Liebe, Lug und Trug: ein homoerotischer Freundschaftsschwindel aus der Goethezeit.Der Schweizer Gelehrte Johannes von Müller, der als der größte Geschichtsschreiber der Goethezeit galt, wurde 1802/03 in Wien von seinem Schützling Fritz von Hartenberg um sein ganzes Vermögen betrogen. Der junge Mann fingierte Liebesbriefe eines ungarischen Grafen Batthyány und behauptete, mit Müller eine Liebesbeziehung eingehen zu wollen. Müllers Versuche über fast ein Jahr hinweg des Angebeteten habhaft zu werden, endeten mit einem Skandal und einer politischen Intrige, und Müller konnte nur knapp einen Sittlichkeitsprozess abwenden.In dieser als »Hartenberg-Affäre« bekannt gewordenen Geschichte um Hochstapelei und Liebe spiegeln sich anschaulich das Ringen um eine sexuelle Identität um 1800 und die changierenden Begriffe von »Betrug« und »Virtualität« an der Schwelle zur Moderne. Darüber hinaus sind die Briefe ein bewegendes Zeugnis dafür, dass gleichgeschlechtliche Liebe in der Goethezeit überzeitgebundene Vorurteile hinaus weitergedacht wurde.Müllers Liebesbriefe an den vermeintlichen Batthyány liegen nach über 200 Jahren erstmals kritisch ediert, durch umfangreiche Kommentare und Register erschlossen und mit einem ausführlichen Essay eingeleitet vor.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Brillant, gelehrt, "monumental" - kaum Lobesworte genug findet Rezensent Gustav Seibt für Andre Weibel, der auf 1100 Seiten in zwei Bänden und unter dem schönen Titel "Einen Spiegel hast gefunden, der in allem Dich reflectirt" die Briefe Johannes von Müllers an den Grafen Louis Batthyany Szent-Ivanyi herausgegeben hat. Der Kritiker liest hier nicht nur die wahrscheinlich wahnwitzigste Liebes- und Kriminalgeschichte der deutschen Klassik, sondern auch ein für die Goethe-Zeit erstaunlich offenes Bekenntnis homosexuellen Begehrens. Als "Hartenberg-Affäre" war die Geschichte bekannt geworden, informiert Seibt: Jener Hartenberg, von Müller großherzig als mittelloser Jüngling aufgenommen, hatte die Homosexualität seines Beschützers ausgenutzt, den Grafen Louis schlicht erfunden, sogenannte "Sockpuppets", also schriftliche Avatare und eine Parallelwirklichkeit ersonnen, um sich Liebe und Vertrauen, bald aber vor allem Geld von Müllers zu erschleichen. Wenn auch die fingierten Briefe vernichtet wurden, liest der Rezensent in den Briefen des berühmten Historikers, Universalgelehrten und Ministers von Müller eine solche Sehnsucht, Liebe und Zuneigung dass er ganz ergriffen zurückbleibt. In diesem herausragenden Buch erfährt der Kritiker darüber hinaus, dass Müller nach Bekanntwerden der Affäre als "oft verspottetes Gehirntier" mittellos und einsam zurückblieb. Eine hinreißende Quellenedition, schwärmt Seibt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»die mutmaßlich irrwitzigste Liebes- und Kriminalgeschichte aus der Zeit der deutschen Klassik« (Gustav Seibt, Süddeutsche Zeitung, 08.08.2014) »Eine einzigartige Lektüre« (Rita Nagy, Spiegelungen, 2017/2)