Das sechzehnte Jahrhundert verabschiedete endgültig das Mittelalter. Renaissance und Reformation heißen die radikalen Epochenumbrüche, die Europa verwandelten. Ein wichtiges Zentrum der neuen Welt war die mit sechzehntausend Einwohnern relativ kleine Stadt Basel, die zu ihren Bewohnern berühmte Zeitgenossen wie Erasmus, Paracelsus und Vesalius rechnen konnte. Hier lebte auch die Familie Platter.
Die Platters stammten aus dem Schweizerischen Oberwallis. Mit Thomas dem Älteren gelang ihnen zu Anfang des neuen Jahrhunderts der soziale Aufstieg. Der junge Thomas begab sich, vom Hunger und der Suche nach seinem Glück getrieben, auf Wanderschaft, zuerst zusammen mit einer Kinderbande, die Deutschland durchstreifte. Nach den Wanderjahren war aus dem Hirtenjungen ein humanistisch gebildeter Lehrer geworden.
Die Platters stammten aus dem Schweizerischen Oberwallis. Mit Thomas dem Älteren gelang ihnen zu Anfang des neuen Jahrhunderts der soziale Aufstieg. Der junge Thomas begab sich, vom Hunger und der Suche nach seinem Glück getrieben, auf Wanderschaft, zuerst zusammen mit einer Kinderbande, die Deutschland durchstreifte. Nach den Wanderjahren war aus dem Hirtenjungen ein humanistisch gebildeter Lehrer geworden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.03.1998Und der Miethai, der hat Pläne
Emmanuel Le Roy Ladurie lernte Baselerdeutsch und schrieb die Geschichte der ehrbaren Familie Platter / Von Gerrit Walther
Wäre dieses Buch ein Film - was es leicht sein könnte -, müßte man von einem "Remake " sprechen. Anders als einst in "Montaillou" oder im "Karneval von Romans" filtriert Le Roy Ladurie seine neue Geschichte nicht aus spröden Verwaltungsakten. Er übernimmt sie fertig aus zwei berühmten Autobiographien: der des Thomas Platter (1507 bis 1582), der vom armen Hütejungen zum Rektor des Baseler Gymnasiums aufstieg, und der seines Sohnes Felix (1536 bis 1614), der in Montpellier Medizin studierte und zu einem der angesehensten Ärzte seiner Zeit wurde. Geduldig hat Frankreichs bekanntester Frühneuzeit-Historiker sich mit dem schwierigen Baselerdeutsch vertraut gemacht, die zahllosen Einzelepisoden behutsam durch historische Erklärungen erhellt und den Chronikstil der Originale in eine angenehm flüssige Erzählung verwandelt. Nicht als angestrengter Arbeiter im Archivstaub spricht er, sondern als lächelnder Conférencier.
Thomas Platter war das Musterbeispiel eines Aufsteigers, "zuletzt Stammvater eines ganzen Geschlechts bedeutender Männer". Der Autor genießt "das seltene Glück, solch eine steile Karriere schon in ihren Anfängen unter die Lupe nehmen zu können". So genau es die Vorlage zuläßt, schildert er, wie der früh verwaiste Junge als Diener und Prügelknabe einer durchaus kriminellen Bande von Scholaren quer durch Deutschland streift, für sie bettelt und stiehlt, daneben verbissen Latein, Griechisch und Hebräisch lernt, Zwinglis Auftreten als pubertäre Erweckung erlebt, als Geheimkurier des Reformators Kontakt zu Zürcher und Baseler Humanisten gewinnt und von diesen 1536 zum Lehrer für klassische Sprachen gemacht wird.
