Richard hat bereits seit einigen Jahren Krebs, mittlerweile ist die Krankheit soweit fortgeschritten, dass er im Hospiz gelandet ist. Hier kommt man nur hin, wenn einem die Ärzte nicht mehr länger als einen Monat geben.
Da Sterben eine todlangweilige Sache ist, beschäftigt sich Richard lieber mit
den Menschen in seiner Umgebung: den Pflegern, den anderen Kranken auf seiner Station, seiner…mehrRichard hat bereits seit einigen Jahren Krebs, mittlerweile ist die Krankheit soweit fortgeschritten, dass er im Hospiz gelandet ist. Hier kommt man nur hin, wenn einem die Ärzte nicht mehr länger als einen Monat geben.
Da Sterben eine todlangweilige Sache ist, beschäftigt sich Richard lieber mit den Menschen in seiner Umgebung: den Pflegern, den anderen Kranken auf seiner Station, seiner alleinerziehenden Mutter, seinem unkonventionellen Onkel und seiner toughen Großmutter. Er versucht so gut es geht, wie ein normaler Jugendlicher zu leben und so viel aus seinen letzten Tagen herauszuholen wie eben möglich. Außer Richard gibt es nur einen weiteren Jugendlichen im Hospiz, die fünfzehnjährige Silvie, die noch weit mehr als er über alle Regeln hinweg versucht vom Leben mitzunehmen was nur geht, und da geht im Hospiz so einiges mehr, als man sich hätte Träumen lassen. An Halloween legen die beiden im Krankenhausflur ein Feuer, Richard wird von seinem Onkel in die Stadt entführt und bekommt den ersten Blow-Job seines Lebens und trotz fehlender Privatsphäre im Hospiz kommen sich Richard und Silvie immer näher - das sie die Gelegenheit bekommen, sich richtig nah zu kommen, dafür sorgt Richards einfallsreiche Großmutter ;)
Das Buch ist in drei Abschnitte unterteilt: 30. Oktober bis 1. November, 2. bis 3. November und 4. bis 9. November. In dieser recht kurzen Zeitspanne gewinnt man Einblicke in Richards Leben im Hospiz, aber auch in seine Vergangenheit und in das Leben seiner Familienangehörigen. Mit Richard kann man sehr gut mitfühlen, da man sämtliche körperlichen Einschränkungen beinahe am eigenen Leib spürt, denn durch die gewählte Ich-Perspektive fühlt man die Schwierigkeiten hautnah mit, die er beispielsweise bei ganz alltäglichen Dingen wie dem Duschen hat.
Silvie bleibt einem recht fremd, obwohl sie die zweite Hauptfigur in der Geschichte ist. Die Beziehung zwischen Richard und Silvie war mir zu sehr auf das Körperliche ausgerichtet, so dass ich Silvie als Person kaum zu fassen bekommen habe. Im Gegensatz zu Richard, den man in der Ich-Perspektive erlebt und zusätzlich über Einblicke in sein früheres Leben und seine Familienangehörigen zu fassen bekommt, kennt man von Silvie eigentlich nur die Fotos aus ihrem früheren Leben, die in ihrem Krankenzimmer hängen und ihren Vater, der durch die tödliche Krankheit seiner Tochter zum psychischen Wrack geworden ist.
Sehr gut hingegen hat mir die Entwicklung gefallen, die die Nebenfiguren in Hollis Seamons Roman nehmen. Zu den meisten von ihnen baut man bis zum Ende hin eine mehr oder weniger tiefe Bindung auf und kann ihr Verhalten gegenüber den Kranken im Hospiz - insbesondere Richard - besser verstehen. Man spürt immer mehr und mehr, wie groß das Leid derjenigen ist, die zurückbleiben, wenn ihre Liebsten gehen, und bei einigen von ihnen die Ohnmacht und das Unvermögen, mit diesem Schicksal umzugehen. Jeder der Angehörigen verarbeitet die Krankheit anders, einige nutzen ihr Schicksal dazu anderen in ähnlichen schweren Zeiten beizustehen, andere zerbrechen daran.
"Einer da oben hasst mich" soll uns vielleicht lehren, dass wir jeden Tag so leben sollen, als ob es unser letzter wäre, aber auch, dass das Leben - egal was passiert - immer weitergeht.
"Jeannette, beten sie manchmal?"
"Beten? Gute Frage. Vielleicht sollte ich es tun, aber anders als viele andere kann ich mir nicht vorstellen, dass Gott mir sein Ohr leiht. Ich meine, sieh doch nur, wo ich arbeite! Ich wüsste ja nicht mal, für wen ich zuerst beten soll." (S.138)