Archaisch ist diese Welt, schön und doch verwirrend. Selbst das gleißende Licht des Südens vermag in die dunklen Verflechtungen kaum einzudringen. Sein Leben lang hat Leonardo Sciascia wieder und wieder über seine Geburtsinsel geschrieben: über brutale Gutsherren, ausgebeutete Arbeiter in den Schwefel- und Salzminen, über habgierigen Adel, die Armut von Kindern, die um die Schulspeisung betteln, über Honoratioren, die sich immer wieder etwas Neues einfallen lassen, um die Bauern auszupressen, und deren einzige Hinterlassenschaft auf Erden die Mulde im Sessel des Clubs ist.Die faschistische Vergangenheit hat dieses Leben ebenso geprägt wie die Machenschaften der Mafia. Präzise und schnörkellos schreibt der Schullehrer Sciascia seine Beobachtungen auf - und malt dabei ein faszinierendes Bild, das uns in seinem Facettenreichtum diese Welt ein gutes Stück näherbringt.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Thomas Steinfeld bestaunt in seiner Doppelkritik das literarische Verfahren von Leonardo Sciascia, das politische und historische Sachverhalte einwebt und den Leser zur Rekonstruierung auffordert. Auch im nun zum 100. Geburtstag des Autors auf Deutsch erschienenen Roman "Ein Sizilianer von festen Prinzipien" integriert Sciascia Originaltexte aus dem sizilianischen Staatsarchiv, wenn er von einem Mönch erzählt, der im 17. Jahrhundert von der spanischen Inquisition auf Sizilien verfolgt wird. Die Thematik der Ketzerei und der Verschränkung von politischer und religiöser Macht (auch in "Die Affäre Modo" prominent verhandelt, so Steinfeld) sei zudem im zweiten hier besprochenen Roman angelegt: In "Einmal in Sizilien" erzählt Sciascia von seinem früheren Dasein als Volksschullehrer in Sizilien 1955, und auch hier sieht Steinfeld eine ketzerische Auflehnung gegen den Schulrat und die Macht Roms. Für den Rezensenten einzigartige, machtkritische Werke, die die Lektüre sehr lohnen, schließt er.
© Perlentaucher Medien GmbH
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