Konnte Wilbur B. Brookover in der ersten überblicksartigen Veröffentlichung, die es in der Bundesrepublik im Bereich der Bildungssoziologie gegeben hat (vgl. Heintz 1959), noch sagen, es sei eine angenehme Aufgabe, über die Ent wicklungstendenzen in der Soziologie der Erziehung zu berichten (S. 173), so Wechselnder läßt sich das heute-etwa drei Jahrzehnte später-nicht mehr so selbstverständ Stellenwert von lich behaupten. War um 1960 noch der Glaube vorherrschend, Erziehung könne Bildung und einen Beitrag zur Lösung anstehender gesellschaftlicher Probleme leisten, so ist Erziehung diese Reformeuphorie inzwischen einer Desillusionierung gewichen. Nicht mehr gilt: Bildungsreform als Gesellschaftsreform, sondern Bildung ist in wirtschaft lich schwierigen Zeiten der gesellschaftliche Sektor, in dem der Rotstift ange setzt wird. Die Soziologie der Bildung und Erziehung ist ein gutes Beispiel dafür, daß Anwendungs- und Praxisfelder der Soziologie in bestimmte historische, gesell schafts- und wirtschaftspolitische Bedingungskonstellationen eingebettet sind. Allerdings dürfen die Konjunkturen in der Bildungssoziologie nicht dahinge hend interpretiert werden, daß Entwicklungen im Erziehungswesen in geradlini ger Abhängigkeit von Wirtschaftszyklen stehen. Demographische Trends sowie insbesondere ein verändertes Bildungsverhalten der Bevölkerung, das zu dem seit Anfang der 60er Jahre steigenden relativen Schul-und Hochschulbesuch ge führt hat, sind wesentliche Bestimmungsfaktoren der Bildungsexpansion. 1. Beginn der Bildungssoziologie Früher Beginn mit Es heißt, daß sich die Identität einer Disziplin aus ihrer Geschichte ableiten läßt.