike Schönfeld, geb. 1949, übersetzt aus dem Englischen, u. a. Werke von Martin Amis, Nicholson Baker, Saul Bellow, Jeffrey Eugenedis, Henry Fielding, Jonathan Franzen, J.D.Salinger. Er erhielt den Hamburger Förderpreis für literarische Übersetzung und den Ledig-Rowohlt-Übersetzerpreis. Im Jahr 2014 wurde ihm der Internationale Hermann-Hesse-Preis für seine Übersetzungen des Werkes von Nicholson Baker verliehen.
Rezensionen
'Den Mittelfinger der einen Hand gegen den Himmel gerichtet und die andere Hand auf seinem Herz, präsentiert Shalom Auslander Eine Vorhaut klagt an. Man wünscht ihm mazel tov, viel Glück. Und Gott? Nun ja, der wird es überleben.' (BENJAMIN ANASTAS, THE NEW YORK TIMES BOOK REVIEW)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.11.2008

Nein, meinen Hotdog ess' ich nicht

Kein Saft am Sabbat: Shalom Auslander über eine jüdische Jugend im Schlaraffenland Amerika.

Von Thomas David

Als Shalom zum ersten Mal in seinem Leben ein nacktes jüdisches Mädchen sieht, ist er elf Jahre alt. Er hat bereits seinen ersten Samenerguss gehabt; der Vibrator, den er im Schlafzimmer seiner Eltern entdeckt hatte, lag in einer kleinen rosa Schachtel unter dem Bett. Shalom kann den Sabbat nicht leiden, obwohl Rabbi Blowfeld sagt, dass Freitagabends zwei von Gott entsandte Engel durchs Fenster sehen. Er kann den Rabbi und die ganzen Engel nicht leiden und würde statt seiner Kippa viel lieber eine Baseballmütze tragen, bis er irgendwann feststellt, dass er mit der Kippa in den Einkaufszentren der Gegend unbemerkt Musikcassetten und Comics stehlen kann. Shaloms Familie lebt in Monsey, einer überwiegend von orthodoxen amerikanischen Juden bewohnten Ortschaft in Rockland County im Staat New York.

Shalom ist der Ich-Erzähler von "Eine Vorhaut klagt an", dem zweiten Buch des 1970 geborenen Schriftstellers Shalom Auslander, der mit dem autobiographischen Roman seiner Kindheit und Jugend die Erinnerungen preisgibt, die bereits seinem vor ein paar Jahren erschienenen Erzählungsband "Vorsicht, bissiger Gott" den Nimbus des Unglaublichen verliehen. Auslander erzählte in den mit lockerer Hand hingeworfenen, als "fiese Storys" apostrophierten Skizzen seines Debüts vom Terror einer religiösen Erziehung, den Daumenschrauben des schlechten Gewissens, von Schuld und Strafe und dem peinigenden Verlangen nach nichtkoscherem Fleisch, von der aberwitzigen Existenz des zehn Meter großen glücklichen Huhns, das als Herr Holocaust auch in Auslanders neuem Buch jede noch so kleine Verfehlung persönlich zu nehmen droht. "Eine Vorhaut klagt an" ist ein ketzerisches, ein politisch wahrscheinlich irgendwie unkorrektes Buch, das dank Eike Schönfelds Übersetzung auch im Deutschen nichts vom Feuer seiner von Zorn und Entrüstung entfachten Prosa verliert. "Herr Holocaust" ist nur einer von Auslanders zahllosen Namen für den jüdischen Gott, der ihm als Antiheld seines Lebens auf ziemlich unchristliche Weise beinahe jeden Spaß verdirbt.

Auslander erinnert sich an den Wettbewerb, den er in der dritten Klasse der Yeshiva verlor, weil er nicht wusste, welchen Segen man für Eiscreme in der Tüte spricht. Er erzählt, wie er als Neunjähriger in einem Schwimmbad zum ersten Mal fast einen Hotdog kauft und seiner quälenden Leidenschaft für Schweinefleisch und alles andere nachgibt, das nach Fett und Gelatine schmeckt, wie er sich schuldbewusst im Wald hinter dem Haus in einem Baum versteckt und heimlich verbotene Süßigkeiten isst. "Lieber Gott", den Mund voller gestohlener Chuckles und Jelly Bellys, "was stimmt mit mir nicht?" Er kann die Synagoge nicht leiden, er kann die ganze jüdische Tradition nicht leiden und das unverrückbare Gebot, am Sabbat niemals gefrorenen Orangensaft aufzutauen.

