Leben und lieben
„Jeder Mensch erschuf und erfand sich seine eigene Welt, war frei und gebunden zugleich. Die Kunst bestand darin zu lernen, mit dieser Verantwortung umzugehen.“
Der Roman spielt, wie schon Band 1, in zwei Zeitebenen. Zum einen begleiten wir Anna von Quast (Bayern, ab 1911),
welche nach Jahren auf die Alm ihrer Eltern zurückkehrt. Alleine will sie hoch oben auf dem Berg ihr…mehrLeben und lieben
„Jeder Mensch erschuf und erfand sich seine eigene Welt, war frei und gebunden zugleich. Die Kunst bestand darin zu lernen, mit dieser Verantwortung umzugehen.“
Der Roman spielt, wie schon Band 1, in zwei Zeitebenen. Zum einen begleiten wir Anna von Quast (Bayern, ab 1911), welche nach Jahren auf die Alm ihrer Eltern zurückkehrt. Alleine will sie hoch oben auf dem Berg ihr Glück versuchen, sich selbst versorgen und ein unabhängiges Leben führen. Doch die Bedingungen auf der Alm sind schwierig und zum Teil sogar lebensgefährlich. Dennoch kämpft Anna sich durch und arbeitet täglich fast bis zum Umfallen. Unterstützung erhält sie von den Menschen der benachbarten Alm, denn alleine ist man in den Bergen am Ende doch aufgeschmissen.
Der Zweite Erzählstrang (München, ab 1977) handelt von Eva, welche auf der Suche nach ihrer leiblichen Mutter und Großmutter ist. Immer wieder liest sie im Tagebuch von Anna und fragt sich, warum sie wohl abgegeben wurde. Gleichzeitig geht aber auch ihr eigenes Leben weiter und gemeinsam mit ihren Freunden plant sie einen Laden, in dem natürliche Lebensmittel angeboten werden sollen.
Die Erzählperspektive wechselt dabei Kapitelweise zwischen den beiden Protagonistinnen, wobei die Handlungen weitestgehend unabhängig voneinander sind. Die Übergänge sind jedoch oft sehr geschickt und passend gewählt, sodass sich die zwei Zeiten gut ergänzen. Gerade Anna gefällt mir als Figur sehr. Entgegen der Zeit in der sie lebt, ist sie eine unabhängige und moderne Frau. Ihr ist es wichtig, sich selbst zu versorgen und ohne eine Ehe zurechtzukommen. Dabei hat sie sich auf der Tonkaalm die wohl schwierigsten Bedingungen ausgesucht…
Auch Eva ist eine interessante Frau, jedoch konnte ihre Geschichte mich nicht so gut erreichen. Dabei lebt auch sie in einer interessanten Zeit, mit großartigen Ideen und Möglichkeiten. Leider wird jedoch Evas interessanteste Eigenschaft, der besondere Geruchssinn, im Roman nur sehr wenig betrachtet. Im Grunde spielt er nur eine sehr untergeordnete Rolle.
Auch insgesamt muss ich leider sagen, dass ich mich mit Band 2 der Glückstöchter-Reihe sehr schwer getan habe. Ich hatte große Schwierigkeiten, in die Handlung hineinzufinden und dachte zunächst, dies liegt daran, dass das Lesen von Band 1 schon ein Jahr her ist. Leider empfand ich die Handlung dann aber fast 2/3 des Buches als zäh und eher sanft dahinplätschernd - irgendwie langweilig. Es geschieht nicht viel und wirkliche Spannung kommt zunächst auch nicht auf. Dabei hat die Geschichte eigentlich viel Potential und die behandelten Themen - u.a. die Suche nach der wirklichen Familie durch Eva, der Aufbau eines Naturkostladens bzw. die natürliche Landwirtschaft, die Entnazifizierung, die Zeit der RAF, Frauenrechte - sind grundsätzlich interessant, in den meisten Fällen aber leider nur sehr knapp beschrieben und werden dann schnell fallengelassen. Gerade die historischen Begebenheiten werden aber in beiden Zeitebenen gut eingeflochten, ohne zu sehr im Fokus zu stehen. Gefallen hat mir hier das Nachwort der Autorin, in dem es noch einmal Hintergrundinformationen zu finden gibt.
Die Handlung hatte mich dann tatsächlich erst im letzten Buchdrittel gefesselt, endlich kam Spannung auf! Ich konnte nun deutlich flüssiger lesen und empfand ab hier auch den Schreibstil als mitreißender. Leider endete der Roman dann wiederum sehr abrupt, wo ich mir noch weitere Details, gerade zum Leben von Anna, gewünscht hätte. Hier wäre ich deutlich begeisterter gewesen, wenn am Anfang weniger detailliert beschrieben worden wäre, dafür aber am Ende mehr.
Der Schreibstil von Stephanie Schuster ist präzise und geradlinig. Man merkt, dass sie sich gut in die behandelten Themen eingearbeitet hat und sie sich sehr mit der biologischen Landwirtschaft auseinandergesetzt hat. Ihr Roman ist damit auch ein Plädoyer für natürliche Lebensmittel und Kosmetik. Der historische Zeitgeist wurde in beiden Handlungssträngen gut eingefangen und dargestellt.
Gefallen hat mir auch die wunderschöne Buchgestaltung, bei der die Geschichte durch wunderschöne Illustrationen ergänzt wird. Auch die Nummerierung der Bände auf dem Buchrücken gefällt mir sehr, da ich es manchmal schwierig finde, Buchreihen nach der richtigen Reihenfolge zu sortieren.
Mein Fazit: Lieder konnte mich der Roman von Stephanie Schuster diesmal nicht ganz überzeugen. Ich konnte mich insgesamt nicht gut in die Handlung einfinden und habe mich dadurch mit dem Lesen sehr schwergetan. Erst im letzten Drittel, mit zunehmender Spannung, habe ich begonnen den Roman zu mögen. Insgesamt ist es aber ein solider Unterhaltungsroman, der historisch sehr gut recherchiert ist und mit starken Protagonistinnen aufwartet. Von mir gibt es aber leider nur 3,5 von 5 Sternen.