Im gleichen Jahr kommt auch Thomas' Sohn Felix zur Welt. Aus dessen Erinnerungen entfaltet Le Roy Ladurie nun ein buntes Panorama des reformatorisch-humanistischen Basel und seiner Kultur, die in dieser Epoche ein Kapitel europäischer Geistesgeschichte ist. Er verfolgt, wie Vater Platter als Drucker von Calvins "Institutio" reüssiert, wie er das Baseler Gymnasium reformiert, zeitweise bis zu dreißig Studenten in seinem Haus beherbergt und das so erwirtschaftete Geld klug investiert: in Hausund Grundbesitz, vor allem aber in seinen einzigen Sohn. Dieser, musisch begabt, wohlbehütet, vernascht, eitel und sentimental, ist gleichwohl kein Hanno Buddenbrook, sondern zielstrebig und robust genug, die jährlichen Pestepidemien zu überstehen, die seine vier Schwestern früh das Leben kosten.
Im Zentrum des Buches steht Felix' Medizinstudium in Montpellier. Verdankten schon "Die Bauern des Languedoc" (1966) Platters Tagebuch eine Fülle farbiger Details (etwa das unvergeßliche Bild der deutschen Studenten, die in provenzalischen Kellern unter den Fässern liegen und sich den Wein direkt in den Mund laufen lassen), so folgt der Autor seinem vierhundert Jahre älteren Freund nun zu noch mehr Vorlesungen, Einkäufen, Strandpartien und Festen. Als geschickter Regisseur erzeugt er Spannung, indem er den Leser stets mehr wissen läßt als der Held weiß: daß sich nämlich vieles von dem, was dieser noch nicht sieht, kurz darauf, im Chaos der Religionskriege, radikal ändern wird. Das Glückskind Felix ist der letzte Zeitgenosse der Renaissance.
Als doppelbödige Komödie, wie von Eric Rohmer gefilmt, endet das Buch: mit der Heimkehr, der erfolgreichen Promotion und der Hochzeit des Helden. Doch seine Ehe mit der vom Vater ausgesuchten Arzttochter bleibt kinderlos. So springt dieser, mittlerweile Witwer und über Siebzig, persönlich ein: Er heiratet eine Fünfundzwanzigjährige und zeugt noch einmal sechs Kinder. Einer dieser späten Brüder des Felix Platter wird ebenfalls in Montpellier studieren und auch ein Reisetagebuch schreiben. Von ihm wird ein zweiter Band handeln, an dem Le Roy Ladurie derzeit arbeitet.
Doch das verschweigt die deutsche Ausgabe. Die vorzügliche Übersetzung läßt leider auch die Vorrede aus, in der der Verfasser seine aus Zitaten montierten Dialoge als quellengesättigte Imagination rechtfertigt - ähnlich wie es Natalie Zemon Davis 1982 im Vorwort zur "Wiederkehr des Martin Guerre" getan hat. Schade, denn man wäre für jede noch so knappe Antwort auf die Frage dankbar, warum einer der führenden Erben der "Annales" mit so provokanter Detailverliebtheit alle Menschen, Städte und Sitten beschreibt, die die Platters kennengelernt haben, was überflüssig wäre, wenn ihn wirklich nur ihr Aufstieg oder, wie er in der Widmung sagt, die soziale Mobilität Alteuropas interessierte. Doch es geht um mehr, nämlich, so der pathetisch-parodistische Originaltitel, um "Le siècle des Platter": um eine ganze Epoche.
Natürlich weiß Le Roy Ladurie, daß sich nur Nichtfachleute entspannt der bunten Bilderfolge überlassen, daß professionelle Leser hingegen Resümees und Thesen erwarten. Mit dieser Erwartung spielt er, indem er immer wieder an zuvor Gesagtes anknüpft, auf Kommendes vorausweist und bestimmte Leitmotive anklingen läßt: die Allgegenwart der Pest, den Aufstieg auf Kredit, vor allem aber die Macht kirchlicher, humanistischer, städtischer, landsmannschaftlicher und studentischer Netzwerke. Der Text konstituiert sich selbst als ein Netz von Verweisen, Symbolen, Assoziationen und Anspielungen, etwa auf die aktuellen Diskussionen über Erinnnerungskultur, Kindheits- und Todesbilder, Urbanisierung, Medien- und Informationsrevolution. Derlei berührt der Autor aber immer nur im Vorübergehen. Das Netz des Textes ist dicht, aber die Verweise bleiben letztlich richtungslos.
