Die Loge am Fenster, das Marmortischchen und die Bugholzmöbel, internationale Zeitungen und dazu eine Melange und Apfelstrudel oder Eier im Glas, serviert von Obern im Smoking: Das Wiener Kaffeehaus ist mehr als nur eine Institution, es ist eine Lebenseinstellung. Der erste Kaffee am Morgen, der Schwatz mit Freunden zwischendurch, die Ruhe eines Nachmittags, an dem man ungestört über einem neuen Buch sitzt oder sich Gedanken macht über sich und die Welt: Das Kaffeehaus ist ein Ort, an dem Zeit und Raum konsumiert werden, aber nur der Kaffee auf der Rechnung steht, wie es die Kommission der UNESCO formulierte, als sie diese spezielle Art von Lokal in die Liste des immateriellen Kulturerbes aufnahm.
Susanne Schaber erkundet die traditionellen Kaffeehäuser, in denen sich einst die Literaten und Wiener Berühmtheiten tummelten, wie das Landtmann, das Hawelka oder das Jelinek, und biegt dabei auch in jene Cafés ab, die den Stil unserer Tage spiegeln: Balthasar, phil, Coffee Pirates und andere. Der schön gestaltete und reich illustrierte Band zeigt, wo das Herz von Wien wirklich schlägt.
Reich bebildert mit farbigen Fotografien. Das ideale Geschenk - nicht nur für Kaffeeliebhaber.
Susanne Schaber erkundet die traditionellen Kaffeehäuser, in denen sich einst die Literaten und Wiener Berühmtheiten tummelten, wie das Landtmann, das Hawelka oder das Jelinek, und biegt dabei auch in jene Cafés ab, die den Stil unserer Tage spiegeln: Balthasar, phil, Coffee Pirates und andere. Der schön gestaltete und reich illustrierte Band zeigt, wo das Herz von Wien wirklich schlägt.
Reich bebildert mit farbigen Fotografien. Das ideale Geschenk - nicht nur für Kaffeeliebhaber.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.03.2017Kleiner Flirt beim großen Mokka
In Wien sei die Stadt um die Kaffeehäuser herumgebaut, hat Bertolt Brecht erklärt, und sie dabei als Fundgruben von Ansichten aller Art bezeichnet. Und mehr als das: Sie sind ein Stück urbaner Alltag, den man zelebriert. Die Frage "Gehen wir auf einen Kaffee?" sollte man nicht wörtlich nehmen. Bedeuten kann sie fast alles, nur der Tonfall oder das Mienenspiel lassen erahnen, was wirklich gemeint ist: das Plaudern, Diskutieren oder Streiten, das Spintisieren, Verhandeln und Netzwerken, das Tratschen, Kokettieren oder Flirten. Auch davon erzählt Susanne Schaber in ihrem Buch "Einspänner, Mokka und Melange - Wiener Kaffeehäuser: eine Verführung", das mit Fotografien von Karl Mühlberger reich bebildert ist. Die Autorin flaniert durch die Geschichte einer Institution und kommt dabei auch bei jenen Lokalen und Röstereien vorbei, die von der Third Wave of Coffee geflutet sind. So manches Geschäft wird in Wien bei einer Melange am Marmortischchen abgeschlossen und nicht an den Glastischen der Büros. Politiker und Journalisten stecken die Köpfe zusammen, Schülerinnen und Schüler sitzen stundenlang bei einem Soda Zitron, wenn sie den Unterricht schwänzen. Studentinnen und Studenten brüten über ihren Skripten und dopen sich mit Kaffee. Das Klicken der Billardkugeln liegt im Raum, der kurze Wutausbruch eines Kartenspielers, das Lachen der Damenrunden bei Esterházyschnitte und Topfentorte. Männer und Frauen jeden Alters jagen ihren Bekanntschaften nach. Im Spiegel tastet man einander ab: Da treffen sich Blicke, da ist ein Lächeln der erste Schritt, sein Interesse zu bekunden. Und schon nehmen große und kleinere Dramen ihren Lauf. Susanne Schaber beobachtet Komödien und Tragödien mit einem Augenzwinkern und führt dabei vor, wie sich das Kaffeehaus den modernen Zeiten öffnet. Auf viele weitere Jahre.
F.A.Z.
"Einspänner, Mokka und Melange - Wiener Kaffeehäuser: eine Verführung" von Susanne Schaber. Insel Verlag, Berlin, 2016. 188 Seiten, zahlreichen Farbfotografien von Karl Mühlberger. Gebunden, 20 Euro.
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In Wien sei die Stadt um die Kaffeehäuser herumgebaut, hat Bertolt Brecht erklärt, und sie dabei als Fundgruben von Ansichten aller Art bezeichnet. Und mehr als das: Sie sind ein Stück urbaner Alltag, den man zelebriert. Die Frage "Gehen wir auf einen Kaffee?" sollte man nicht wörtlich nehmen. Bedeuten kann sie fast alles, nur der Tonfall oder das Mienenspiel lassen erahnen, was wirklich gemeint ist: das Plaudern, Diskutieren oder Streiten, das Spintisieren, Verhandeln und Netzwerken, das Tratschen, Kokettieren oder Flirten. Auch davon erzählt Susanne Schaber in ihrem Buch "Einspänner, Mokka und Melange - Wiener Kaffeehäuser: eine Verführung", das mit Fotografien von Karl Mühlberger reich bebildert ist. Die Autorin flaniert durch die Geschichte einer Institution und kommt dabei auch bei jenen Lokalen und Röstereien vorbei, die von der Third Wave of Coffee geflutet sind. So manches Geschäft wird in Wien bei einer Melange am Marmortischchen abgeschlossen und nicht an den Glastischen der Büros. Politiker und Journalisten stecken die Köpfe zusammen, Schülerinnen und Schüler sitzen stundenlang bei einem Soda Zitron, wenn sie den Unterricht schwänzen. Studentinnen und Studenten brüten über ihren Skripten und dopen sich mit Kaffee. Das Klicken der Billardkugeln liegt im Raum, der kurze Wutausbruch eines Kartenspielers, das Lachen der Damenrunden bei Esterházyschnitte und Topfentorte. Männer und Frauen jeden Alters jagen ihren Bekanntschaften nach. Im Spiegel tastet man einander ab: Da treffen sich Blicke, da ist ein Lächeln der erste Schritt, sein Interesse zu bekunden. Und schon nehmen große und kleinere Dramen ihren Lauf. Susanne Schaber beobachtet Komödien und Tragödien mit einem Augenzwinkern und führt dabei vor, wie sich das Kaffeehaus den modernen Zeiten öffnet. Auf viele weitere Jahre.
F.A.Z.
"Einspänner, Mokka und Melange - Wiener Kaffeehäuser: eine Verführung" von Susanne Schaber. Insel Verlag, Berlin, 2016. 188 Seiten, zahlreichen Farbfotografien von Karl Mühlberger. Gebunden, 20 Euro.
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»Susanne Schaber beobachtet Komödien und Tragödien mit einem Augenzwinkern und führt dabei vor, wie sich das Kaffeehaus den modernen Zeiten öffnet. Auf viele weitere Jahre.« Frankfurter Allgemeine Zeitung 20170323