Lieber Gott, was stimmt nicht mit mir?

"Ich war krank", so Auslander in einer jener ins Absurde überzogenen Suaden der Selbstbezichtigung, die dieses Buch zu einem schamlosen, wenn auch stellenweise etwas ungestümen Vergnügen machen, das freilich ein wenig durch die Erinnerungen an die Lektüre von Philip Roths Klassiker "Portnoys Beschwerden" verdunkelt wird, aus dessen Schatten Auslander sich ebenso wenig zu lösen vermag wie aus seinem verzweifelten Glauben an Gott: "Ich war infiziert. Ich war ein Verbrecher. Ich war ein Sodomer, ein Amoriter, ein Hethiter, ein Siniter, ein Giviter. Ich war Kain. Ich war Esau. Ich war Lots Frau. Ich fragte mich, warum Gott so lange brauchte, mich zu bestrafen." Die Pornohefte, die Shalom eines Sonntagnachmittags hinter einem Stein im Wald entdeckt, gehören seinem Vater.

Auslander begehrt die in kurzen Laufshorts und engem Tanktop vorbeisprintende Tochter einer der wenigen nichtjüdischen Familien der Nachbarschaft, er begehrt die kraushaarige Deena, die schließlich dieselbe High School in New York City besucht, und vervollkommnet sich zum einsamen Meister der Masturbation. Der Bildungsroman seines Lebens, in dem ihm scheinbar immer neue Prüfungen auferlegt werden, die er nicht besteht, führt Auslander durch zahlreiche Episoden seiner unentrinnbaren Gottesfurcht und mündet eines Tages in die Begegnung mit der aus Großbritannien stammenden Jüdin Orli, deren fortschreitende Schwangerschaft er in einem separaten Erzählstrang schildert, der die Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend immer wieder kreuzt. Er glaubt nach wie vor an die Hinterlist seines streitsüchtigen, auf Rache sinnenden Gottes, er hadert mit den respektlosen Geschichten, die er als Mittdreißiger über Ihn zu schreiben versucht.

Als er erfährt, dass Orli einen Sohn zur Welt bringen wird, hält er das für Gottes bislang miesesten Trick. "Vor Tausenden von Jahren", so Auslander, "verstümmelte ein panischer, halb verrückter alter Mann seinen Sohn genital, um damit bei dem Wesen, das, wie er hoffte, den Laden schmiss, Punkte zu machen." Abgeschnitten von der Vergangenheit, mit den Eltern zerstritten und der Zukunft nicht sicher, "blutend, geschlagen, weggeschmissen", kommt sich Auslander schließlich "selbst ein bisschen wie eine Vorhaut vor": Das Wunder dieses bemerkenswerten, um keinen Frevel verlegenen Buchs ist, dass sich die Anklage - Auslanders Klage, wie man in Anlehnung an den Originaltitel "Foreskin's Lament" eigentlich sagen müsste - am Ende als das überraschende, von Liebe und Menschlichkeit bestrittene Plädoyer für das unversehrte Leben seines Sohnes erweist. Shalom heißt Frieden.

Shalom Auslander: "Eine Vorhaut klagt an". Erinnerungen. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Eike Schönfeld. Berlin Verlag, Berlin 2008. 301 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ein komisches Buch hat Shalom Auslander geschrieben, man müsse es nur richtig zu lesen wissen, findet der Rezensent Christoph Bartmann. Die Schilderungen eines orthodoxen Juden, der versucht, sich im Erwachsenenleben vom "langen Schatten Gottes", sprich seiner jüdischen Vergangenheit und Erziehung, zu befreien, seien kein Roman, sondern eine "Fortsetzungskolumne" Auslanders, der auch sonst Kurzgeschichten, Kolumnen, aber keine Romane schreibt. Verständlich, was den Inhalt betrifft, aber absolut unzulässig findet der Rezensent den Vergleich mit Philip Roths "Portnoys Beschwerden". Auslander versuche Roth in seiner Komik zu übertreffen, und dies ginge gründlich daneben. Bartmann betont, dass diese "Klagen einer Vorhaut als literarische comedy im Gegenstandsbereich der jüdischen Religion" aufzufassen sind.

© Perlentaucher Medien GmbH