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  • Buch mit Leinen-Einband

"Mit der Veröffentlichung von Grimms Wörter endete ein siebeneinhalb Jahre andauernder Prozeß, der aus dreimal wechselnder Sicht mich zum Gegenstand hatte: als Jugendlicher, als Vater und als politisch engagierter Bürger. Kaum war ein Schlußstrich unter meine "Trilogie der Erinnerung " gesetzt, begann ich mir einen schon seit langem tickenden Wunsch zu erfüllen. Der 1963 publizierte Roman Hundejahre hatte mich bereits während der Zeit des Entstehens zu Zeichnungen provoziert. Das sollte nun umfassend fortgesetzt werden. Ich entschloß mich zu Radierungen, mithin zu einer grafischen Technik, die…mehr

Produktbeschreibung
"Mit der Veröffentlichung von Grimms Wörter endete ein siebeneinhalb
Jahre andauernder Prozeß, der aus dreimal wechselnder
Sicht mich zum Gegenstand hatte: als Jugendlicher,
als Vater und als politisch engagierter Bürger.
Kaum war ein Schlußstrich unter meine "Trilogie der Erinnerung
" gesetzt, begann ich mir einen schon seit langem
tickenden Wunsch zu erfüllen. Der 1963 publizierte Roman
Hundejahre hatte mich bereits während der Zeit des Entstehens
zu Zeichnungen provoziert. Das sollte nun umfassend
fortgesetzt werden. Ich entschloß mich zu Radierungen,
mithin zu einer grafischen Technik, die ich zuletzt Anfang
der 90er Jahre in Begleitung zur Manuskriptarbeit der Erzählung
Unkenrufe geübt hatte. Ab Sommer 2010 entstanden
eine Fülle von Vorzeichnungen, dann auf Kupferplatten
in verschiedenem Format die ersten Ätz- und Kaltnadelradierungen.
Die Stahlnadel als Werkzeug. Nach eineinhalb Jahren Rückblick
auf ein Buch, das ich als junger Autor geschrieben hatte,
lagen eine Fülle von Skizzen und über hundert Motive für
die Jubiläumsausgabe des Romans "Hundejahre" vor, darunter
auch Radierungen in Aquatinta.
Für mich selbst überraschend hatten sich offenbar bereits
während dieser intensiven Arbeitsperiode mit Stichel und
Ätzbad in Kupfer zahllose Gedichte angesammelt, die jetzt zu
Papier gebracht werden wollten; ich nannte sie Eintagsfliegen."
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Autorenporträt
Günter Grass wurde am 16. Oktober 1927 in Danzig geboren, absolvierte nach der Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft eine Steinmetzlehre, studierte dann Grafik und Bildhauerei in Düsseldorf und Berlin. 1956 erschien der erste Gedichtband mit Zeichnungen, 1959 der erste Roman 'Die Blechtrommel'. 1965 erhielt der Autor den Georg-Büchner-Preis, 1994 den Karel-Capek-Preis. 1999 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen und 2009 wurde er zum Ehrenpräsidenten des P.E.N. ernannt. Günter Grass starb am 13. April 2015 in Lübeck.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der Grafiker Günter Grass (einseitige Liebe) kommt noch schlechter weg als der Lyriker Günter Grass, und der kommt schon ziemlich schlecht weg in dieser Besprechung von Andreas Platthaus. Zwar sei der Band in rotem Leinen gestalterisch ein Fest (passend zum 85. des Autors), der Inhalt aber, laut Platthaus reicht die Themenvielfalt vom Ungemach übers Altern bis zum Ungemach über die Kritiker, weitgehend ironiefrei übrigens, überzeugt den Rezensenten auch formal gar nicht. Auch wenn es politische Lyrik ist, die Platthaus da begutachtet, mehr als zufälligen Zeilenfall und links liegen gelassenen Rhythmus hätte er gern gelesen. Oder doch lieber nicht? Einmal reimt der Autor doch, und wie! Wiese auf Krise, Schrott auf bankrott, Pleite auf Weite.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.10.2012

Durchschaubar als Trick

An die Gemeinde meiner Feinde: Zum heutigen 85. Geburtstag von Günter Grass erscheint ein neuer Band: "Eintagsfliegen" versammelt vierundachtzig "Gelegentliche Gedichte".

Anlässlich seines heutigen fünfundachtzigsten Geburtstags hat Günter Grass bereits zwei Geschenke erhalten. Das Grass-Haus in der Lübecker Glockengießerstraße eröffnete am Sonntag eine neu konzipierte Sammlungsausstellung unter dem Motto "Das Ungenaue genau treffen". Und der Steidl Verlag, seit langem publizistische Heimat des Literaturnobelpreisträgers, brachte pünktlich zum Festtag ein neues Buch heraus: den Gedichtband "Eintagsfliegen".

Der ist auch gestalterisch ein Fest: als großes Querformat eingebunden in flammend rotes Leinen mit schwarzen Applikationen an Bund und beiden Außenecken, die an ein Fotoalbum denken lassen. Dazu ein eingeklebtes Titelschild und zu jedem einzelnen der vierundachtzig neuen "Gelegentlichen Gedichte" (so der Untertitel des neuen Bands) eine aquarellierte Tuschezeichnung aus der Insektenwelt. Nur das im Impressum angekündigte Lesebändchen fehlt.

