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Was sind die gesellschaftlichen und ökologischen Kosten unbeschränkter Mobilität? Ist es wirklich von Vorteil, wenn alle überallhin fahren können? Ist der Individualverkehr mit dem Auto ein Segen oder nicht doch ein Irrweg der Menschheit? Und wäre das Leben der Menschheit ohne Plastik nicht nur viel schöner, sondern auch sinnvoller?Fragen, die nicht nur Fridays for Future umtreiben, sondern zu den drängendsten unserer Tage gehören - Jürgen Dahl beantwortete sie vor fast 50 Jahren bereits grundlegend: in glänzend formulierten Essays, die gleichermaßen faszinieren, amüsieren und zum Nachdenken…mehr

Produktbeschreibung
Was sind die gesellschaftlichen und ökologischen Kosten unbeschränkter Mobilität? Ist es wirklich von Vorteil, wenn alle überallhin fahren können? Ist der Individualverkehr mit dem Auto ein Segen oder nicht doch ein Irrweg der Menschheit? Und wäre das Leben der Menschheit ohne Plastik nicht nur viel schöner, sondern auch sinnvoller?Fragen, die nicht nur Fridays for Future umtreiben, sondern zu den drängendsten unserer Tage gehören - Jürgen Dahl beantwortete sie vor fast 50 Jahren bereits grundlegend: in glänzend formulierten Essays, die gleichermaßen faszinieren, amüsieren und zum Nachdenken anregen. Dahl bleibt nicht an der Oberfläche, sondern geht an die Wurzel der Probleme. Hätte man auf Dahl gehört, ginge es dem Planeten und der Menschheit besser. Jürgen Trittin erläutert in seinem Vorwort, woran es damals beim besten Willen zur Umsetzung hakte und was man heute besser machen kann.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Jürgen Dahl (1929 - 2001) war Buchhändler, Journalist und Autor. Der Sohn des Malers Oskar Dahl absolvierte zunächst eine Ausbildung als Buchhändler und gründete in Krefeld eine Buchhandlung. Später arbeitete er als freier Schriftsteller und Journalist. Bekannt wurde er durch seine Gartenkolumnen in den Zeitschriften natur, kraut & rüben, Flora und dem ZEITmagazin sowie als Autor zahlreicher philosophischer und naturwissenschaftlicher Artikel und Bücher.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.07.2020

Mobilität als Zweck
Blick zurück voraus: Texte von Jürgen Dahl

Noch nie waren in Deutschland so viele Autos angemeldet wie in diesem Jahr. Bei 47,7 Millionen der insgesamt 65,8 Millionen zugelassenen Fahrzeuge handelt es sich um Pkw. Dem ADAC zufolge betrug die Länge der 2019 bei uns gezählten Autobahn-Staus 1,4 Millionen Kilometer. Die Sorge, der Verkehr könnte bald kollabieren, und die Empfehlung, Privatleute mögen in der Stadt in größerer Zahl aufs Rad umsteigen, bilden den Kern einer Debatte, deren Konsequenzen überschaubar bleiben.

Man ist geneigt zu sagen, nie sei schärfer über die Auswirkungen des Straßenverkehrs diskutiert worden als heute, und das verdankt sich, so eine naheliegende Vermutung, unserem Wissensstand. Tatsächlich jedoch war schon die Generation der Babyboomer bestens im Bilde. Im Jahr 1972, als der Club of Rome den Bericht zu den "Grenzen des Wachstums" vorstellte, erschien auch Jürgen Dahls Essay "Der Anfang vom Ende des Automobils". Darin führt der 2001 verstorbene Autor und Journalist aus, welche gesundheitlichen Folgen Abgase haben, er sinniert über die Straßenverkehrsordnung, die dem "Autofahrer das Recht des Stärkeren gibt und für den Fußgänger nur eine Art Wildwechsel übriglässt", und geht auf den Zusammenhang von Pkw-Herstellung und Prosperität ein: "Dass die Volkswirtschaft von der Autoproduktion abhängig sei, weil jeder Zehnte von dieser Industrie lebt, ist ja in Wahrheit gar kein Argument für ihr Florieren, sondern müsste im Gegenteil der ernste Anlass sein, auf eine Reduzierung zu drängen." Es sei gefährlich, wenn das Wohlergehen des Landes auf nur einen Wirtschaftszweig angewiesen ist.

