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Eine frei erfundene wahre Geschichte: Der Pathologe Thomas Harvey stiehlt Einsteins Hirn und behält es sein Leben lang. - »Ein brüllend komisches Buch und wahrlich pikareskes Abenteuer.« Deutschlandfunk
Franzobels neuer Roman ist ein hinreißender Trip durch wilde Zeiten und zugleich die Lebensgeschichte eines einfachen, aber nicht gewöhnlichen Mannes, den Einsteins Hirn aus der Bahn wirft.
Am 18. April 1955 kurz nach Mitternacht stirbt Albert Einstein im Princeton Hospital, New Jersey. Seinem Wunsch entsprechend wird der Körper verbrannt und die Asche an einem unbekannten Ort verstreut.
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Produktbeschreibung
Eine frei erfundene wahre Geschichte: Der Pathologe Thomas Harvey stiehlt Einsteins Hirn und behält es sein Leben lang. - »Ein brüllend komisches Buch und wahrlich pikareskes Abenteuer.« Deutschlandfunk

Franzobels neuer Roman ist ein hinreißender Trip durch wilde Zeiten und zugleich die Lebensgeschichte eines einfachen, aber nicht gewöhnlichen Mannes, den Einsteins Hirn aus der Bahn wirft.

Am 18. April 1955 kurz nach Mitternacht stirbt Albert Einstein im Princeton Hospital, New Jersey. Seinem Wunsch entsprechend wird der Körper verbrannt und die Asche an einem unbekannten Ort verstreut. Vorher jedoch hat der Pathologe Thomas Harvey Einsteins Hirn entfernt Er wird damit 42 Jahre damit durch die amerikanische Provinz tingeln. Mit Einsteins Hirn erlebt Harvey die Wahl John F. Kennedys zum Präsidenten, die erste Mondlandung, Woodstock und Watergate und das Ende des Vietnamkriegs, und irgendwann beginnt das Hirn, mit Harvey zu sprechen.
Autorenporträt
Franzobel, geboren 1967 in Vöcklabruck, ist einer der bekanntesten österreichischen Schriftsteller. Er erhielt u. a. den Ingeborg-Bachmann-Preis, den Arthur-Schnitzler-Preis und den Nicolas-Born-Preis. Mit seinem Roman 'Das Floß der Medusa' stand er auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis, und er erhielt den Bayerischen Buchpreis.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.01.2023

Vom Hirn verkohlt

Mit reichlich Übermut dichtet Franzobel die wahren Geschichten von Einsteins Obduktion und der Rolling Sixties in Amerika um.

Franzobel ist ein Phänomen: Seine salopp-süffige Schreibe deutet auf einen Unterhaltungsschriftsteller, sein Humor auf einen Komiker und die immense Recherche auf einen historischen Erzähler oder einen Reporter. Doch keine der Kategorien passt allein, jede würde für sein neues Buch zu kurz greifen. Nach dem Katastrophenstück "Das Floß der Medusa" (2017), dem literarischen Pendant zu Géricaults großer Bildallegorie und zum Augenzeugenbericht eines Jahrhundertunglücks, tischt er uns jetzt eine nicht minder phantastische Geschichte mit mächtigen Wirklichkeitswurzeln auf. Als Albert Einstein am 18. April 1955 in Princeton starb, entnahm der obduzierende Pathologe Thomas Harvey Augen und Hirn des Toten, die Leiche wurde wunschgemäß eingeäschert. Harvey wollte untersuchen, ob besondere hirnphysiologische Strukturen Rückschlüsse auf Einsteins Genialität zuließen, Teile davon wurden für mikroskopische Zwecke plastiniert, das restliche in Würfel geschnittene Organ in Einmachgläsern verwahrt, die sich im National Museum of Health and Medicine in Chicago erhalten haben.