Das ist jedoch kein Schaden. Längst nämlich haben denkende Leser begonnen, eigene Schlüsse zu ziehen. Kann die beliebte These von der unaufhaltsam fortschreitenden "Konfessionalisierung" aller Lebensbereiche seit der Reformation stimmen, wenn man verfolgt, wie Thomas Platters religiöser Radikalismus abnimmt, während er in die städtischen Führungsränge aufsteigt, die gemäß gängiger Lehrmeinung die Träger der "reformatorischen Bewegung" gewesen sind? Kann man mit Otto Brunner und heutigen "Frauen"-Historien an die Allgewalt frühneuzeitlicher Familienväter glauben, wenn man hier so viele Menschen trifft, die fern von Vätern und Familien leben? Überhaupt: Ist uns die Mentalität der Zeitgenossen wirklich so abgrundtief fremd, wie wir gerade von deutschen Mikro-Historikern gelernt haben? Wieder einmal erweist sich Le Roy Ladurie als geistreicher Revisionist. Ausgerechnet er, der Statistiker par excellence, widerlegt die zeitgemäß verkürzte Sicht von "longue durée", die von Renaissance, Humanismus oder Reformation nichts mehr wissen will, weil solche "Elite"-Phänomene neben demographisch-ökonomischen Großkonjunkturen angeblich keine eingreifende Wirkung besessen hätten. Sein Thomas Platter hingegen beweist, daß der humanistische Bildungshunger selbst das Leben eines analphabetischen Ziegenhirten revolutionieren konnte, daß nicht Klimaschwankungen, sondern die Reformation zum Kristallisationskern und Medium neuer, gerade ökonomisch wirkungsmächtiger Netzwerke wurde.
Eine "Flucht in die Biographie" ist dies keineswegs, vielmehr ein gelungener Aufbruch zu einer Geschichtsschreibung, die mit der Forderung Ernst macht, Gesellschaft als ein System vitaler Wechselbeziehungen, gelebter Diskurse, unberechenbarer Interaktionen zu beschreiben. Eben weil Le Roy Ladurie diese Postulate seiner Zunft praktisch einlöst, bricht er mit ihrem Expertenjargon. In diesem Mut, für neue Wirklichkeitsbilder eine neue, schöne, literarische Form zu wagen, gleicht er den humanistischen Helden seines "Siècle des Platter".
Emmanuel Le Roy Ladurie: "Eine Welt im Umbruch". Der Aufstieg der Familie Platter 1499-1628. Aus dem Französischen von Wolfram Bayer und Jessica Beer. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 1998. 539 S., Abb., geb., 78,- DM.
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Emmanuel Le Roy Ladurie lernte Baselerdeutsch und schrieb die Geschichte der ehrbaren Familie Platter / Von Gerrit Walther
Wäre dieses Buch ein Film - was es leicht sein könnte -, müßte man von einem "Remake " sprechen. Anders als einst in "Montaillou" oder im "Karneval von Romans" filtriert Le Roy Ladurie seine neue Geschichte nicht aus spröden Verwaltungsakten. Er übernimmt sie fertig aus zwei berühmten Autobiographien: der des Thomas Platter (1507 bis 1582), der vom armen Hütejungen zum Rektor des Baseler Gymnasiums aufstieg, und der seines Sohnes Felix (1536 bis 1614), der in Montpellier Medizin studierte und zu einem der angesehensten Ärzte seiner Zeit wurde. Geduldig hat Frankreichs bekanntester Frühneuzeit-Historiker sich mit dem schwierigen Baselerdeutsch vertraut gemacht, die zahllosen Einzelepisoden behutsam durch historische Erklärungen erhellt und den Chronikstil der Originale in eine angenehm flüssige Erzählung verwandelt. Nicht als angestrengter Arbeiter im Archivstaub spricht er, sondern als lächelnder Conférencier.