Dahl widmet sich gerne Problemen, die auf sich selbst zurückführen. So hebt er hervor, ein großer Teil des Individualverkehrs diene dazu, den Auswirkungen ebendieses Verkehrs zu entkommen. Davon zeuge die Beliebtheit von Naherholungstrips: "Überall gebiert die vornehmlich mit Hilfe von Autos unwirtlich gemachte Stadt in dem Maße, wie sie unwirtlicher wird, immer neue Autofahrer." Dass Lärm und Auspuffgase jährlich Hunderte Tote fordern, gelte als Kollateralschaden technischer Entwicklung. Die zahllosen Möglichkeiten, den Unbilden des Verkehrs etwas entgegensetzen - von schalldämmenden Fenstern über Filteranlagen bis zu Medikamenten -, sind für Dahl ein verräterisches Symptom. Letztlich schaffe der Fortschritt die Bedingungen, welche "seinem weiteren Fortschreiten den Schein der Notwendigkeit verleihen".

Der Band enthält noch zwei weitere Interventionen Dahls: "Einrede gegen die Mobilität" und "Einrede gegen Plastic", beide von 1974. In ihnen demonstriert der Autor abermals sein Talent, mit eleganter Kulturkritik vermeintliche Gewissheiten zu entkräften - ohne als pessimistischer Nörgler zu erscheinen. Bis heute gilt Mobilität als Inbegriff von Freiheit. Das kommt Dahl seltsam vor, denn die Fortbewegung allein macht einen Menschen nicht unabhängig. Ist nicht derjenige wirklich autark, fragt Dahl, der über seine Zeit nach Belieben verfügen kann? Immanuel Kant verweilte sein ganzes Leben an einem Ort. Das sollte ihm gleichwohl kein Mitleid einbringen, denn es sei weit weniger peinigend, im achtzehnten Jahrhundert in Königsberg zu bleiben, als im zwanzigsten Jahrhundert Düsseldorf nicht verlassen zu können.

Die politische Argumentationsschiene verlässt Dahl im Essay über Plastik, um ästhetische Vorbehalte geltend zu machen. Ein ums andere Mal versucht sich der begeisterte Gärtner und sprachbewusste Sammler von Limericks an Neologismen und eigenwilligen Wendungen - vom "Polymerisationsmysterium" ist genauso die Rede wie von "makromolekularer Knetmasse" -, um in rhythmischer Diktion seine These zu umkreisen: Kein anderer Stoff stehe so deutlich für die Ideale der Wegwerfgesellschaft wie Plastik. Er sei charakterlos, wirke anorganisch und habe dem Tastsinn nichts zu bieten. Es handelt sich, kurz gesagt, um ein Material ohne nennenswerte sinnliche Qualitäten. Detailliert analysiert Dahl, warum Kunststoff so verheißungsvoll und zugleich seelenlos ist. Von der Vermüllung der Ozeane konnte er noch nichts wissen, und das von ihm prophezeite Ende der Autos bleibt einstweilen Spekulation. Ein Makel ist das allerdings nicht. Vielmehr lassen die falschen Vermutungen die korrekten Diagnosen umso deutlicher hervortreten.

KAI SPANKE

Jürgen Dahl: "Einrede

gegen die Mobilität.

Der Anfang vom Ende des Automobils.

Einrede gegen Plastic."

Verlag Das kulturelle

Gedächtnis, Berlin 2020. 112 S., geb., 12,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Kai Spanke staunt über die vielen genauen und korrekten Diagnosen in den hier versammelten Essays des Journalisten Jürgen Dahl. Dass die Texte älteren Ursprungs sind, scheint Spanke kein Problem zu sein, zu elegant kulturkritisch, ohne zu nörgeln, und zu sprachlich pointiert streitet der Autor gegen den Individualverkehr, gegen das Auto, gegen Plastik. Dass letzteres seelenlos sei, wie der Autor feststellt, leuchtet Spanke zum Beispiel unmittelbar ein.

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