So eine Story war für die Presse der Zeit natürlich ein Ereignis. Franzobel, der sich in diesen Riesenrummel vertieft hat und noch dazu, wie schon bei der Medusa-Geschichte, Originalschauplätze besucht und diesmal auch Zeitzeugen befragt hat, nimmt diese Hausse an der Informationsbörse mit. Und dichtet mit dem ihm eigenen Übermut und Witz hinzu, was ihm so einfällt. Manchmal führt das auf abstruse Abwege, die zwar kurzweilig wie der Plot sind, deren deutliche Kürzung dem Buch aber keinerlei Schaden zugefügt hätte. Franzobel ist eben ein Plauderer. Doch einer mit Geist. Seine Idee, den Hirnklumpen im Glas eine Sprach- und Denkfähigkeit zuzuschreiben, die den Pathologen Harvey über 42 Jahre bindet und fasziniert, während ihm seine Frauen reihenweise abhandenkommen, ist natürlich völlig verrückt.

Dieser Einfall verweist den Text nicht etwa in den Bereich der phantastischen Literatur, sondern ist eine ironische Wiederbelebung der antiken satirischen Gattung des Totengesprächs. Allerdings redet Einstein mit Lebenden - aus seiner Zeit beim Patentamt in Bern anfänglich gar auf Schweizerdeutsch. Zu Diskussionen, etwa mit dem nur einmal erwähnten Kurt Gödel wie in Daniel Kehlmanns "Geister von Princeton", kommt es aber nicht. Das Hirn ist keck wie Fausts Homunkulus und lüstern wie Frankensteins Monster. Selbst eine Prostituierte, deren Dienste Harvey für Einsteins - sich über Enthaltsamkeit beklagende - Überreste in Anspruch nimmt, tritt in einen emotionalen Kontakt zu ihm.

Bereits die Organentnahme zu Beginn verrät Klasse. Wer je einer Autopsie beigewohnt hat, findet hier die routinierte Zerlegung und Exenteration präzise wiederholt. Franzobel hat sich darin schon mit einer drastischen Obduktion auf der "Medusa" und mancher gruseligen Amputation und Leichenschau auf deren Floß bewährt. Beobachtet und protokolliert wird sie vom Erzähler, dem fast vollständig im Hintergrund agierenden FBI-Agenten Sam Shepherd. Er soll eigentlich kommunistische Umtriebe Einsteins aufdecken; als der Auftrag sich später erübrigt, wird er ins Irrenhaus abgeschoben. Doch von der Sektion an bleibt er Harvey dicht auf den Fersen und schildert das Ringen ums Hirn zwischen Einsteins Sohn, dem Nachlassverwalter und den Vorgesetzten der Pathologen.

Das zuerst als Reliquie entnommene, dann als Forschungsobjekt ausgegebene Denkorgan entfaltet im Roman ein bizarres Eigenleben. Zunächst greift es massiv in Harveys Privatleben ein, der darüber erst seinen Hochzeitstag vergisst, dann Frau und Kinder, und sich schließlich in Affären und Liebschaften stürzt, die lustvoll ausgestaltet sind, von der Handlung aber wegführen. Als er dann keine wissenschaftlichen Ergebnisse erzielt, verliert er seine Jobs und die ärztliche Approbation. Er endet in Lawrence, Kansas, als Hilfsarbeiter in einer Plastikfabrik, wo er Granulat in Extruder schüttet. Franzobel hat dort seine Spuren verfolgt.

Interessanter als dieser persönliche Niedergang wäre eigentlich Einstein. Wie aber schon in Tilmann Spenglers "Lenins Hirn" (1991) mehr der neurologische Forscher Oskar Vogt ins Zentrum eines Dokumentarromans rückte, befasst auch Franzobel sich fast ausschließlich mit den Kreuz- und Querzügen Harveys. Ab und zu blitzen ein paar physikalische und mathematische Theoreme in popularisierter Form auf. Oder es geht um die Geliebten Einsteins, nicht zuletzt die Russin Margarita Konenkova. Sie soll dem Genie eine Formel gestohlen haben, der Harvey dann bis Moskau nachjagt.