Thomas Platter war das Musterbeispiel eines Aufsteigers, "zuletzt Stammvater eines ganzen Geschlechts bedeutender Männer". Der Autor genießt "das seltene Glück, solch eine steile Karriere schon in ihren Anfängen unter die Lupe nehmen zu können". So genau es die Vorlage zuläßt, schildert er, wie der früh verwaiste Junge als Diener und Prügelknabe einer durchaus kriminellen Bande von Scholaren quer durch Deutschland streift, für sie bettelt und stiehlt, daneben verbissen Latein, Griechisch und Hebräisch lernt, Zwinglis Auftreten als pubertäre Erweckung erlebt, als Geheimkurier des Reformators Kontakt zu Zürcher und Baseler Humanisten gewinnt und von diesen 1536 zum Lehrer für klassische Sprachen gemacht wird.
Im gleichen Jahr kommt auch Thomas' Sohn Felix zur Welt. Aus dessen Erinnerungen entfaltet Le Roy Ladurie nun ein buntes Panorama des reformatorisch-humanistischen Basel und seiner Kultur, die in dieser Epoche ein Kapitel europäischer Geistesgeschichte ist. Er verfolgt, wie Vater Platter als Drucker von Calvins "Institutio" reüssiert, wie er das Baseler Gymnasium reformiert, zeitweise bis zu dreißig Studenten in seinem Haus beherbergt und das so erwirtschaftete Geld klug investiert: in Hausund Grundbesitz, vor allem aber in seinen einzigen Sohn. Dieser, musisch begabt, wohlbehütet, vernascht, eitel und sentimental, ist gleichwohl kein Hanno Buddenbrook, sondern zielstrebig und robust genug, die jährlichen Pestepidemien zu überstehen, die seine vier Schwestern früh das Leben kosten.
Im Zentrum des Buches steht Felix' Medizinstudium in Montpellier. Verdankten schon "Die Bauern des Languedoc" (1966) Platters Tagebuch eine Fülle farbiger Details (etwa das unvergeßliche Bild der deutschen Studenten, die in provenzalischen Kellern unter den Fässern liegen und sich den Wein direkt in den Mund laufen lassen), so folgt der Autor seinem vierhundert Jahre älteren Freund nun zu noch mehr Vorlesungen, Einkäufen, Strandpartien und Festen. Als geschickter Regisseur erzeugt er Spannung, indem er den Leser stets mehr wissen läßt als der Held weiß: daß sich nämlich vieles von dem, was dieser noch nicht sieht, kurz darauf, im Chaos der Religionskriege, radikal ändern wird. Das Glückskind Felix ist der letzte Zeitgenosse der Renaissance.
Als doppelbödige Komödie, wie von Eric Rohmer gefilmt, endet das Buch: mit der Heimkehr, der erfolgreichen Promotion und der Hochzeit des Helden. Doch seine Ehe mit der vom Vater ausgesuchten Arzttochter bleibt kinderlos. So springt dieser, mittlerweile Witwer und über Siebzig, persönlich ein: Er heiratet eine Fünfundzwanzigjährige und zeugt noch einmal sechs Kinder. Einer dieser späten Brüder des Felix Platter wird ebenfalls in Montpellier studieren und auch ein Reisetagebuch schreiben. Von ihm wird ein zweiter Band handeln, an dem Le Roy Ladurie derzeit arbeitet.
Doch das verschweigt die deutsche Ausgabe. Die vorzügliche Übersetzung läßt leider auch die Vorrede aus, in der der Verfasser seine aus Zitaten montierten Dialoge als quellengesättigte Imagination rechtfertigt - ähnlich wie es Natalie Zemon Davis 1982 im Vorwort zur "Wiederkehr des Martin Guerre" getan hat. Schade, denn man wäre für jede noch so knappe Antwort auf die Frage dankbar, warum einer der führenden Erben der "Annales" mit so provokanter Detailverliebtheit alle Menschen, Städte und Sitten beschreibt, die die Platters kennengelernt haben, was überflüssig wäre, wenn ihn wirklich nur ihr Aufstieg oder, wie er in der Widmung sagt, die soziale Mobilität Alteuropas interessierte. Doch es geht um mehr, nämlich, so der pathetisch-parodistische Originaltitel, um "Le siècle des Platter": um eine ganze Epoche.