Ein Liebhaberobjekt also, geschrieben und gezeichnet von einem Autor, der sich darin gefällt zu schmollen. Die Gelegenheiten, zu denen die Gedichte entstanden, sind meist solche, die das Ungemach des Alterns oder die Dreistigkeit der Welt (besonders der Kritik), an Günter Grass zu zweifeln, bestimmt haben. "An die Gemeinde meiner Feinde" ist eines überschrieben, und eine seiner acht dreizeiligen Strophen lautet: "Haltet in Treue zu meinesgleichen, / denn ohne Autoren bliebe Euch Wiederkäuern / nur dürre Wiese und Trockenfutter als Fraß." Das ist so wahr wie banal wie häufig schon gesagt und wohl noch häufiger von Dichtern geseufzt worden.

Nur gibt es in dem neuen Lyrikband, dem immerhin vierten seit 2003, als Günter Grass mit "Letzte Tänze" eine mehr als dreißigjährige publizistische Gedichtepause beendete, wenig, wovon es sich als Leser (und zumal als Rezensent) zu nähren lohnte. Natürlich sind "Was gesagt werden muss" und "Europas Schande" enthalten, jene beiden Prosagedichte also, die im Laufe der letzten Monate einigen Wirbel verursachten, der seine Ursache jeweils indes nicht in der wenig virtuosen Form, die den Zeilenfall nach Zufallsgegebenheiten zu setzen scheint, sondern dem politischen Inhalt hatte. Das eine Mal ging es gegen Israel, das andere für Griechenland, und da die Aufregung beim Ersteren viel größer war, ist zum Erscheinen von "Eintagsfliegen" auch prompt das Poem "Ein Held unserer Tage" ins Gerede gekommen, mit dem Günter Grass dem israelischen Atomspion Mordechai Vanunu seine Reverenz erweist. Die Debatte darüber war aber noch nicht einmal eine Eintagsfliege.

Wie kläglich, wenn sich Poesie durch Politik ins Spiel bringt. Doch das ist natürlich nicht die Schuld des Dichters allein, dazu gehört die "Gemeinde der Feinde" genauso wie die der Freunde. Günter Grass, dessen frühes lyrisches Werk selbst unter notorischen Skeptikern wie Marcel Reich-Ranicki starke Befürworter hat, ist nach der Rückkehr auf dieses Feld zum Befindlichkeitsdichter geworden, der sich um Rhythmik und Reim nicht groß schert. Ausnahmen wie eine Hommage an Peter Rühmkorf bestätigen die Regel und zeigen leider auch, warum Günter Grass gut daran tut, das Feinbesteck bei der lyrischen Arbeit nicht aufzunehmen: "Nur Web noch auf Nepp, / die Wiese auf Krise / und Schrott auf bankrott. / Was sonst noch sich reimt / Und Scherben verleimt, / kehrt Reste zuhauf, / nimmt Leergut in Kauf / und sucht nach der Pleite / das Weite. // Durchschaubar als Trick / verbraucht sich das Glück / wie Geld, das verfällt, / denn niemand verbellt / mit Reimen die Welt, / ob End- oder Binnen-, / seit Rühmkorf von hinnen." Spräche das Gedicht doch nur wahr!

Ein Segen also, dass Günter Grass meist auf Reime verzichtet. Zumal seine Poeme nicht selten den Charakter von Aphorismen haben, am deutlichsten in "Dreizehn einfache Sätze". Aber auch das melancholische Spiel mit der buchtitelgebenden Eintagsfliege bewegt sich eher in diesem reflektiven Bereich: "Wir hingegen sind erst seit kurzem hier, / flüchtige Gäste, die schwinden werden, / überlebt von Insekten vielerlei Art, / von denen eine von uns, die wir alles benennen, / Eintagsfliege getauft wurde, ein Name, / der eher die Menschen kleidet, / gemessen an ihrer Frist." Wobei einer wie Günter Grass bei Frist natürlich nur sub specie aeternitatis denkt.

Die individuelle Altmännerproblematik, die viele Gedichte inhaltlich prägt, sei hier gnädig ausgespart, denn auch wenn gilt, dass dem Gedicht kein Thema zu klein sein muss, erfordern doch einige Bereiche größere Ironiefähigkeit, als Günter Grass besitzt. Sehr schön dagegen das Gedicht "Gewagte Liebe" zum Leben eines alten Ehepaars: "Spät, nach letzten Nachrichten / aus dem Küchenradio, / zählen wir einander / unser Häuflein Tabletten zu, / die alle rezeptpflichtig sind. / Manchmal jedoch, / wenn es uns ankommt, / heiß, plötzlich und unwiderstehlich, / schlucke ich ihre, sie meine. // Dann warten wir ab - Seit an Seit - / und wollen erleben, was uns geschieht." Das hat den nötigen Witz bei hoher Schmerzempfindlichkeit.

Der Lyriker Grass kann es also noch, was man für den Zeichner Grass am Beispiel dieses Buchs nicht sagen kann. Die Liebe des Allround-Künstlers zur Graphik ist einseitig. Bizarr, dass Günter Grass diese unerwiderte Liebe auch noch thematisiert, wenn er dichtend die "Caprichos" von Goya preist. "Unerreichbares Maß / sind sie mir und Stachel im Fleisch." Die Schmerzempfindlichkeit von Günter Grass ist hier leider zu niedrig.

ANDREAS PLATTHAUS.

Günter Grass: "Eintagsfliegen". Gelegentliche Gedichte.

Steidl Verlag, Göttingen 2012. 111 S., Abb., geb., 28,- [Euro].

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