Besonders stark ist die Szene von einer Vortragseinladung an die Universität von Chicago, wo Harvey von Studierenden niedergebrüllt wird. Genieforschung am extrahierten Hirn eines alten weißen Mannes sei völlig neunzehntes Jahrhundert: rassistisch, darwinistisch, frauenfeindlich, faschistisch. Man meint den Genderstreit des letzten Jahres an der Berliner Humboldt-Universität widerhallen zu hören, wo einer jungen Biologiedoktorandin wegen ihrer zu einfachen Erklärungen der Fortpflanzung zwischen Mann und Frau das Rederecht entzogen wurde. Doch im Chicago des Romans kippt die feindselige Stimmung, als die Studierenden erfahren, dass Harvey sich mit dem Hirn über Gott und die Welt unterhält. Er erzählt, dass sein Sohn ein großes Ytong-Ei in den Stall legte und die Hühner vor Schreck plötzlich Rieseneier legten. Was, wenn Einstein "eine Art Ytong-Ei für den Hühnerstall namens Physik" war? Offene Münder, große Ratlosigkeit.

Mit solchem Bluff wartet nicht nur Harvey, sondern auch Franzobel auf. Er schickt den Pathologen mit seinem Einmachglas zu Vertretern aller großen Glaubensrichtungen, um Einsteins Geist zu erlösen. Von der eigenen Quäkergemeinde geht er zu einem Rabbiner, der einen Dibbuk, einen bösen Totengeist, wittert, zu einem Muslim, der in den Gewebewürfeln fernöstliches Kimchi mit Karma vermutet, schließlich zu einem Psychoanalytiker, der Halluzinationen diagnostiziert. Das ist alles mit Übermut erzählt, allerdings ohne Schere und Feile. Im Hintergrund läuft die amerikanische Geschichte mit, von Elvis übers Kennedy-Attentat und die Mondlandung bis zu Watergate, Woodstock, Vietnam. Manchmal ist das so amerikanisch gedacht, dass der Text wie übersetzt wirkt - wer würde auf Deutsch schon "Heiliger gottverdammter Scheiß" statt holy shit sagen? So rauscht der Text durch wie ein rasch getaktetes und episodenreiches Roadmovie, das zu lang ist. Vom Einstein aus dem Glas hätte man sich doch scharfsinnigere Welterklärungen gewünscht, um besser an die Form des Totengesprächs anzuknüpfen. ALEXANDER KOSENINA

Franzobel:

"Einsteins Hirn". Roman.

Zsolnay Verlag, Wien 2023. 543 S., geb., 28,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension

Katharina Teutsch lacht sich schlapp mit Franzobels irrwitzigem Buch über einen Pathologen, der vierzig Jahre lang Einsteins Hirn im Einweckglas bei sich trug. Dass Einsteins Hirn in dieser langen Ehe sogar zu sprechen beginnt und einen guten Teil der Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts miterlebt beziehungsweise schlagfertig kommentiert, wundert Teutsch dann auch nicht mehr. Brüllend komisch ist das Buch, weil Franzobel das alles "genialisch" arrangiert. Ein wahrlich pikareskes Abenteuer, findet Teutsch begeistert.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Munteres Fabulieren voll Ironie, das Assoziieren in groteske Höhen, ohne dass der Tiefgang und die Empathie für die Figuren verloren gehen - das nennt man franzobeln." Felix Münger, srf Literaturclub, 07.04.23

"Ein brüllend komisches Buch und wahrlich pikareskes Abenteuer." Katharina Teutsch, Deutschlandfunk Büchermarkt, 31.03.23

"Einmal mehr beweist Franzobel seine großartige Fabulierkunst, humoristisch durchtränkt, von originellen Einfällen wimmelnd und inhaltlich perfekt durchkomponiert." Gérard Otremba, Sounds and Books, 31.03.23

"Was Franzobel hier zuwege bringt, ist kaum zu überschätzen: Er lässt als literarischer Teilchenbeschleuniger die Welt eines Gläubigen auf das Universum der modernen Physik prallen." Andreas Puff-Trojan, Ö1, 19.03.23