Natürlich weiß Le Roy Ladurie, daß sich nur Nichtfachleute entspannt der bunten Bilderfolge überlassen, daß professionelle Leser hingegen Resümees und Thesen erwarten. Mit dieser Erwartung spielt er, indem er immer wieder an zuvor Gesagtes anknüpft, auf Kommendes vorausweist und bestimmte Leitmotive anklingen läßt: die Allgegenwart der Pest, den Aufstieg auf Kredit, vor allem aber die Macht kirchlicher, humanistischer, städtischer, landsmannschaftlicher und studentischer Netzwerke. Der Text konstituiert sich selbst als ein Netz von Verweisen, Symbolen, Assoziationen und Anspielungen, etwa auf die aktuellen Diskussionen über Erinnnerungskultur, Kindheits- und Todesbilder, Urbanisierung, Medien- und Informationsrevolution. Derlei berührt der Autor aber immer nur im Vorübergehen. Das Netz des Textes ist dicht, aber die Verweise bleiben letztlich richtungslos.
Das ist jedoch kein Schaden. Längst nämlich haben denkende Leser begonnen, eigene Schlüsse zu ziehen. Kann die beliebte These von der unaufhaltsam fortschreitenden "Konfessionalisierung" aller Lebensbereiche seit der Reformation stimmen, wenn man verfolgt, wie Thomas Platters religiöser Radikalismus abnimmt, während er in die städtischen Führungsränge aufsteigt, die gemäß gängiger Lehrmeinung die Träger der "reformatorischen Bewegung" gewesen sind? Kann man mit Otto Brunner und heutigen "Frauen"-Historien an die Allgewalt frühneuzeitlicher Familienväter glauben, wenn man hier so viele Menschen trifft, die fern von Vätern und Familien leben? Überhaupt: Ist uns die Mentalität der Zeitgenossen wirklich so abgrundtief fremd, wie wir gerade von deutschen Mikro-Historikern gelernt haben? Wieder einmal erweist sich Le Roy Ladurie als geistreicher Revisionist. Ausgerechnet er, der Statistiker par excellence, widerlegt die zeitgemäß verkürzte Sicht von "longue durée", die von Renaissance, Humanismus oder Reformation nichts mehr wissen will, weil solche "Elite"-Phänomene neben demographisch-ökonomischen Großkonjunkturen angeblich keine eingreifende Wirkung besessen hätten. Sein Thomas Platter hingegen beweist, daß der humanistische Bildungshunger selbst das Leben eines analphabetischen Ziegenhirten revolutionieren konnte, daß nicht Klimaschwankungen, sondern die Reformation zum Kristallisationskern und Medium neuer, gerade ökonomisch wirkungsmächtiger Netzwerke wurde.
Eine "Flucht in die Biographie" ist dies keineswegs, vielmehr ein gelungener Aufbruch zu einer Geschichtsschreibung, die mit der Forderung Ernst macht, Gesellschaft als ein System vitaler Wechselbeziehungen, gelebter Diskurse, unberechenbarer Interaktionen zu beschreiben. Eben weil Le Roy Ladurie diese Postulate seiner Zunft praktisch einlöst, bricht er mit ihrem Expertenjargon. In diesem Mut, für neue Wirklichkeitsbilder eine neue, schöne, literarische Form zu wagen, gleicht er den humanistischen Helden seines "Siècle des Platter".
Emmanuel Le Roy Ladurie: "Eine Welt im Umbruch". Der Aufstieg der Familie Platter 1499-1628. Aus dem Französischen von Wolfram Bayer und Jessica Beer. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 1998. 539 S., Abb., geb., 78,- DM.
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