"Eine witzige Weltgeschichte mit Weltgeist." Sebastian Fuchs, Welt, 04.03.23

"Franzobel inszeniert hier ein veritables Roadmovie mit schönen, atmosphärischen Einblicken in die amerikanische Provinz und in die wunde Seele eines Normalbürgers, der aus dem Träumen von einer großen Zukunft, von Berühmtheit, die ihm das Hirn verschaffen könnte, nicht mehr herausfindet." Bernd Noack, Nürnberger Nachrichten, 23.02.23

"Literarischer Hochgenuss!" Wolfgang A. Niemann, Wilhelmshavener Zeitung, 17.02.23

"Ein Schelmenroman des 20. Jahrhunderts, bei dem man viel lacht, aber auch viel über Einsteins dokumentierte und fiktive Gedanken erfährt und letztlich mit Harvey durch die zweite Hälfte des Jahrhunderts rauscht und so eine schöne Chronik der Zeit mitnimmt." Thomas Kliemann, General-Anzeiger Bonn, 16.02.23

"Solche drastisch-grotesken Szenen können wenige Schriftsteller schreiben. Franzobel kann es. [...] Im Roman 'Per Anhalter durch die Galaxis' ist die Zahl 42 die Antwort eines Supercomputers auf die Frage 'nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest'. Darunter macht es Franzobel nicht. In seinem verkappten Schelmenroman geht es um philosophische Fragen, um das Nebeneinander von Glauben und Wissen, Wahrheit und Irrtum und die zerstörerische Gier nach Erkenntnis." Karin Grossmann, Sächsische Nachrichten, 09.02.23

"Ein hinreißender literarischer Einfall!" Bernd Noack, Nürnberger Nachrichten, 03.02.23

"Eine genial-verschrobene Zeitreise." Bernd Melichar, Kleine Zeitung, 29.01.23

"Franzobel hat es spürbar große Freude bereitet, diesen Roman zu schreiben. Er sprüht über vor Absurditäten, ist voll mit witzigen sprachlichen Einfällen und zeigt zugleich die tragisch-traurige Seite seiner Protagonisten." Joachim Dicks, NDR Kultur, 27.01.23

"Franzobel ist ein Phänomen." Alexander Kosenina, FAZ, 26.01.23

"Eine herrlich abgedrehte Geschichte mit viel Herz - und noch mehr Hirn." Theresa Hübner, WDR5 Bücher, 21.01.23

"Sanfte Ironie, Franzobels Lust am mäandernden Erzählen und sein Einfallsreichtum machen den Text zu einem Leseabenteuer, bei dem man gerne über sein eigenes kleines Universum hinausdenkt." Andreas Puff-Trojan, Münchner Merkur, 23.01.23

"Der Roman hat etwas Faustisches in seiner rastlosen, zerstörerischen Begierde nach Erkenntnis." Volker Blech, Berliner Morgenpost, 23.01.23

"Eine heiter-böse Wissenschaftsparabel, die auch einen brandaktuell gewordenen Aspekt von Einsteins Denken aufgreift: seine Warnung vor einem nuklearen Inferno im 21. Jahrhundert." Georg Leisten, Südwest Presse, 23.01.23

"Franzobels Erzählen ist Barock statt Bauhaus. Ein furioses Vergnügen wie einst Forrest Gump." Wolfgang Popp, Ö1 Mittagsjournal, 23.01.23

"Den durchaus ernsten Hintergrund der Romanhandlung lockert Franzobel mit seinem Einfallsreichtum, seinem Witz und seiner Hochbegabung für Absurdes auf." Christian Schacherreiter, Oberösterreichische Nachrichten, 23.01.23

"Zum veritablen Erzähler mutiert, ist Franzobel stets bemüht kleine, mit kühnen Wortfindungen gefüllte Sprengkapseln unterzubringen." Anton Thuswaldner, Salzburger Nachrichten, 23.01.23

"Eine unglaublich komische und gleichzeitig geistreiche Reise durch vier Jahrzehnte, in der Fiktion und Wirklichkeit verschwimmen." Simone Hoepke, Kurier, 21.01.23
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